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Das 500jährige Jubiläum der Heidelberger Universität im Spiegel der Presse: Ostpreußische Zeitung — 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.17452#0017

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Sonn-und Fcicrta/ren.

Das' Abonnement

auf dicsclbc betriigt
viertcljährlich siir
Königsbcrg 3 Mart
75 A. jincl. Voten-
,'ohn 4 Mark 25 Pf.),
vci allen Kaiserlichen
Postanstalten 4 Mark
SO Pf. incl. Postzu-
schlag.

Ostpruchische Lcmmg
rverden von dcr
pcditioks, Altstildtische
LanggasseM, enu
gegcngcnoMmcn und
mit 15 Ps. sür der,
Raum ekler Petttzeil«
berrchnet.

Das Bclag-Excmpsar

kostci 2b Ps.

.M 184.

Köuigsberg i« Pr., Dieuftag deu 1v. Auguft 1886.


38. Jahrqang.

Amttiche».

verlt«, 7. Augnft. Se. PrasestSt drr KSüi, haben
AllergnSdigst «eruht: Den bisberiaen SekretLr der archSo-
logiichen Zweiganstalt in Atheo, Pofeffor vr. Ulrich Köhler,
zum ordentlichen Profeffor in drr philosophischen FakoitSt
der Friedrich-WUHeim-.Univerfität ,u Berltn. und drn bjS-
herigrn ordenllichtn Profeffor vr. Edgar Loening in Rostock
zum ordentlichen Profeffor in der turtk>schrn FakultLt drr
UniverfitSt Hallr a. S. zu ernenneo; sowie dem emerilirten
Lehrer Hallmaon zu Kielan im Krris« Neuftadt Westpr.
den Adler der Jnhaber deS Königlichen HauSordenS von
Hoheozollern zu verlriheo.

Die Heidelberger Festtage.

DaS ftinfhundertjLhrige Iubilaum der UniversitLt
Heidelberg hat sich durch seinen glLnjenden Verlauf zu
rinem uationalen und polltischen Ereigniß gestaltet,
welche« mehr und mehr die Snfmerksamkeit aller Volks-
kreise gefesselt und ste die Bedeutung deS FesteS für
die ganze Nation hat mehr und mehr erkennen lassen.
DaS hat vornehmlich der Geist bewirkt, welchen die
Reden deS GroßherjogS von Baden und unscreS Kron-
prinzen in daS Frst hineintrugen, und welcher mächtig
aus Slle wirkt, die unserer BolkSgemeinschaft angehören
nnd Verstündnlß für die Bedingungrn deS WachsenS
und GedeihenS derselben befitzen.

Jn welchem Geiste der Großherjyg daS Fest g«.
feiert wissen wollte, da» leuchtete sofort aus seiner Bitte
an den Kaiser hervsr, bei dem Jubiläum zugegen sein
zu wollen. Wenn eS dem Oberhaupt des neuhegrüy.
deten ReichS auchnicht vergönnt war, an detü Feste TMl
zu nebmen, s» war er doch der Mittelpnnkt defselben:
wie hätte auch eine UniversitLt, die sünf Jahrhundene
deutschep Geschichte an stch hat vorüberziehen sehrn, die
alle Ltidcn und Geschicke DeutschlandS getheilt und an
sich selbst erfahren hal, ihren Tribnt dem Kaiser vor.
enihalten könüen, welcher die Gegenwart zu der glück«
lichsten Zeit gemacht hat, die Deutschland und s»mit
auch scine älteste Hochschule je erlcbt! Dcr Großherzog
hat denn auch bet dem großen Festakt in dcr Anla dcr
UniverfitLt, wie bei dem Festmahl im Museum in erster
Linie dcS Kaifers als de« BegrüMrS des Reichs, deS
HorteS des FriedenS und des schützcnden FördererS deS
geistigen WohlergehenS drr Nation und ihrer Jnteressen
gedachl und ols Rektor der Universilät ihm seine Hul-
di'gung dargebracht.

Jn einer denkwürdigen Redc feierte der Kronprinz,
den der Kaiser ju seinrr Bertrctung entsandt hatte, den
vaterländischen Gemeinsinn, den die Universiiät ge.
nährt und gepflegt, und dic hohen Verdienstc ihrcS
RektorS um dte Einigung DeutschlandS. „Jhr EhrLN-
schild strahlt glänzendrr in drr Sonne des einigen
BaterlandkS!" Dort im Südwesten deS Reichs hat
der Glaube an die VolkSgemeinschast von jeher eifrige
Vorfechter und Verkündiger gehabt, und wenn heute
unser Sehnen und Slreden errcicht ist, so gebührt —
wie der Kronprinz anrrkannt hat und ryit ihm olle
Deutschen ancrkennen werden — ein großer Theil de«
VerdienstcS dem edlen Fürsten und seiner ruhmvollen
UniversitLt.

Der Kronprinz begnügte sich aber nicht nur mit der
Anerkennung dirseS VerdicnsteS, sondcrn ließ seinen
Blick in die Zukunft >chweifen, der Universität sowohl
wie dem ganjen deutschen Bolkr, Lehrcrn unb Lerncnden
die Aufgabcn eindringlich vor die Srele führend, von
dercn Ersüllung das fcrnere Gedeihen deS VaterlandeS
abhängig ist. „Je höhere Gipfel in Wissenschast und
im geschtchllichen Lebcn eeftiegen sind, je stolzere Zicle
winken, dcsto größerer Besonneuheit und Sclbstverlrug-
nuvg bedarf eS," — „jn Wissenschaft und Leben ist
festzuhaltcn an der Wahrhaftigksit und Strenge geistiger
Zucht, an Förderung deS BruderstnneS unter den Ge«
nossen, auf daß auS dem Geiste bes FrcimuthS und der
Friedfertigkcit die Kraft zu der heilsamen Arbeit wachsen
möge, die LebenSformen unsereS BolkSthumS gedeihlich
auszubiiden." Jm ganzen deutschen Vaterlande werden
diese Mahnnngen als dcr echte AuSdruck eineS wahrhaft
königlichen SinneS empfunden werden, der nicht nur zu
dem dentschcn Volke spricht, sindedn ihm auS dem
Herzen herauSspricht und in wenigen Worten zusammen»
faßt, waS in dcutscher Sitte und Art liegt und was

PhrsmuS und Thisbe.

12) AuS den Erwnrrungrn eineS atlcn ArztcS von B-Renz
tFortsegung.)

„Und jedrnsallS daS Riedtige gelroflen", vollendrte ich-
„Auch meiner Anstcht nach wcrden Sie nur Ruh« und Be-
friedigung in dem Beft»e finden. nach weichem Ste stch so
lange gcjchnt daben; unb Hrrr Gleißberg wird überglücklich
srin-"

„Lafltn Sit daS, Herr Doktor!" iSnte «S gar rrnst zmück;
„wir haven ia überdauPt nur mit der Firma zu lhun, und
daS wird ein Agrnr desorgen. Diefer Jemand aber wird
hoffenilich so virl Scham drfi»en, unsern Weg nicht zn kriazen,
andernfallS —"

Sir fchwieg, und die Freundin schülteitr leile den Kopf
und sah mich an. Ja, hier konntr nur die Zett mildern
oder ein desonderer Zufaü.

„DaS HauS fteht zu Ihrem Empfang bereit, wie ich ge-
hö« hade", degann ich nach riner Pause, üdrigenS ist

Herr-. der gegenwLrligc Beft»«r. aus seincm Garten

in Eppendorf."

Auch Frau Sruse mischtr ftch ie»t in da« Gespräch:
„Beftc Hcrminr, mein Mann rälh dazu, den Kauf dcm HauS>
makier Brauer zu übertragen. Er ist zuveriässtg, und tbr
seid Franen, seid mit unsern RechtSvrrhäitniffen undekannt
geworbrn. und mein Mann — tch sage rS Dir gan, offen —
ist manchmat ein wenig konfu« unv hat auch nicht di« Er-
sahrung. wie Brauer. Schickr ihn in den nächsten Tagen
nach Eppendorf zu dem allen Herrn, dann draucht ihr euch
gar nichl weiier mit drr Sache zu defaffen."

,.So wird's am brften sein!" stimmte Fran Reinhard zu.
„und nun, Herr Doktor, wollrn Sir die grvftc Freundlich-
keit haben, dem Beflftrr deS HauseS mitzutheilen. daß wir
zu kaufen wünILen. und daft die Käuferin die Tochier deS

ManneS ist, dem er emst-Frennd war —" Ein

ietser Scufzrr war hörbar. — „Bon mir ioll nicht dic Rede
srin, ich vrrachte den Menjchen. — -r- Biellricht senden Sie
mir bald «inig« Zeilen, wi« der Ersolg war."

dem deutschen Volke von jeher als Jdeal erschienen ist.
Nicht wollen und sollen wir äußerlich prunken und
prahlen mit uuseren Erfolgen, sondrrn vielMehr die
Tugrnden pflegeu, welche wir von jeher hochjuschätzen
gewohnt sind. Dies bei einer so feierlichrn Gelegenheit
dem drutschen Volke anS Herz zu legen, ist nur der iM
Stande, welcher sclbst fcst und tirf von der heilbringenden
Wahrheit und Aufrichtigkeit oieser Grundsätze überzeugt
ist und an sich sklbst den hohen Werth derfelben erkanyt
und erfahren hat. Jn unserer aller Herjen finden
diese Worte nicht nur lautcn Widerhall, sondern sie
rufen in un« die Gefühle lebrndigcn DankcS hervor
für denjenigen, weicher von seiner hohen Stellung auS
solche Mahnungrn ergehen läßt. Wer dir Grschicke
DeutschlandS auf solche Grundsätze stellt, wer das Ge-
deihen des VaterlandeS vor Allem in der Pflege wahr-
haft menschlicher Tugenden erblickk, steht mit R«cht an
der hohen Stelle, wohin Gott ihn gestrllt. Möchte die
Nation die Mahnungen deS Krouprinzen nie vergeflen,
dann wird fie auch nie deS Heidelberger JubiläumS-
festeS vergeflen, welcheS dadurch für alle Zeiten und
für die ganze Nation die schönste Zierde erhalten hat.

Pottttsche Ueberficht.

Bon ihrem Wiener Lorrespondenten geht der „SLles.
Ztg." übrr die Gasteiner Enhrevue eine Zuschrifl z«,
dik oflenbar den in den Wiener Re-ierungSkreisen herr-
schenden Anschanungen AnSdruck verleiht. Der GewährS.
mann deS genannten BlatteS schretbt:

„Die neulichrn Brmerkungen eine« Berliner Correspon'
denten der »Schl..Ztg," über die nah« bevorstehende Gasteiner
Monarchrn.Entrevue entsprechen vollkommrn dcnAuffaffungen
der hiefigen maftgedcnden Kreis«. Daß dir Tdeiluahme der
Minister an dcr Eotrevue destimml ist. die besondere Be-
deulung derselben zu kennzeichnrn, ift unzwcifeihaft. Gleich-
wohi wird «S sich bei der Begcgnung iu Gastein nicht um
nrue Admachvngrn handein, ivndern nur darum, daß die
Weitervtrfolguni, der diSherigen gemeinjamen FriedcnSpolitik
von Ncuem dekräfliiit wcrde. Jhre Ergänzung dürftc die
Enirevu« durck dir ihr folgenden weiteren Diplomatrnbegeg.
nungen finden, denn aufter dem wiederholt augekündigten Zu-
sammcntreffen deS russtjchrn MlniftkrS des AuSwärtigen.
Hcrrn von GierS, wit dem Fürstrn BiSmarck uud dem
Grafen Kalnoltz, steht auch der Bcsuch d«S iialienischen Mi-
nister« deS Beuftirn. Grafcn Robilant, heiw Grafen Kal-
noky und wohi auch bcim Fürsten BiSmarck in AuSflcht.
Wedrr an die eine noch an die andere Begegnung wird man
aber die Vermutdung knüpfen hürfen. daft eS stch um spszielle
neu« Admachungen dandlr. WaS die Reise deSHerrn von
Giers dctriffi, ber zuAnfang der nächftenWoche bei seiner
Familie in Karlsbad einireffen unrd (zur Zeit wrilt diesclbe
noch in FranjtnSbad), so wird von ruistjcher Seite leibst
darauf aufmcrksam gemacht, daft man diesc Reise nicht über-
schä»en bürsc, ba sich in den Beziehungen derMächt«
zu einanher nichlS grändert hade, eS daher auch
wedcr ncucr Abmachungen noch riner Beseitigung angebiich
destehender Trübungen bedürkc. Edrnso wird ma« den an-
gekündigten Brsuch deS Grafen Robilant nicht anderS
mterpretiren können, alS daft dersclbe dem Wunsche rNI-
springe, di« zur Erhaltung deS FriedenS bereil« bestthtndtn
Bezithnngen IlalienS zu den beiden Kaiiermächten fortzu-
se»en und zu seftlgen. Bei diesem stch alllelti» kundgebenden
Slreben der Hauptmächtr, drn europäffchen Friedcn mrl
o«»rn Börgschaflen zu umgeben, sollten die Besürchtungen
we«en einer ernstlichen Bedrohung dcS FriedenS keinen
Raum finden."

Ueber daffribe Thema läftt sich ein Münchener GewLhrS-
mann der „Kö!n. Ztg." vcrnehmen. Dic m München er>
scheinend« „Südd. Preffe" brachte diesc'r Tage die Meldung-
daft flch Fürst B iSmarck bri jeiner Anwcsenheit in der
bayerischen Hauptstadt zu eincr hochgestelltcn Pcrsönlichkeit
übrr dir allgemrinr politische Lag« nicht ohne Be-
denken auSgesprochen habe. Der GewährSmann des rheini-
schen BlaiteS, weicher diescrn Gcrüchte nachgegangen ist,
verfichrrt nun. daft man in München „in maftgeheqdtn
Kreisen' die Mitthrilung der „Südd. Prcffe" für falsch er-
klärl. Der Kanzler habe in kffflngen bekannilich viel mit
dem dort wcilenden russtschen Botschafler in PariS, Frhrn.
v. Mohrcnbeim,. verkebrt. und die Berhanvlungen mit
dtmsklben seicn so weit gediehen, daft eine Besprechun» mit
Herr« von GierS ohne Schaden sür die Berstäodignng
»wischcn den Kabinetten von Berlin und St. PetrrSburz
untrrbleiben könnte, falls dcr GcfundherlSzustarid deö russt-
schen MinisterS de» AuSwärtrgen deffen Zusammenireffen
mit dem Fürstrn BiSmarck nicht rathsam «rscheinen laffen

„Jch komme selbst gegen A:end, gnädige grau; jch kann
Jhnen aber je»t schon dic Berstcherung geben, daft Mein
Patient glücklich sein wird übrr die Nachiivt."

Jn diesem Augenblick trat Frau Leroy mit ihrer Tochler
herein; «rster« hattr offenbar geweint.

„Wir stnd in nnserm alten Hause gewesen, Mama",
sagle sie, und umarmte unv küftte bte Mutler; „o, wi« hei-
misch ist eS derl!"

„Jhr seiv drinncn gewcscn, Elise?"

„Ja. Groftmutter!" ries nun auch daS schöne MädLen,
„wir wolllen eigemiich nur mai vorbeigchen, abcr beidc
Fiügel ber HauSlhür standen weit offcn, denn auf der Diele
arbklleten noch dte Maurer, und ba konnte Mama nickt
wiberstehen; wir lraien aus den Flur und gingen lrffe noch
ein BiSchen weiter und saben unS vorfichtig um, und ich
lirf dieTrrpp« hinauf; Mama wellie cS nudk und rief mich
zurück, aber ich war ss neugicrig, Ihr sprachl doch immer
»on dem allen Hause — und rben stand «ine Thür
auf-"

Ein lanteS Schluchzen der Frau Leroy unterbrach den
Bericht. Sie schiang den Arm nm die alie Damc und
flüfteric: „AlleS noch wie damalS, Mama, ganz unveränderk,
und in Driner Stnbe find nvch dir lieven alicn Möbel und
daS Jnstrumcnt, und auch in PapaS Slube."

„Elffel'

„Ja, Mama! Jch habe mich auf Papa» Sopha gesetzt
und mich recht anS-ew«int."

„Ach, Grotzmutter", erzählte Fräulein Anna mit vor Auf-
regung purpurrokhen Wangen, „und ich stieg noch ein«
Trepp« böher zum zweitcn Slock, wo Mama al« Mädchen
gewohnt hat, unv dort odcn auf dem Flur war eine Thür, l
dir ins Freie sührt, und a!S ich sie öffnele — ,ach„ Groft-
mutter — da kand ich in einem Garlcn. einem jo präL»
tigen, klrinen Garirn; Veiichen biühlen da unv Aurikiln

. 7.. .. " äel ^

Klelterrosen. und die Wege flnd mit

Dit alie Frau schüttett^ den Kopf immer «nergffcher und
blickte von der Tochter aus di« Snkelin und wteder zurück.

und blauer Fliedcr, und an dem Staiej entlang wanden fick

iflbem Sand bestrriit."

solltp (wa- iedoch nicht der Fall ift). Fürst BiSmarck soll
ferner in München an enlscheidender Stelle seiner Befriedi-
gung darüber SuSdruck gegeben haben, daft sein« Verhand»
luogen mit dem Grafen Üalnoky in äftßerst zufrieden-
steüeoder Weise verlaufcn seien. vnd daft die Erhalinng deS
FriedenSbundeS zwilchen den drei Kaiscrmächlen an Wahr«
scheinlichkeit gewonnen hadc. Zwischcn dcm Deutschen Reiche
nnd Oesterreich-Ungaro sei jedenfalls eine vollkommcne an-
danerode Entente gefichert und damit rinc werthvolle Garantie
für die Erhaltung deS FriedenS gegeden.

Durch die Berhaftnngrn der Sozialdemokraten
in Hamburg schtinen der Polizei weitreichende Fäden zur
Enthüllung der iozialdemokratilchen Bewegung in den Städten
Altona, Hamburg, Harburg und Ottensen in di« Hände
gegebrn z» sein. N-ck den „Hamb. Nachr." hat man in
den verhafteten Personen die Leiler ond Führer dir dorti-
«en sojialdemokratischen Bewegung, welche in den Berichten
an den BnndtSrath alS einr sehr geschickt geleitete dezeichnet
war, ermittelt. DaS beschlagnahmte Matcrial ist dem ge-
nannten Blatte zufolge ein so umfaffendeS, daß auf Grund
deffelben eine Anklage wegen VergehenS gegen ben tz 128
deS Gt.-G.-B. flch noch umfangreicher zrstalten dürfte, alS
die Freiberger Ssfaire. An dewselbrn Tage hatte»
dte «erhafteten Personen ein mehrstündigeS Berhör vor veM
UntrrsuchungSlichter H«rrnSfleffor Grünberg zu bestehey,
und wurde sofort nach Beendigung dieseS BerhörS der Haft«
befehl gegen sämmtliche Personen erlaffen. Die Aufregung
war unlrr drr sozialdemokratischen Bevölkerung nach Bc-
kanntwcrden der Nachricht und, da zuzleich mchrerr AuS-
weisongen stattfanden. einc grofte. Eine grofte Anzahl von
Polizeimannschasten war drShalb vorgcstcrn Abend in St.
Pauli aufgestellt, weil man erwaltele, eS würden sozial-
demokratische Unruhe« entsteben, Patrouillc» gingen biS
zum späten Abend, cS fanden aber keincrlci Ruhestörungen
statt. — Bei dem Borfirrndcn deS UnterftützungSvereinS
deutscher Tabakarbciter unk dem Kasstrer in Haiitdurg
wurdr vorgrstern eine HauSsuchnng grhaltrn und eine große
Zahl von Schriftstücken, sowie auch die Kasse deS
VereinS beschlagnahmt.

Jn den „Bcrl- Pol. Nachr." lesen wir:

Dem abgcstandenen, aber bei unS in Deutschland durch
den OpposttivnSsanatiSmuS der Freistnnter wic in Amerika
immer wiedcr auigerübrten Satze: daS Gros dcr Ein-
wandrrer bestehe aus PauperS, lritt Masor CharleS F.
Ulrich von der New-Porker Siaats.EinwauderungSbehörbe
mit eitiigen, bte s. Z. vom ReiwSkanzler Fürsten BiSmarck
den leidenschafliichftcn Wiversprüchen ver ReichSkaj,Söppostlioll
gegcnüber entwickelte Auffaffung lediglich bestäligenden und
darum auch sür nnS besonbers intcreffanten Datrn cntgegen:

S„Während der letzten fünf Iahre". so sagt Hezr Uirich,
„stnd in Castle Garden elwa 2000000 Emwanderer gr-
landct, von welchen allerdingS beinabe LOOO als „PauperS"
zurückgeichickt wcrden mußlcn. DaS von den Uebrigen mit-
gebrawte BermSgen delies flch auf niwt weniger als
I500V00D0 Dvllar; an Ueberland -TranSportall'onSkösten
zahlten bic Leute in New Psrk allcin mindestens 4000000)
Dollar und an Caftte Garven-Gebühren etwa 10000 Dcll.
daS Jahr. Bercchnkt man den produktiven Wertb deS
ManneS auf 100« Dollar. dann ergiedl stch söfortj welch
einen großen Fakior vicje 2000000 Leuie in dcm grsuncen
WachSlhum dcc Naiion diidcn. Die Zahi dcr Emigranten,
die dem Lanbe zar il!ast fallcn, ist im Bergleich zu der-
jenigen, wclche zum Rrichibum dcr Nation crheblich bei«
>rägi, so germg, daß ste ntckt in Betracht kommen kann.
DaS Grjchwätz Übcr auSländische „PauperS" ist kraffer
Nnstnn " ....

Jn diesem Monate werden stch die preußischen
Bischöfe am Grabe deS hciiigen BonifaciuS in Fulda
wieder zusammenfindcn, um ihre Anfichten übcr djc Lage
der kalholischen Kirche in Preußen auSzutauschen. Srit
ihrer letzten Zusammenkunft haben sich die Berbäitniffe ganz
wescntlich geändert, und wrnn ste seiidcm ungleicb sricd-
licher und sür die kathotische Kirchr günstiger stch gcstailei
haben, so gebührt cin nicht geringer «nlheii an diesem Ver.
dienst dem Blschof. an deffen Sitz stck seine prcüßffchen
AmlSgrnoffen versammeln werden. Bon verschiedenen Seiten
hal wan den Verjuch gemacht, die friedsertige Vcrmillc-
lungSthäiigkeit LeS BijchosS vr. Koxx in Gegensatz zu
drn Anschaiiungen und Wünschen dcr Lbrigeu preußischen

„Kind! Kind! noch ist cS nicht unser HauS. — Und emen
Garten sagst Dn?"

„DaS stache Zinkbach der Niederlage ist eS, Mama."
bclebrt« Frau Leroy, „Du weißt, daS wir zum Wäschr-
trcckncn benutzien "

„Hrrr Gleißberg hat eS vor einigen Jahren zum fliegen-
den Garicn eingerichtet." mischt« ich mich nun m dbs Ge-
ivrach, „eS galt. einen Fleck zu ichaffen, wo man im Freieil
fitz-n konnie. Er hat gutr Erbe hinaufbringen laffen und

geiäet und gepflanzt, und der Garten ist alleriiebst gewordcn,
und äuch nichl gar zu klein, denn er nahm daS flach'« Dach
deS daranstoßenvcn. eigcneu LagerhaujcS mit dazü.

„So?" DaS kam sehr lanzgezogen heraus.

„Ja, Großwutter," fuhr daS Mädchcn sort, „eS ist da
auch eine reizende Laude von Caprifoilym. und Hrrr Gleiß-
berg sagte —"

„WaS? W«r sagtc?" notcrbrach dir icharse Stimme der

Großmulter. „Ich wffl nicht hoffen. Bnna,-splich

Elise. waS heitzt daS alleS?"

DaS Mädchen wnrde dunkelrotd und lchwicg, und Frau
Leroy derichtete, aüerdings zögernd, daß fie, alS fie ihrcr
Anna nachgcgangen set. fic vor vcr Laude im Gespräch mit
einem jukigen Herrn -efunden habe.- der sich ioforl alS
Karl Gleißdcrg vorstelltc. „UebrigenS ein seiner liebens-
würdiger Mcnsch," ichloß fle, und sah ihrc Mutter
biitend an.

„DaS gebt nichi!" stirß bie alie Dame hervor. „Da
können wir njcht wohnen; srüher war eine ftarke, hohe
Planke zwischen den beiden Dächern drr Niederlagen —
ader io!" —

„Ec sagie, die Plankr solllr anch wieder ausgerichtet
weroen. wenn wjr eS verlangen." wagte Fräulein Nnna
schüchtern,u brmcrkcn.

„So? Abrr Du hast cS «ohl nicht verlangt, mein Kind?
WaS? — Na ja, ich werde schon cin Wörtchrn miirtden
uMen, wie die Uebergabc des HauleS stattzufinden bat.
wenn Du «S überhanpt no» kauftln magst. Eli'r. Wer weiß,
wieviei der Mensch forderl?"

Ach, Mama, wir haben'S ja! Du sollst in Deinen allrn,

Prälaten ,u bringen; 'M7"w!str BehMdwng stimmt jedoch
di« Tbatsache wenig. daft man wiederum Fulda alS Ort der
Bischofsjusammenkmift gewählt hat. Wenn innerhalb der
katholischen Kirche in Prestßen em Gegensatz vorhan^i ist,
so wird man ihn jetzt in viel geriNgerem Maße unter den
Bischöfen zu suchrn haben, älS in den Reihen der niedertt
Gtistlic>,keit und Namcntlich bei denjenigen Prcßkaplänen»
denen die leidig« Gewohnhcit deS HrtzenS in Fleisch «nd
Blut übergegangen ist. Der Berliner Correspondent der
„Magdeb. Ztg." will wiffen, daß stch die demnächst inFuldn
zu «iner Konferenz versammclnde« preußiscken kathvlische«
Bischöfe hanptsächüch mit der Frage bcschäftigen werdrn,
wie eine möglichst einbeitlichc Einrichtung der Konvikte und
Seminarien hrrbeizüsühren sei.

Der Konslikt zwischen Frankreich und dem Ba°
tikan wegen Ernennung deS NuotiuS für Cbina
steht, der „Raffegna" zufolgr, noch auf der Höhe; in vati-
kanischen Kreisen soll man sogar auf Abberufung deS fran-
zöstschcn Gesandtcn am Vatikan gefgßt sein, dock könnte tziese
Abberufung nur cine Abberüfung der Person des -egen»
wärtigen Gesandten sein. Ein prinzipieller Abbruch der
Bcziebungcn zwischen Frankreich und dcm Batikan warenn«
möglich ohnrBeschlußder franrTstschrnKammcr. Jn Frankrei»
fürchtet man die Absendung deS päpstlichen NunliuS nach
PekiNg ohne FrankreichS Zustimmnng. Die Geneigtheit i»
Rom zu einem solchen Schritte schreibt der „TempS" dent-
schem Einfluffe, der „National" den Einflüffen LnglandS zu
und giebt sich Mühc, die Roste deS l'srtius Anuäsu» zu
spielen, wenn er schreibt: „Wir hekiagen unS nicht weiter
därühcr, weil dieS die Rolle, die ivir in Zukunft in China
zu spielen haben werden, vereinfacht. Von nun ab werden
fich in jener Gegend drei Faktören brfindcn: Frankrrich,
Rußland, England. Man kennt dieLage, in drr die beiden
letzleren Mächie flch gegenüberfiihen. Frankrcich, frei von
ieder ncbensächlichen Sorgc, wird fich hinflchllich der ckint-
stscken Frage nur mit eincr, Sache zu beschäfiigrn haben:
zu wiffen, io welche Wagsckale eS am Tage deS verhäng-
niftvollen KonflikteS seinrn Degen zu wersen haben wird,
um die Wage zum Siiiken ru bringcn."

Der „Moniteur d« Rome" vom 4. Augufl veröffcntticht
rin Brrve, wrlcheS dcr Papst untrr drm 13. v. MtS. an
dtn Jesuitengeneral k. Beckx in Florenz geriLtet h-t, ond
in dem er allc dem Jesiisienorden von dcn PLpsten feit
Paul III. gewährlen Rechse und Privilcgien ausS N«ue
bestätigt und gutheißt. Die Schlußwort« dieser brmerkenS-
werihen Kundgedung lauten:

„BorliegendcS Schteiben mögr ein Beweiö dcr Liebe fein,
die Wir gegen die rühmreiche. Unseren Vorgängrrn und
UnS immerdar treu crgebenc Gesellschafk Irsu dieser fruckt-
baren Nährmutter großer, dnrck den Ruhm ber Htiiigkcit
und Wiffenjchaft hervorragtnder Männcr. diescr Qaelle und
Stütze kcäfitger ünd gejmider Gelehrsamkeit hegen und strlS
gehegt haden; gegrn fle, dte trotz der hestigsten Verfolgungen,
dic stc um vcr Gereldtigkeit willen zu leidrn hatle, nickt
müde wurdc. mik sreubigem Etser und unbetwiNgiichem
Muthc zu arbeiten in der Stadt dcS Hcrrn. Möge die Ge-
sellschafk Jrsii, aÜSgestalttt mil so zahlreichen Berdienflrn,
empfohien von dem KoNzile zu Trient sctbst, überhäofk mir
Beiobungen seitens Unscrer Vorgängcr, mög« fir inmitten
VcS ungerecklen HaffeS. Ärlcker grgen dre Kir»e Irsu Christi
entbrannt ist, fortfabren in der Verfolgung ihres Zieles zu
GolteS Ehre »nv zum ewigen Heffe der Seeien. Möge fie
ihre Misston: Un- unv Jrrgiäubige durck heilige Miltel
zpm Lickle der Wahrheit zu bühren; die Jngenb zu christ-
lichcn Tugenden und zür Wiffenfchast zu erztehen. Phltoso-
phie und Theolögie ' im Gciste deS englischcn DokcorSj ju
lehren, fortsetzcü. Jndcß frvließen Wir die Gesellschaft
Jesu. welcke UnS überauS theucr rst, mit Iibrndiger Lieb«
in Unjer Herz riü und erliFilen dem Generalsuperior.
scinem Vikare und allrn Söhnen dieser Gesellschaft Unsrrrn
Segen. Gcgeben zu Rom, beim h. Pttrus untrr dcm
Flschcrringe, den 13. Juli 1886, im nrunten Jahre UnsereS
PontifikateS. M. LedvchowSki."

DiescS Schriflstück mackt, angesichlS drr verlöhtilichen
Haltung des PapsteS der StaalSzewalt gegenüber. einen
rigenthümULen Eindruck.

Spanien befindet'flch, da die MinisterkrifiS glückiick
beendigt und auch' öie Carirsten und Repablikancr den
Sommcr ohne Ueberraschvngcn schrinen vorübergehen laffe«
zu wollrn, in ciner glückückcn sowmerlichen Stillc, welche

iievcn Räumen noch rechi viel frohe Tage vericben. Äergere

Dich niLt mehr; glaubc mir, der junge Mann war so be-
scheidcn und ncm und sprach von dem MielhSkoutrakt,- vnd
daft sein Bälcr nnd Großvaler gern erbölig wäreo, jedem
unserer Wünsche nachzutoutmen." —

„Hast Du vom Kavs gesprochen?"

„N-in Mama, er wüßte ja auch gar riicht, in welchrr Be-
ziehung wir zu dem Hause stehn, wer wir stnd."

„Setze Dick und schrribr an. den Makler Brauer. Du
ließest um feinen Bejuch bitten. — Und Licie Garten-
spiclerei wird beseiligl und einr hohe Piank gczogiii, daS
sag« ich D>r!"

„Ia, Mama."

Vill.

„WaS darauS wohl noch werven wird?" sagt« ich einize Mo-
nate Ipäier zu Mciner Frau, als wir «ineS BdendS nach be-
endetem Mahle am vffnrn Fcnster iaßen und aus di« vom
Morid beleuchtcle Alftcr hiaabblicklen und anf bie Mengr
geschmSckter Boote. bie hin und wieder kreüzteii. und auf
den hell<n Gejang horchten/ -der zu unS heraufschallie. ES
war ein iöstlicher Augustabend, «nd ich hattc meiaer Ehe-
hälfle just erzählt von meinem Bejucke i« der R-ichenftraße
bei dcr Familie Leccy und, daß mir der Zastand ver Kieinen
gar nichk gefiele.

„WaS darau« werdrn wird?" wiederholte meine Frau,
„drnke doch, rvaS KlauS Groth sagt:

„Dar weer en Pjünzesjvi. de seet in en Bur,

Harr Haar aS en Gold, und jeet iümmer und lur;
Do kcem mal en Prinz, und de hai cr herut,

Un he war de König un se war be Brut."

„Ein Paar wirv daraus und noch daz« cin wnnder-
hübscheS."

„MaN ruhig B!ut!" lachte ick. „da giebl's doch noch
allerlei Hindernrfie, wie z^ B. eine strenge Gcoßmutter,
eine machrige, ackt Fuß hohe Planke nnd dergleichcit.7

„Ack, wcnn auck!

Keen Graff iö so breet und keen Mürr so hoch,

Wenn Twe stck man gut sünd, do dragt se flcl dvch." —

(Forrsetzung fotgt.)
 
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