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Ulk: illustriertes Wochenblatt für Humor und Satire — 30.1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.29961#0287

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6. September


Nr. 36 * Seite

Nee, diese Ajrnrier, nn ivokl'n se eenem noch det Dröppchen
Milch verdheiern, mit das man täjlich den Cijorienkaffee färbt.
Wenn mar: een Anhänger von Stöcker, Roeren un so'ne Leite wäre, denn
könnte man sich ja mit die Milch der frommen Denkungsart bejnnjen. Oder
aber man jehörte zn die oberschten Zehntansend nn ließe sich in eens von
die lustigen Weinrestaurants mehrere Flaschen Liebfrauenmilch vorsetzen.
Dadrnff muß unsereens verzichten. Un meine Olle, die sonst een Iesichte
wie Milch un Blut hatte, wird bald nur noch Haut und Knochen sind. Un
Aujust, Wat mein Nettster is, der schonst seit zwei Jahren in de Fochtbitt
dungsschule jetzt, wird nn seinen Milchbart ooch nich inehr lange behalten.
Un Wat mach' ick, wenn ick nach's Katerfrühstück jiepere un keene milcherne
Heringe mehr krieje? Ick Hab' et aber immer jesagt: Wenn det Land, rvo Milch nn Honig
fließt, so schwer zu erreichen is, denn werd' ick schließlich noch Pochtjeh in die jroße Milchstraße.

Nomandichter: „Doch
Ilse schwieg plötzlich,
indem ein tiefes Noch
ihr semes Gesichtchen, das sie in dem Schloß
der mütterlichen Frenndin barg, überflnthete."
Wird es auch da Platz gehabt haben?

Hamburg. A. PH. Bestell Dank! Die „Qua-
lität" der llils von Ihnen offerirten Verse ist
allerdings für unsere Kundschaft zn gering. Wir
arbeiten nur in besserer Neimwaare.

Hörde. Das „Hörder Volksbl." vom 27. August
brachte die Anpreisung: „In Packpapier und
Bindfaden, Notizb., 5 Pf.-Heftchen, kl. Rech-
nungen, Photographie-Rahmen, Knöpfrahmen-
Einrahmungen mich bestens empfehlend
Wilh. W . . ." Noch sonderbarer ist, wie der „in
Packpapier" sich empfehlende Kaufmann seine
Anpreisung einleitet. Nämlich wörtlich so:

Die Sprache.

Der Wissenschaft Geist sott er wirken:

kühn ihm Thüre und Thor mach'
Sperrangelweit auf im gediegenen,
mündlichen Vortrag.

Von dem was geschrieben, so mühe-
voll manchmal geschrieben,

Das Edelste, Beste, in geschriebener
Form meist nutzlos geht in die Rüben.

Das ist die Sprache, dies Wunder
Gottes, die Sprache,

Die den klassisch geschrieben, aber
toten Gedanken belebt
Die gar auch die Kraft hat, das un-
scheinbare Gcdänkchcn
Zur Höhe zu bringen, daß man stau-
nen mutz: „Donner noch mal!"

Berlin. A. M. W. Eine
Anzeige in Nr. 397 der „Boss.
Ztg." lautet: „Junger Fran-
zose, 18 Jahre alt, welcher
schoil ziemlich fließend spricht, sucht als
Volontär Stellung in einem besseren Detail-
geschüft." Für einen Achtzehnjährigen ist das
doch eigentlich kein besonderer Vorzug. — E. Md.
„Das Leben der Königin Wilhelmina" schildert
die „Tägl. Rundschau" vom 28. August: „Um
1 Uhr filldet nach holländischer Sitte in dem
kleinen Eßsaal des Palastes das Tiner statt.
Vor ihrer Hochzeit nahm die Königin diese
Mahlzeit allein mit ihrer Mutter ein; jetzt
nehmen eine Hofdame lind der Ordonnanz-
offizier des Prinzeil Heinrich an der Tafel
Theil." Uild Prinz Heinrich? Daß ihn die
„Tägl. Rundschau" von der Theilnahme an dem
Mahl ausschließt, ist doch nur eine Malice. —
A. Bn. Besten Dank!

Bitterfeld. Wie sich das „Bitterfelder Kreis-
blatt" die Reiseansstattung des Zaren denkt,
schildert es in der Nummer vom 28. August:
„Die Kammerdiener müssen die Hunderte von
Kaffern vorbereiten und dürfen kein Kleidungs-
stück vergessen." Was für Koffern sind das, die
nach der Vorstellung des Bitterfelder Kreis-
blattes für die Reise des Zaren Interesse haben?

Bremerhaven. In Nr. 194 der „Nordwest-
dentschen Ztg." giebt ein Gastwirth folgenden
Hiilweis: „Achtung! Achtung! Wer seine leib-
lichen Bedürfnisse in Ruhe und fern voll allem
Jahrinarktsrnmmel befriedigen will, der besuche
L... s Restaurant." Wir wünscheil guten Erfolg.

Breslau. In Nr. 224 des „Br. Een,-Anz."
giebt der Erste Staatsanwalt bekannt: „Der
unterm 5. Juli 1901 hinter der unverehelichten
Martha H ..., geboren am 1. Juni 1779 in
Ncnkirch, Kreis Breslau, erlassene Steckbrief
wird znrückgeilvmmen." Das hundertzweinnd-
zwanzigjährige Mädchen ist auch gewiß längst
„verzogen, unbekannt wohin".

Dortmund. Stilblüthen eines Berichtes ans
FriedrichShvf (in Nr. 219 des „Gen.-Anz."): „In
den Seitengassen staut sich eine Wagenburg.
Durch die Finsterniß. Unbeweglich und
schweigend lauschen die Pechfackeln . ..."
Sechs Zeilen weiter: „Unbeweglich und
schweigend lauschen die Bäume."

Halberstadt. W. Stilblüthe ans dem Noman-
nbschnitt des Unterhaltungsblattes zur „Halberst.
Bürgerztg." vom 17. Anglist: „Er hatte das
Opfer ihres Herzens voll und ganz begriffen,
der so oft durchbrechende warme Strahl
seelischer Hingabe seines sie suchenden
Blickes war nicht, ivie sie sich eingeredet, Ein-
bildung, es war der Ausdruck seines inneren
Empfindens gewesen." Einige Zeilen vorher
trieb der Drnckkobold sein Spiel mit dem

Da setzt nun ein philosophischer Geist Ivie Fritz
Manthner sein ganzes Wissen daran, um in
deil Begriff „Sprache" einige Klarheit zn
bringen, und der Hörder Papierhändler löst
die Aufgabe spielend in wenigen Reimen und
einigen „Gedänkchen".

Königsberg. Ein „Heirathsgesnch" in Nr.397
der „K. Allgem. Ztg." wendet sich an „Damen
gesetzteil Alters von holder Weiblichkeit und
beliebiger Konfession, welche eine friedliche und
angenehme Ehe städtisch zu führen Sehnsucht
hegen." Damit soll wohl die Bedingung aus-
gesprochen sein, daß Damen, die im Sommer
„aufs Land" zu reisen Sehnsucht hegen, nicht
erwünscht sind.

Oberglogau. Ein neues Cafs empfiehlt das
„Obergloganer Stadtblatt" vom 20. Anglist im
redaktionellen Theile: „Freunden lind Besuchern
dieses Städtchens dürste der Unternehmungs-
geist einer verhültnißmäßig doch be-
schränkten Einwohnerschaft imponiren. Aller-
orten sieht man Neubauten resp. Umbauten
zum Theil recht ansehnlicher Art. Sv z. B.
würde das neu eingerichtete Cafe K... eine
Zierde auch für weniger beschränkte Gesell-
schaften bedeuten. Sein Besuch ist allen denen
zu empfehlen, die noch Freude an schöneil
Formen empfinden. Mancher wird daselbst
geschmackvolle Erinnernilgen mitgenom-
men haben." Die Schlnßbemerknng ist wohl so
zn verstehen, daß der dort genossene Kaffee eineil
guten Nachgeschmack hat, und vorher sollte wohl
auf die „Freude an schöneil Kuchen-Formen"
angespielt werden. Im ersten Satze erkennen wir
entrüstet eine Verleumdung der Obergloganer.

Rcltibor. In Nr. 196 des „Hausfreund" liest
mail: „Der Vorschlag einiger tanzlustigen jungen
Leute, einen kleinen Ball zu entriren, fiel ans
furchtbaren Boden." Hoffentlich waren die
jungen Leute vorsichtiger und vermieden es, beim
Tanzen auf den furchtbaren Boden zn fallen.

Schmiedeberg. „Der Sprecher" verkündet in
Nr. 66 aus einer Schöffensitznng: „Wegen
Hintergehung der Schule seines Sohnes
wird der Tischler F. hier zu 3 Mark Geldstrafe
vernrtheilt." Womit hat nur der Tischler die
wohl von seinein Sohne geleitete Schule
hintergangen?

Züllichau. Brl. Dankend abgelehnt.

lleranttvortl. Ueäakteur: i. ll. 8igmar Wetzling, kerlin.

Druck unci llerlsg von kuäoll Morre in Lerlin.


^Vie LiLtt ckie tünkisclien lVlacdtlia.bei' in iliren Qelcknütlien liefen sollten.
 
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