Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Ulk: illustriertes Wochenblatt für Humor und Satire — 30.1901

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.29961#0299

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Seite H » ^Ir. 28

<7-^.

20. Septenlber jf)0j

Der Fürstenkongreß.

n diesen Tilgen lief das Gerücht dnrch die Zeitungen, das;
der Zar einen Fürstenkongreß nach Fredensbarg berufen
wolle.

Die Nachricht wurde überall mit Kopfschütteln anfgernnnmerr,
sie ist also wahr. Warum auch nicht, — in einer Zeit, da alle
Verufsklassen ihre Kongresse haben! In der That hat sich bereits
eine stattliche Anzahl gekrönter Häupter angemeldet. Wir besitzen
die Liste. Noch mehr! Wir sind schon heute in der Lage, den
Verlauf des erster; Verhandlnngstages wiederzugeben. Wenn das
befremdlich erscheint, möge man sich erinnern, das; Fürstlichkeiten,
die bei offiziellen Anlassen Rede und Gegenrede tauschen, den
Wortlaut vorher schriftlich fixiren. Wir referiren also nach einer
glaubhaften Kopie:

Nach der üblichen Begrüßung der anwesenden Fürsten dnrch
der; König von Dänemark eröffnet der Zar den Kongreß gekrönter
Häupter:

Majestäten! Es liegt im Zuge der
Zeit, daß sich die einzelnen Berufs-
stände dnrch internationalen Zusammen-
schluß innerlich stärken und gegenseitig
fördern. Wir konnten, uns dieser Zeit-
strömung nichtlänger entwinden (Bravo!),
zumal auch Unser Berns täglich schwieriger
wird und immer größere Airforderungen
an Uns gestellt werden. (Abseitige Zu-
stimmung!) Ich berief deshalb Eure
Majestäten zu einer offenen Aussprache über die schädlicher;
Wirkungen, die Unser Beruf rrrit sich bringt, und zu einer ein-
gehenden Berathnng, wie für die schlimmsten Beschwerden Abhilfe
geschaffen Werder; kann. (Beifall.)

Körrig Eduard VII: Wir sind Unserem kaiserlichen Vetter
zu Dank verpflichtet. Es ist wirklich eirre Nothwendigkeit, daß Wir
Uns znsammenthnn zur Abwehr von
Uebergrifferr, die sich Unsere Arbeitgeber,
die Unterthanen, gegen Uris erlauben.

Namentlich ist die Arbeitslast, die inan
Uns anferlegt, unglaublich drückend.

Man rnnthet Uns zu, an dem Tage, wo
Wir das Szepter ergreifen, bis zur
Stunde, da es Uns aus den Händen
fällt, ununterbrochen zu regieren. Für
Urrs giebt es keirre Ferien, ja nicht einmal
Sonn- und Festtage, an denen Wir die
Negierung schließen können. Ich erachte es deshalb für rroth-
wendig, daß Wir zu allererst eine Verkürzung der Arbeitszeit an-
streben. Der Achtstnnden-Regiernngstag müßte den ersten Punkt
Unseres Programms bilden.

Körrig Alfons XIII. von Spanien: Meine verehrten
Vettern! Seine Majestät, der Herr Vorredner, haben Uns auf
eins der wichtigsten Ziele hingewiesen, die Wir mit vereinter;

Kräften durchsetzen sollten. Freilich be-
trachte Ich diese Frage der Arbeitszeit
von einem anderen Standpunkte. Ich
würde am liebsten einer; Zehnstnnden-
Ncgierrrngstag befürworten (Hört! Hört,
Majestäten!), denn Ich bin jung und
kräftig. Aber um die Stimmen nicht zu
zersplittern, würdeJch auch rrrit denn Ncht-
stnnden - Negiernrrgstag zufrieden sein,
unter der Voraussetzung, das; Uns für
diese voller; acht Stunden Gewähr ge-
leistet wird. In Ländern wie das Weltreich Britannien giebt
es ja reichlich zu regieren, in Meinem Reiche aber herrscht
eher Arbeitsnrarrgel. Das Absatzgebiet für Gesetze, Erlasse n. s. w.
wird bei Uns in Spanien immer kleiner, und Ich weiß oft nicht,
wo Ich einen Anlaß znm Herrschen finde. Ich kann doch nicht

in; Lande hernmreisen und die Bevölkerung fragen: „Haben
Sie nichts zu regieren;?" (Heiterkeit.) Es klingt komisch, ist aber doch
traurig, denn der chronische Negierrrrrgsmangel bringt Mich
schließlich noch an der; Bettelszepter. Und deshalb möchte Ich,
daß der Kongreß für alle gekrönten Häupter das „Recht ans
Herrschen" proklamire. (Zustimmung.)

Sultan Abdul Hamid: Liebe Mitregenten! Ich ver-
kenne nicht, daß die Festlegung der Arbeitszeit von Wichtigkeit ist.
Mit ihr irr; engsten Zusammenhang steht die Frage der Besoldung.

Das Klagelied von der; thenren Zeiten
will ich hier nicht wiederholen. Jeder
kennt es, Jeder weiß, wie die Palast-
rniethen in den letzter; Jahren in die
Höhe gegangen sind, und wie sehr
unsere kaiserlich königlichen Hausfrauen
jammern, daß sie rrrit den; Wirth-
schaftsgeld nicht auskommen können,
besonders wo eirre zahlreiche Familie
Vorhandei; ist. (Heiterkeit.) Wir müssen
also auf einen höherer; Regierrrrrgs-
lohn dringen. (Sehr richtig!) Auch die Einrichtung einer aus-
kömmlichen Pension ist bei der Unsicherheit des Regiernngs-
geschäfts ins Auge zu fassen (Sehr gut!) und die Gründung
einer Streikkasse. (Unruhe.) Ja, meine lieben Monarchen! For-
derungen zrr forrnnliren wäre zwecklos, wenn Wir nicht vor Unsere
Arbeitgeber hintreten können mit der Drohung: „Sofern Uns
nicht die Civil-Listenzulage bewilligt wird, leger; Wir die Regiernngs-
arbeit nieder!" (Beifall und Zischen.)

König Alexander von Serbien: Meine sehr verehrten
Thrononkel! Es ziemt Mir nicht, die weisen Erörterungen der
allerhöchsten Herrschaftei; zu kritischen,
aber Eure Majestäten werden Mir ver-
zeihen, wenn Ich bescheidentlich da-
rauf Hinweise, das; bis jetzt nur
materielle Fragen angeregt wurden,
während Wir ideelle Interessen doch
nicht ganz außer Acht lassen dürfen.

Wir bedürfen nicht blos der Auf-
besserung dnrch Regelung der Ne-
giernngsthätigkeit und derLohrrverhält-
rrisse, sondern haben auch Anspruch,
daß Urrs, wie es der moderne Zeitgeist erfordert, eirre bessere
Behandlung zu Theil werde. (Ei! ei!) Sowohl von Seitei; Unserer
Unterthanen, Lakaien und Minister, als auch vor; Allerhöchst
Unseren Ehegattinnen und Müttern. (Lachen.) Nehmer; Sie die Sache

nicht so leicht. Jeder kann einmal in die Lage kommen.

(Das Gelächter steigert sich so, daß man nur noch die Schlußworte versteht) -.
Geruhen Eure Majestäten zuerst, die Franenfrage zu lösen.

— Damit war die Rednerliste des erster; Tages erschöpft, und
der Zar verlas nur noch ein Telegramm des Präsidenten Lonbet,
der de»; Kongreß ir; der; devotesten Ausdrücken die nnterthänigste
Huldigung der freier; und nngetheilten Republik Frankreich zu
Füßen legte und das tiefempfundene Bedauern anssprach, ans
Mangel ar; Ebenbürtigkeit verhindert zrr sein, vor der; versammelten
Majestäten persönlich rriedcrznkniecn. Mit einem dreifacher; Hoch
auf sich selbst wurde die Versammlung geschloffen. S. Mg.

Höllenangst.

Als Miguel in öeu Himmel Kam,
ÄuLjkauö ein Korösraöau,

Keitzaus öie Kchaar öer Äuglein nahm
„KiuuingA... öe Haschen tau!"
 
Annotationen