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Ulk: illustriertes Wochenblatt für Humor und Satire — 30.1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.29961#0274

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Feite 2 * Nr. 55

^ HK

50. 2lugust

Leine Zfurckt.

oWommt Lar Nikolaus, äer Eule,

— Vas ist aller 5orgen stern —
Nach ?aris aut seiner stoute,

Oder bleibt er diesmal fern?

Ach! die Diplomaten sagen
kinmal so und einmal so!
vis ibn Loubet selbst wird tragen,
Und er spricht: „Paris? ^wo!

Äenn ich nach Paris sollt' kommen,
Müsst' ich fürchten —"

„Majestät!

Alles ist in Mt genommen,

Dass kein Nihilist kuch schmäht —"

Schloß-Reparaturen.

— Die Balustrade ist fertig, aber die
ganze Fassade weist noch viele Schäden ans.
Warum wird da nicht gründlich renovirt?

— Ja, es fehlt an geschickten Hand-
langern.

„Davor schützen mich vosacken!
ln Paris besorg' ich —"

„5ire!

Anarchistische Attacken
Mittern und durchkreuzen wir!"

Und der Lar reigt Unbehagen:

„vin ich denn so teig, mein Herr?
Äas mich vor Paris lässt ragen,
Das ist euer Uersgeplärr!

Vunderttüntunddreissig Ztrophen
Lures Francois Loppee, —

Nennt mir doch den Philosophen,
Der dem Angriff widersteh'.

Dis kMchsiduriK in Lumbinnsn.

Wns sieb bisher clort bst sntbübt,
Lebsttt immer noeb kein KIsrss öilck,
Orum ist cksr Wnnseb web! sllgsmeiri:
Ls möebt' ein Vor-urtbsi! nur sein.

Einige nothwendige
Dementirungen

von Gerüchten, ZU denen der Empfang des

Sühneprinzen Anlaß geben könnte.

wir sind zu der Erklärung ermächtigt,
daß dem Regiment, welches bei der An-
wesenheit des chinesischen Gastes die
Ehrenkompagnie stellt, die Auszeichnung:
Gardercgiment Prinz Tschun nicht
verliehen werden soll.

««

Es ist gänzlich aus dcrLufr gegriffen, daß
mehrere preußische Minister und Diplomaten
vom Prinzen Tschun als Ehrengabe chine-
sische Zöpfe bekommen werden, die sie fortan
bei allen Amtshandlungen tragen müßten,
«r

Die Berliner Sternwarte bleibt vor-
läufig noch auf ihrem Platze. Sie wird
vermuthlich nicht dem Prinzen Tschun
überlassen und von diesem mitsammt den
Professoren nach Peking überführt werden.
»

Nach unseren Ermittelungen scheint cs
festzustehen, daß Prinz Tschun den Plan,
die Provinzen Posen, Ost und wcstpreußcn
auf SS Jahre zu pachten und durch chine-
sische Truppen besetzen zu lassen, einstweilen
noch in der Schwebe lassen will.

«r

Es bestätigt sich nicht, daß Prinz Tschun
die würde eines Domherrn als Sühnecurc
erhalten werde.

6nd!os prasselten sie nieder,

Als ich damals bei euch war.

Aber einmal und nie wieder!"

— Fat er denn nicht stecht, der Lar? §.wg.

Mach keinem eigenen System.

r batte in glänzender kede clen Nachweis geführt, dass äer Ange-
klagte der Lhäter sein musste, denn in dem Alibibeweis fand
sich eine angebliche Lücke von sechs Minuten. „Sechs Minuten,
meine Herren! genügt das nicht, um an den Ort der Lhat zu eilen, zu
warten, bis Niemand in der Nähe ist, cine?linte herbeizuschaffen, das
Opfer aufs Korn zu nehmen, loszudrücken, die?1inte wieder an Ort und
Stelle zu bringen und dann an einem entfernt liegenden Ort plötzlich
sufzutauchen? Sechs Minuten! vielleicht noch einige Sekunden darüber,
denn die Ungenauigkeit der Zeugenaussagen liess leider eine sekunden-
weise 2eitabschätzung nicht zu!"

Vas gericht konnte sich dieser strengen Leweisführung nicht ent-
ziehen und sprach den Angeklagten schuldig.

ver Herr Staatsanwalt eilte nach Hause.

6r hatte unterwegs noch einigen Aufenthalt, ln der Konditorei, die
dem Oerichtsgebäude gegenüberlag, kaufte er Kuchen für den Nachmittags-
kaffee, an der 6cke ging er in einen Oigarrenladen und brannte sich sein
Lieblingskraut an, dann im Meitergeken bot ihm ein Llumenmädchen
duftige Velken, die er der öilligkeit wegen kaufte, und als er beinahe
zu Hause war, fragte ihn ein fremder nach der Lahnhofsstrasse. Dann
flog er eilig die Lreppen hinan, seinem Meibchen Kuchen und Llumen
zu bieten und holden gruss dafür einzutauschen. Aber er wurde
ungnädig empfangen. Die ?rau Staatsanwalt beachtete weder Kuchen
noch Llumen, kein holder 6russ kam von ihren Lippen, geschweige ein
Küsschen, das er verdient zu haben glaubte.

— .Jetzt erst kommst du?" ries sie endlich nach peinvollem Schweigen.
„Um 2 llhr war die Oerichtsverhandlung aus und jetzt haben wir bereits
2 llhr 16 Minuten. Man geht doch die Strecke in höchstens 12 Minuten."

— „Menn ich mich beeile, brauche ich sogar nur 10 Minuten und
einige Sekunden."

— „llm so schlimmer! 6s fehlen nahezu 6 Minuten, wo warst
du inzwischen?" forschte sie mit zitternder Stimme und Lhränen in
den Augen.

— „Aber sieh doch, Meibchen, ich habe Kuchen gekauft. Vas
erforderte einen Aufenthalt von fast Vst. Minuten. Dann besorgte ich
mir neue Oigarren, das hielt mich mindestens 2 Minuten 17 Sekunden
auf. Dann nahm ich einem Mädchen ein paar Velken ab, sie war
ungeschickt im sterausgeben des Kleingelds, und ich habe da wohl auch
1 Minute versäumt, ^ja, und schliesslich musste ich einem fremden die
Laknhofsstrasse zeigen, das kostete mich sicher 20 Sekunden, also —"

— „Vas stimmt nicht!" Sie hatte die Zeitangaben auf ein Llatt
geschrieben: „stier, sieh her!

Kuchen.l Min. 30 Sek.

Oigarren.2 Min. 17 Sek.

Velken.I Min. —

Auskunft. — 26 Sek.

das sind zusammen 5 Min. 7 Sek.
va fehlen doch immer noch 53 Sekunden," schluchzte die ?rau Staats-
anwalt in erschütternder Mehmulh. „Mo warst du in dieser 2eit?
0, meine Ahnungen! Du weilst, wo du nicht weilen sollst. Du hast
dich gewiss mit der schönen Polin verabredet. Du bist mit ihr ins
Mäldchen gefahren, und dann seid ihr zusammen ins Lheater gegangen
und dann habt ihr in der Krone soupirt."

— „Aber, Meibchen, alles das in 53 Sekunden? Mie wäre denn
das möglich!"

— „stätte ich nur deine Leredsamkeit! Ich würde dir's schon nach-

weisen." Sie erblasst und fällt ihm ohnmächtig in die Arme. 6r aber
murmelt zwischen den Zähnen: .Frauenlogik!" s. mg.
 
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