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94

Jlluütnrtc Leitung.

X 2247. 24. 3uü 1886.

3ur
Wisberljerssellmtg Ins fssitidbergcr Srijlosscö.
sjm linsen User be® Nedar® jTDtscf)en SKatb^ügesn unb
T Nebgelänben ragen bie Neste jene® beutsßen dürsten;
i'sßtosfe®, dag einst al® ba® ßerrlißste SSBerf beutsdjer
0 Nenaisfance galt, über ber altberüßmten Stätte bcutscfjer
2Bifsensßast empor.
Naß AuSsage ber ©promten hätte, naßbent bereit® bie
Nömer hier ein ©astell gegrünbet hatten, ber Frantenßerjog
Antßtjr ju Ansang be®6. Faßrßunbert® biese Stätte ju seiner
SJBoßnung ertoren, ben SBünsßen seiner ©attinFettßa entspre*
ßenb, bie au® betn Kraißgau gebürtig mar. Um 750 hätte
siß bann bort aus bem ©eiSberg eine neue beutsße geste
aus ben Hrümmern be® römisßen ©astrum® erhoben, eine
Nilla ber Karolinger, gelegen im HeßnSgebiet be® ©rjbi®*
thum® SEßorm®. Um SRitte be® 12. Fahrßunbert® wohnte
ber Herjog Konrab, SBruber be® rothbärtigen Kaiser® Fried*
riß, aus bem Schloß, weiße® er gleich ber jugeßörigen
Stabt oersßönerte. ©r mar jugleiß ber erste Sßsaljgras
am SR^ein, unb Heidelberg mar non ba an bie Hauptstabt
ber Nßeinpsalj.
Unter bem ©rasen £ubwig I. litt Heidelberg burß bie
ißest unb burd) bie Grbbeben oon 1225 unb 1227, serner
1248 unter seinem Nachsolger burch eine Hungersnot!). 3nr
Abwehr ber Not!) trat Heidelberg in einen SBunb mit sieben
anbern Stäbten. Aber sd)on 1278 unter Subroig II. wur*
ben Stabt unb Schloß wieberum sßmer, bie®mal oon einer
Feuersbrunst, ßeimgesußt, melcße® Unglüd siß 1288 wieder*
hotte. £ubwig II. hals nach Krästen, unb 1294, als er starb,
war ber SBieberausbau oon Stabt unb Schloß oollenbet.
Allmählich war ba® Schloß mehr unb mehr militari*
sßen 3roeden anheimgesallen, unb nach ©insühntng ber
Feuerwasfen biente e® aud) jur Ausbewahrung großer .
ißuloermassen. ©ine sotße epplobirte am 25. April 1537
insolge eine® SBlißsßlag®.
Nur wenige krümmer blie*
ben oon bem somit jerstör*
ten sogen. oberen Schloß
übrig. Schon bamal®
ftanb ein j weite® Sd)loß
aus einer niebrigeren Stuse
be® ©ranitselsen® aus einer
Kuppe, bie ber S3erg ber
Fettßa hieß. Fettha war
nad) einer Sage 3eitge-
nossin ber SSelleba unb eine
wal)rsagenbe SBrutterer*
Jungsrau. Nubols I., £ub*
wig’gll- Näßsotger,sollje*
ne® Schloß 1294 gegrünbet
haben; erwähnt wirb e®
1329 in bem Vertrag oon
SJSaoia, welcher nach bem
Hobe be® ©rasen Abols bie
Nsalj bessen Sohn Nup*
recht II. juspraß. SBe*
wohnt war e® sßon 1308,
wie ba® einjige bort unter*
jeißnete Hocument Nu*
bots’® unb eine ©rjäßlung
be® Abt® Nollmar oon
Fürstensetb beweisen. Nu*
bols starb in biesem Schloß
1319. Nuprecßt III., ber 1386 bieUnioersität töeibetbcrg grünbete
unb 1400 jum König gewählt warb, erbaute einen Flügel, bessen
Neste ber burch ben Hßorthumt ©intretenbe linl® im Hose
noch seßen lann. Fm Fahre 1410 solgte ihm siubwig III., ber
Fromme ober ber SBärtige; er erweiterte 1433 bie SBesestigungen
be® Schlösfe®, in welchem ber bcriiditigte ißapst Johann XXII.
al® ©esangener gehalten warb. Sein SBruber, Friebrich ber
Siegreiche, solgte 1449 bem jung oerstorbenen Nessen Subwig IV.,
bem Sohn be® Frommen. Gr oermehrte bie SBesestigungen oon
Schloß unb Stabt unb erbaute 1455 ba® Arsenal sowie bie
äußern Ntauern um bie Norbosteäe, um ben Fuß de® aßtedigen
Hßurm®, entlang ben ©runbmauern ber alten Schlierburg unb
ber Fettßalapelle bi® jum Norbeingang be® Schlösse®. Fm Fahre
1467 restaurirte Friebriß bie oon Nupredjt erbaute Kapelle, bie
ba stanb, wo, aus unserem SBilb linl®, jeßt ber niebrige Flügel
sleht. Sßßilipp ber Ausrichtige, Friebrid)’® Nesse, hatte oiel
mit Unruhen unb Kriegen ju thun unb tonnte baßer nicht an®
23auen benfen. Sein Nachsolger aber, Subwig V., genannt ber
Friebsertige (1508), liebte bie SBautunst. ©r baute namentlich
SEBirtßsßastSgebäube; oon ihm rührt aber auch bie ben neuen
S3runnen bebedenbe Spigbogenhalle her mit ihren Säulen au®
grauem ©ranit, welche ber Sage nach au® Fngelßeim hier*
her, ursprüngliß aber oon Karl bem ©roßen nad) Fnssel*
heim gebracht sein sollen. $a® mar ba® letjte ©otßisdje,
wa® hier gesßassen warb, benn bereit® 1524 baute berselbe £ub*
wig ben Flügel, ber, recht® an ben Dtto*$einrid)®=S3au anstoßenb,
sein Heine® Fhürmßen bem Hose juleßrt. Hie SEBappensßilber
über ber Hhür geigen noch Neminiscenjen ber ©othit, ba® übrige
aber sßon Formen ber Frührenaissance. Auch ber große aßtedige
©lodenthurm rührt in seinem unteren runben Xßeil non £ub*
wig her, ebenso bie Ningmauer aus ber SEBestfeite, wo eine Hßür
bie FaßreSjaßl 1528 trägt. Fm Fahre 1533 oollenbete er ben
oon Philipp begonnenen biden Xßurm unb oereinigte ihn mit
bem Schloß. Naßbem 1537 ba® obere Schloß aus bem ©ei®berg
in Xrümmer gesunlen war, machten sich neue Grweiterungen
be® niebern Sßlosse® nöthig; 1541 würben biese mit ©rbauung

wie er selbst in einem Sd)reiben oom 27. September 1555 au®*
sprießt; aber am26. Februar 1556 starb er, unb Otto Heinrich, bem
©roßljerjigen, blieb bie Aussührung be® Sßroject® überlassen, ©r
ging alsbalb baran, beschirmte auch sonst. bie Künste, restaurirte
1558 bie Unioersität, starb aber sdjon 1559. Friebriß III., ber
Fromme, beenbigte ben Otto*Heinriß®*S8au, bessen Facabe siß
bei genauer S3etracßtung jum Xßeil als Nerblenbung einer alten,
anber® eingetßeilten Facabe er weist, oielleicßt jene® oon £ubwig
1555 begonnenen SJBaue®. ©r sührte bie Nesormation ein,
ernannte ben Sßierre be la Nantee jum Sßrosessor ber ©tßit
u. s. w. Foßann ©asimir, ber al® SBormunb sür seinen
Nessen Friebrid) IV. regierte, ließ 1591 ba® berühmte Faß
ansertigen. Fm Fahre 1592 münbig geworben, ließ Frieb*
rieß IV. 1601 bie alte Nupred)t8*Kapelle nieberreißen unb
legte am 3. August 1601 ben ©runbstein jum Friebrid)®*
SBau, welcher 1607 oollenbet warb sammt ber baßinter*
liegenden Herrasse, oon ber au® ber SBtidüber bie Stabt, ba®
Nßeintßal bi® ju ben blauen Gontouren be® SBaSgaue® ßin*
seßweist; 1608 ließ er ben ©lodenthurm unb SBibliotbes®*
tßurm sowie maneße® andere im Schloß änbern. Fried*
rieß V., der Sangmütßige, ßeiratßete 1612 bie 9ßrinjessin
©lisabetl) Stuart, einjige Hodjter be® unglüdlicßen Falob
oon ©nglanb. Um sie würdig ju empsangen, ließ er man*
eße® bauen unb oerseßönern, unter anderem die bebedte
SBallspielbaßn anlegen, welche 1683 anbern SBauten weießen
mußte, unb ben Flügel an Stelle ber alten Nupredjt®*
Kapelle, oon bem nur noch ba® ©rbgesdjoß stel)t(linf® aus un*
serem SBilbe). ©r seßus aud) bie ©artenanlagen, welcße Fean
Salmon be ©auy 1621 oollenbete. F:m Fahre 1659ließ Karl
Subwig den oberen Hßeil be® DttO:.*öeinri<h®:lBaue® restau*
riren, welcher int dreißigjährigen Kriege abgebrannt war.
Nun lomrnen wir ju ber Katastropße, welcße all bem
©lanj ein jäße® ©nbe bereiten sollte. Am 12. december
1573 fam $einricß oon Naloi®, $erjog oon Anjou, einer der
Ntitscßulbigen an der SBtutßochjeit ber SBarthotomäuSnacßt,
al® König oon Sßolen nach Heidelberg, tras bort hugenot*
tiseße Flüchtlinge unb ent*
psing oon Friedrich bem
Frommen gutgemeinte unb
seßr richtige, aber bei einem
SSaloi® übel angebrachte
DNaßnungen ju religiöser
dulbsamteit unb sittenrei*
nem SBanbel. Nlöglicß
ist’®, baß biese SBegegnung
ju dem späteren § aß ben
ersten ©rund gelegt hat.
Subwig XIV., der ba*
mal® in SBersaille® baute
unb gehört hatte, Heibel*
berg sei jtoar Heiner, aber
seßöner, unb besfen Scßwä*
gerin, ©lisabeth ©ßarlotte
oon Orleans, eine Hocßter
be® ißsaljgrasen Kart 8ub*
wig war, erhob ©rbatt*
sprüdie aus bie Sßsatj.
Nom Neid)®tag abgewie*
seit, senbete er seine Hör*
den jur 3erstöruitg be®
Schlösfe®. Am 25. Octo*
ber 1688 ergaben sieß
Stabt unb Schloß unter
ehrenoollen SBebingungen,
bie aber oon ben Siegern
näßt gehalten wurden. SNorb, Sßlünberung, Nranblegung
genügten ben Feinden noeß nicht. Am 18.. Fanuar 1689
tarn eine Ntineurcompagnie an. Fhre S3emüßungen führten
am ©lodenthurm nict)t jttnt 3iel; obsdjoit mehrsach oerleßt,
-steßt er nod) ausrecht, aber oiele Hßcile ber SBesestigungen wur*
ben gesprengt. SBeim Näßen einer beutsdjen NeicßSarmee stei*
gerten sid) bie Ntetjeteien unb ©rausamfeiten. Alle® wurde oer*
wüstet unb endlich Feuer in® Schloß gelegt. Am 2. Niärj 1690
mußten bie Fritjosen ber NeicßSarmee weißen, aber am
16. Ntai überseßritt eine sranjösiscße Armee oon 50,000
Niantt ben Nßein unb entsendete naeß Heibelberg 20,000 Nlatttt,
welcße am 20. 9Nai nod) Nerstärtung erhielten. Nletac occitpirte
bie Nuinen be® alten Schlösfe® unb bie KönigSftußl genannte
Höße unb begann nun die regelrechte SBelagerung be® notß*
dürstig wieberßergestellten Sdtlösfe®. Am 23. Ntai mußte biese®
capituliren, unb nun begann eine totale 3erstörung, die bi® jur
Sdjänbttng ber ©räber, Nlüttberung ber Särge tc. ging. 6om-
manbant deSborbe® ließ Hßore, SBrüden unb Jhürme sprettgeit,
ben Otto*HeinricßS*3Bau einäseßern, bie Fäster jerscßlagen, bie
Kellergewölbe umstürjen. SttbwigXIV. aber, ber „tunstliebenbe"
König, ließ ein „Te Deum" singen unb eine Ntüitje sßlageit,
weiße bie Fnsßristen trug: Heidelberga deleta. die Nüdseite
jeigt ba® Srustbilb be® König® mit ber Untersßrist „Rex
Christianissimus“ (s. obige Abbildung), da® Sßloß SBersaille®
habe nun ben Nebenbuhler nid)t meßr ju sürßten, glaubte ber
König.
Unter ißsaljgras Karl Nßilipp (gest. 1742) hatte eine tßeil*
weise SBiebcrßerstellung stattgesunben, bei weldier ber Otto*
Heittriß®*SBau und 2ubwig®*SBau, ba® neue Sßloß unb ber
Friebriß®*33att wieder dädjer empsingen. Karl Hßeobor (1742
bi® 1799) wollte grünbliße Neparatur oorneßmen; aber 1764
sßlug ber 33lit) ein unb jerstörtc auß ba® Holjwert be® Dtto*
Heinriß®*93aue®. Fm Faßte 1771 wurde Arßitett Nieper mit
einem Bproiect jur Nestaurirung be® Dtto*Heinriß®*®aueS be*
austragt. Seit 1803 gehört Heidelberg jum ©roßßerjogtßum S3a-
ben. Fm Faßr 1804 unb um 1865 war oon Nestaurirung bie Nebe,

be® oieredigett GingangStljurm® abgesdjlossett, burd) weld)cit nod)
in bemselben Faßre KarlV. einjog, al® er 2ubwig besußte. Naß*
bem letzterer noß 1543 ben Nupreßt®*5Bau restaurirt hatte, starb
er am 16. Ntärj 1544. Fnehtiß H-, her SBeise, Subwig’® älterer
SBruber, solgte ißm unb oollenbete ba® oom SBruber unoollenbet
Hinterlassene, darunter ben segt sogen. gesprengten H()urm(1545).
Sein Hauptmerl aber war ba® sogen. neue Sdjloß, aud) SBiblio*
tßefäbau ober NeßnungSßos genannt, bessen SBogenßallen (reßt®


X\c granjosen cr&rcrfjcn unb besielen bie ©räber ber Äursürsten unter bem
(£t)or ber .^eiliggeisttir(f)e. ^nsd)rist oben „Quousque rabies pergety/, unten
„Non parcunt electoribus sepultis Heidelbergae vastatores. 1693."


2)ie ^ran^osen miötjanbetn unb berauben bie sriebtidje 23eböl!erung.
fsnt .«pintergrunb .^eibclberg unb aitbcrc Stabte, belagert unb
orennenb. darunter bie ^njdjrist: „Denk Teutschlana an den
Friedensbruch", gortseßung auf ber SRücsseite: „Die Hüls
durch Treu und Eintracht such" 1688.
ilenfmünjen jur Erinnerung an bie üenoüstuug
ber psalj unb bie Sarstörung fjeibclbergs burd)
bie ^ranjoseu.
9iarf) beit Drigittalen in ber 2RatyS’sd)en Sammlung bt)otograbt)irt
oon 9J?itnnid) in |)cibclbcrg.
aus unserem SBilbe), 1549 begonnen sind. An beut Dstenbe hat die*
ser Flügel einen jierlißen ©iebel, darunter einen sßöncn ©rfer.
Auß der hinter biesem Flügel sißtbare, sßon erwähnte aßtedige
©lodcntßurm wurde oon Friebrid) oollenbet unb 1550 mit ben
©loden oerseßen. Ferner baute er ben SBibliotbelätljurm und
wollte bie £üde jwisßen bem neuen Sd)loß unb bem £ubwig®*
Flügel burß seinen SsBcrtmeister F’alab Haibern jubauen tassen,


Der Jiiöuig bon ^sanfreid), a(3 Sonnengott bargesteltt. Unter i^m
.freibelberg unb anbere psälFisdsc Stäbte brenneno. .^nsc^rist „Dum
superhit impius, incenditur pauper" (1689).


Die Stabt .st ei bei berg, aüeaorisd) at3 tocinenbc ^rau bargesteltt,
neben if)r ber ersebrodene ^lußgott beö 9tctfars. .stintergrunbe
.steibelberg selbst, brennenb. ^nsdfrist oben „Heidelberga deleta"
unten ,,1693". Die sRücsseite enthält bae Srustbilb Snbmig’s XIV.
mit ber Umsdjrist: „Rex Christianissimus." Diese iDJün^e mürbe
aus S3ese^t beä stönigö selbst gesebtagen.
 
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