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Ulk: illustriertes Wochenblatt für Humor und Satire — 30.1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.29961#0358

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8. November

HK

Nr. * Seite 7

I De Börse is voll und janz verödet. Ick meine in diesen Fall
Ar; nich die meinichte, an die ick meine Leerthätigkeit schon längst habe
uffjeben müssen, sondern ick meine de jroße Börse in de Borgstraße. Die
Aelsten der Kaufmannschaft erinnern sich nich an so'ne Jeschäftsstille und ick
ooch nich, und ick bin doch schon als jrüner Junge an de Börse jejangen
und Hab' dort Streichhölzer verkooft. De Kurse schwanken so, daß se jarnich
sestjestellt wer'n können, und daß se schon aussehn wie Zickzackkurse. Bille
von de frihern Besucher sind zu Schiff nach Plötzensee, und wer noch hin-
kommt, hat nischt mehr: die Anwesenden sind immer ausjenommen. Wie
det werden soll, det weeß ick nich. Ick seh' schon, wie der Bund der Land-
wirthe den Börsensaal miethet und da vor seine Mitjlieder kleene Abend-
unterhaltungen mit Tanz ums joldene Kalb veranstalt'. Ick, der Nunne, Hab' et aber
immer jesagt: De Kurse sind schneller als der Jedanke; se fallen, eh' man's denkt.

Haspe. Aus Spa-
nien. meldet die
Ztg." vom 8. Oktbr.
den Plan einer großen ausländischen Anleihe
und bemerkt dazu: „Das Ausland wird auf den
verlockenden Köter nicht anbeißen." Gewiß
nicht. Ein Köter läßt sich auch uicht beißen,
sondern beißt selbst zu.

Lauban. Stilprobe aus dem „Laubaner An-
zeiger" voin 12. Oktbr.: „Die Reise nach Wien
nebst Fahrt auf der Semmering-Bahn, welche
diese Woche das Kaiser-Panorama zur Aus-
stellung bringt, kann allseitig mit der In-
augenscheinnahme empfohlen werden und
verweisen deshalb im Besonderen auf die je-
weilige Serie hin mit dem Bemerken, daß dieselbe
nur noch bis morgen Abend ausgestellt ist, da
Sonntag bereits „Kärnthen" beginnt." Dem
Verfasser des Satzes würde die Inaugenschein-
nahme der deutschen Grammatik von Zeit zu
Zeit nicht schaden.

LiegUitz. Der „Bote aus dem Queisthale"
versicherte in Nr. 75: „Der „Queisthalbote"
wird auch in Zukunft gewissenhaft über alle
Strömungen der Zeit, die Bahnen, die Politik
und öffentliches Leben einschlagen." Das ist
nicht schön von dem Queisthalboten, alles ein-
zuschlagen, was ihm in den Weg kommt.
Namentlich die Bahnen sollte er doch schonen.

Magdeburg. Aus Maseru läßt sich die
„Magdeburgische Ztg." vom 6. Okt. mittheilen:
„Bei Jammersbergdrift griffen 300 Buren eine
200 Mann starke Abtheilung an, zogen sich je-
doch zurück, nachdem sie mehrere Salben ab-
gegeben hatten." Hoffentlich waren es recht
heilsame Salben.

Mühlhausen. Die „Mühlh. Ztg." bringt ein
Referat über das erste Sinfoniekonzert des All-
gemeinen Musikvereins und sagt von den
Leistungen: „Das belebende Prinzip im
Gemüth und die Phantasie fanden eine Fülle
von Anregung." Welches Prinzip vermag wohl
das Gemüth jenes Kritikers zu „beleben"?

Saatfeld. ZurAussöhnung mit den Agrariern
räth der „Saals. Kreisanzeiger" vom 1. Oktbr.,
indem er alle Kreise zur Einigkeit anfeuert. Am
Schluß aber kann er doch nicht eine kleine Bos-
heit unterdrücken und ruft: »Also hoffen wir
das Beste für Gewerbe, für Handel und Land-
wirthschafe. Die drei sind nun ja doch ein-
mal auseinander angewiesen." Es giebt doch
aber noch andere nicht so geduldige Vertreter
der Landwirthschaft.

Stettin. In Nr. 240 des Gen.-Anz." liest man :

Berlin. Frau L. E. Mit
Dank abgelehnt. — L. Z. und
hundert Andere. In Nr. 537
des „B. T." und in Nr. 293
des „Brest. Gen.-Anz." veröffentlicht die Ver-
waltung eines Gerichtsgefüngnisses: „Etwa
100 Gefangene sind an Fabrikanten oder Unter-
nehmer ganz oder geth eilt zu vergeben." Ein
Recht dazu hat die Verwaltung nicht. Tie
Gefangenen dürfen nicht in Theile zerlegt wer-
den und sind ja auch „getheilt" als Arbeitskräfte
nicht zu verwenden. — Braun. Damit haben
Sie leider nicht ins Schwarze getroffen. — Hg.
Kürschners Jahrbuch 1902 ist bereits erschienen
und bringt auf 900 Seiten eine staunenswerthe
Fülle reich illustrirter Mittheilungen aus allen
Gebieten der Kultur. — K. A. „Kronprinzen-
streiche" schilderte die „Voss. Ztg." vom 23. Oktbr.
in einem Feuilleton aus Lissabon. Darin heißt
es: „Hoheitsvoll läßt er sich im Klub und auf
der Straße von weißbärtigen Herren und
Damen die Hand küssen." Damen gegenüber,
auch wenn sie weißbärtig sind, sollte der por-
tugiesische Thronfolger ritterlicher sein.

Frankfurt a. M. Die „Sonne" bringt in
ihrer Nr. 229 einige Gedichte, deren erstes „Ons
Wilhelmiutje" der niederländischen Königin
vorwirft, daß sie in ihrer Thronrede sich Ohm
Krügers nicht angenommen habe:

Ach, so gern' hält' ich gefunden
Ein paar Worte, treubedacht
Eines heldenhaften Volkes,

Das ringt mit der Uebermacht.

Nichts dergleichen! — Hat sich denn
Auch Dein gutes Herz versteinert,

Fühlst auch Du schon „offiziell",

Hast Du Dich schon so — „verfeinert"?!

Arme Königin! — Dein Herz
Denkt ja anders! — Alles Schein! —

Aber ach — Die „Staatsinteressen" ! —

Nein! Ich möcht' nicht König sein!

Das ist schade, denn zum Dichter eignet sich der
Verfasser dieser Strophen noch viel weniger.

Gablonz. G. F. Das „Gablonzer Tagblatt"
vom Sonntag, den 13. des Weinmonds, enthält
dis Anzeige: „Ein Haus mit neueingerichtete
Krämerei u. ziemlich. Bedarf ohne Konkurrenz
ist wegen zerstreuter Familie billig zu ver-
kaufen." Zur Betreibung einer Krämerei eignet
sich allerdings nicht eine Familie, die an Zer-
streutheit leidet.

Grau-enz. In Nr. 218 brachte der „Gesellige"
die Anzeige: „Verheiratheter, tüchtiger, ener-
gischer, durchaus nüchterner, zuverlässiger, ehr-
licher Hofmeister, der Dampfdreschapparat führen
kann oder erlernen will, auch etwas Zimmer-
arbeit versteht, die Frau mitmelken ev. be-
aufsichtigen muß, wird von sofort oder November
bei hohem Lohn 'gesucht." Die Frau beaussich-
tigen, das geht noch. Aber die anders Bedin-
gung ist denn doch eine zu starke Zumuthung.

Jagd.

Jüngerer Herr aus der besseren Gesell-
schaft sucht Jagdgelegenheit eventuell
Betheiligung mit einigen Hundert
Mark. Sicherer Schütze, vorzüglicher
Hund, nur Sonntags.

Bezieht sich „nur Sonntags" auf die zuerst oder

zuletzt gerühmte Eigenschaft des jüngeren Herrn
aus der besseren Gesellschaft?

Ulm. Die Wochenbeilage des „Ulmer Tagbl."
„Für Land- und Hauswirthschaft" belehrt in
Nr. 42 über das „Familienrecht nach den Be-
stimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches":
„Eine Ehe darf nicht geschlossen werden zwischen
Verwandten in gerader Linie, zwischen voll-
bärtigen und halbbürtigen Geschwistern."
Das ist sehr weise. Es genüg!, wenn in der
Ehe einer von den Gatten einen Bart hat, und
am passendsten erscheint uns, wenn der Mann
damit versehen ist.

Wien. Das „Neue Wiener Journal" vom
26. Septbr. meldete aus Linz: „Vor dem hiesigen
Schwurgerichte stand heute des Raubmordes,
zweier Sittlichkeitsverbrechen und eines Dieb-
stahls augeklagt der 27 Jahre alte Schiffmann
R ... K... Im März bereits stand K ... vor
den hiesigen Geschorenen unter der gleichen
Anklage." In Linz werden anscheinend nur
solche, die eine Tonsur aufweisen, als Geschwo-
rene ausgeloost.

Wolgast, lieber einen Vortrag im deutschen
Flottenverein berichtete die „Neuvorpommersche
Post" vom 17. Okt.: „Durch die darauffolgende
Lichtbilderreihe wird die humoristische Ent-
wicklung der brandenburgisch-preußisch-deutschen
Marine veranschaulicht." Das waren wohl
Lichtbilder, denen jeder Schatten fehlte.

Verantwortlicher steäakteur: kritr Kugel in öerlin lll.
Druck unck Verlag von stuäoll Morre in öerlin.

Linrr, der dran ist.

— Haben 5ie gekört, Hirschner soll
äen Zchwarren MIer Kriegen?

— paräon, 5ie meinen Kitchener.
 
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