8. November
Nr. H5 * Seite 5
Wirthshaus zur „Rothen Rebe" und kam dann oft mit einer rothen
Rübe ins Bureau. In solchem Zustand hat er Sie Wohl gereizt.
Er schwankte auf sie zu ... .
Aanetta: Sie irren, der Mann war keine Schwankfigur.
Wir waren beide klaren Sinnes.
Vagret: Das wird sich schwer Nachweisen lassen. Sie waren
doch allein, als der Mord geschah.
Aanetta: Allein? Da kennen Sie eine Premiere bei Lindau
schlecht. Das Haus war ausverkauft. Ich habe 1300 Zeugen für
meine That.
Vagret: Das stimmt nicht. Ich weiß zufällig genau, daß
Niemann(d) dabei war.
Aanetta: Hm! Halten Sie mich doch nicht so lange auf.
Ich schwöre bei allem, was mir eilig ist, daß ich mit dem Unter-
suchungsrichter kurzen Prozeß gemacht habe. Ich bin seine
Mörderin. Erheben Sie nun endlich die Anklage.
Vagret: Mein Gott, mein Gott! Ich bring's nicht übers
Herz. Mußte denn dieser Brieux seinein Drama ein so bluttriefendes
Ende geben? laut cts Lrieux pour uns omelstts! Welch eine
Tragödie!
Aanetta: Finde ich garnicht. Der Ausgang ist doch be-
friedigend: Lindau hat wieder ein Kassenstüch und auch die
Uebersetzerin, Frau Anna St-Cöre, wird gute Tantiemen beziehen.
Dieses glückliche Paar — das ist doch ein sehr versöhnlicher
Schluß!
Vagret (aufspringend): O du Unschuld vom Lande! Ich
wußte es ja, Sie führen alles zu einem guten Ende. Sie haben
auch in der „Rothen Robe" nichts umgeüracht. Im Gegentheil:
der Erfolg zeigt, daß Sie das Stück gerettet haben. Und was
Ihre Affäre mit dem Untersuchungsrichter betrifft, nun so werde
ich im Plaidoyer klarstellen: Er hat sie mit seinen Blicken
durchbohrt, darauf haben Sie ihn mit seinem Papiermesser
durchbohrt, — zwei Beleidigungen, die sich kompensiren. Man
muß Sie freisprechen.
Aanetta (in höchster Wuth): Was? Ich soll nicht verurtheilt
werden? Das giebt's ja garnicht! Aber so etwas kann ich mir
nicht gefallen lassen. Warten Sie! Sie wollten ja immer be-
fördert werden. Jetzt befördere ich Sie — ins Jenseits. (Es ge-
schieht. Das Publikum schaudert.)
Panetta-Niemann-Raabe (zum Publikum): Wissen Sie,
welche Aehnlichkeit zwischen mir und Dem da besteht? Der Staats-
anwalt, der keine Verurtheilung durchdrückt, ist der Weiße Raabe.
Und ich — entschuldigen Sie den blutigen Kalauer — bin als
Mordbübin die rothe Raabe.
(Es wird „2lU-tvr!" gerufen.) S. Mg.
Spricht sie ..
MVöcht' mein 6retchen mit mir reisen? —
Spricht sie: „0. äas wäre lein!"
Unterwegs mit mir entgleisen? —
Spricht sie: „Hans, was lallt clir ein?"
In äes gottharcls schwarzem fischen —
Spricht sie: ..Tunnels hasse ich!"
gäbe es ein jähes firachen —
Spricht sie: „Vas war' schauerlich!"
Zus clen Schienen sprang ein Klagen —
Spricht sie: „0, mir wircl schon bang!"
Doch kein Unglück ist 2U Klagen —
Spricht sie: „Sei äem Himmel Dank!"
Hilfe!? Uor clrei Stunäen keine —
Spricht sie: „Dann wär' ich erbost!"
lm fiupee wir 2wei alleine —
Spricht sie: „Das wär' noch ein Lrost!"
Nichts, was uns clie 2eit vertriebe —
Spricht sie: .Jammer ach! unct 6raus!"
fils ctas bischen liebe Liebe —
Spricht sie: „Dann hielt ich'; schon aus!"
Deinen fiuss, clen schüchtern leisen —
Spricht sie: .Fühlst clu warm uncl weich."
Möchtest äu mit mir verreisen? —
Spricht sie: „(Denn clu willst, jet?.t gleich"...
. ;. e.
*) ttompositionsrecht vorbe' allen.
VMll-SclMelreim.
Dss ist üie gaiü'ne Lrkttrl?eil,
Wo leihst der hohe Mel macht
Sich glänzend aus dem Lettel breit
And lorgt, dah Lud' und Madel lacht.
ftumou 665 kaslsnäes.
Kileliener ru Lkamberlain: Mn ksb' ick 8 vviecler
für eine ^Veile 8ckarf.
Nr. H5 * Seite 5
Wirthshaus zur „Rothen Rebe" und kam dann oft mit einer rothen
Rübe ins Bureau. In solchem Zustand hat er Sie Wohl gereizt.
Er schwankte auf sie zu ... .
Aanetta: Sie irren, der Mann war keine Schwankfigur.
Wir waren beide klaren Sinnes.
Vagret: Das wird sich schwer Nachweisen lassen. Sie waren
doch allein, als der Mord geschah.
Aanetta: Allein? Da kennen Sie eine Premiere bei Lindau
schlecht. Das Haus war ausverkauft. Ich habe 1300 Zeugen für
meine That.
Vagret: Das stimmt nicht. Ich weiß zufällig genau, daß
Niemann(d) dabei war.
Aanetta: Hm! Halten Sie mich doch nicht so lange auf.
Ich schwöre bei allem, was mir eilig ist, daß ich mit dem Unter-
suchungsrichter kurzen Prozeß gemacht habe. Ich bin seine
Mörderin. Erheben Sie nun endlich die Anklage.
Vagret: Mein Gott, mein Gott! Ich bring's nicht übers
Herz. Mußte denn dieser Brieux seinein Drama ein so bluttriefendes
Ende geben? laut cts Lrieux pour uns omelstts! Welch eine
Tragödie!
Aanetta: Finde ich garnicht. Der Ausgang ist doch be-
friedigend: Lindau hat wieder ein Kassenstüch und auch die
Uebersetzerin, Frau Anna St-Cöre, wird gute Tantiemen beziehen.
Dieses glückliche Paar — das ist doch ein sehr versöhnlicher
Schluß!
Vagret (aufspringend): O du Unschuld vom Lande! Ich
wußte es ja, Sie führen alles zu einem guten Ende. Sie haben
auch in der „Rothen Robe" nichts umgeüracht. Im Gegentheil:
der Erfolg zeigt, daß Sie das Stück gerettet haben. Und was
Ihre Affäre mit dem Untersuchungsrichter betrifft, nun so werde
ich im Plaidoyer klarstellen: Er hat sie mit seinen Blicken
durchbohrt, darauf haben Sie ihn mit seinem Papiermesser
durchbohrt, — zwei Beleidigungen, die sich kompensiren. Man
muß Sie freisprechen.
Aanetta (in höchster Wuth): Was? Ich soll nicht verurtheilt
werden? Das giebt's ja garnicht! Aber so etwas kann ich mir
nicht gefallen lassen. Warten Sie! Sie wollten ja immer be-
fördert werden. Jetzt befördere ich Sie — ins Jenseits. (Es ge-
schieht. Das Publikum schaudert.)
Panetta-Niemann-Raabe (zum Publikum): Wissen Sie,
welche Aehnlichkeit zwischen mir und Dem da besteht? Der Staats-
anwalt, der keine Verurtheilung durchdrückt, ist der Weiße Raabe.
Und ich — entschuldigen Sie den blutigen Kalauer — bin als
Mordbübin die rothe Raabe.
(Es wird „2lU-tvr!" gerufen.) S. Mg.
Spricht sie ..
MVöcht' mein 6retchen mit mir reisen? —
Spricht sie: „0. äas wäre lein!"
Unterwegs mit mir entgleisen? —
Spricht sie: „Hans, was lallt clir ein?"
In äes gottharcls schwarzem fischen —
Spricht sie: ..Tunnels hasse ich!"
gäbe es ein jähes firachen —
Spricht sie: „Vas war' schauerlich!"
Zus clen Schienen sprang ein Klagen —
Spricht sie: „0, mir wircl schon bang!"
Doch kein Unglück ist 2U Klagen —
Spricht sie: „Sei äem Himmel Dank!"
Hilfe!? Uor clrei Stunäen keine —
Spricht sie: „Dann wär' ich erbost!"
lm fiupee wir 2wei alleine —
Spricht sie: „Das wär' noch ein Lrost!"
Nichts, was uns clie 2eit vertriebe —
Spricht sie: .Jammer ach! unct 6raus!"
fils ctas bischen liebe Liebe —
Spricht sie: „Dann hielt ich'; schon aus!"
Deinen fiuss, clen schüchtern leisen —
Spricht sie: .Fühlst clu warm uncl weich."
Möchtest äu mit mir verreisen? —
Spricht sie: „(Denn clu willst, jet?.t gleich"...
. ;. e.
*) ttompositionsrecht vorbe' allen.
VMll-SclMelreim.
Dss ist üie gaiü'ne Lrkttrl?eil,
Wo leihst der hohe Mel macht
Sich glänzend aus dem Lettel breit
And lorgt, dah Lud' und Madel lacht.
ftumou 665 kaslsnäes.
Kileliener ru Lkamberlain: Mn ksb' ick 8 vviecler
für eine ^Veile 8ckarf.