M«rtoncerr»
N««<rh, ne»BnreauS.
Js Po-sen außer in der
Grpedition dieftr Ieitung
(Wilhelmstr. 17.)
bei «. H. Zllrik- L «o.
Breitestraße 20,
i« Gncsen bei C. Nostnberg,
D in Grätz bei F. Mreisand»
^ di Meleritz bei Kh. Matthias
i« W-r-eschen bei.I. Ladefthn.
MiLtag -Ausgabe.
vas Nb onirement auf diefer SLzkch brei Mal W-
scheinende Blatt betrLgt vterteljährlich für die StM
P-jen 44 Mark, sür ganz Deutschland S Mark tk Ps
Rrftakiunze» nehmen alle Postanstalten b«S deui-
sche» Reichek a«.
DttiMrnkmzig-er
Annouce»-
Annahme - Burea»5
Jn Berlin, BrcÄM,
Dresden, Frankfurt a.
Hamburg, Leipzig, MünchsU
Stettin, Stuttaart, WitM
dei G. Z. Dliubk z
Laaftusteiu L yogler,
Rudoliih Moffe.
Jn Berlin, Dresden, GM'H,
deim „Iumlibeubull^s
Motttag, Z. Augttst.
A m L l i ch e s.
Verlin, 1. August. Der König hat dem pensionirten Straf-
ANstalts-Auffther L u ch t zu Krone a. B. im Krcisc Bromberg das
Allgemeine Ehrcnzeichen vrrliehen.
Der König hat dem Spezialkommifsar, Regierungsrath Kuntze
zu ZWichau den Lharakter als Geheimcr Regierungsrath, dem Amts-
richter Bellinger in Biersen den Eharakter als B.ntsgerichtsrath, sowie
den Gerichtsschreibern bei dem Amlsgcricht zu Breslau, Sekretären
Echmidt und Nemis, und dem GerichLssckreiber bci dem AmtSgericht
in Ltegnitz, Sekretär Scholz, bei ihrem Uebertritt in den Ruhestand
Lcn Eharakier als Kanzleirath verliehcn.
l Jn den diesjährigen Entlaffungsprüfungen an dem evangelischen
Gouvernanten - Fnstitut und dem evangelischen Lehrerinncn-Seminar
zu Droyßig bei Z-itz haden das Zeugniß Ver Befähigung für das Lehr-
e- amt cm Volkssckulen aus der Provin z Posen eriangt: I) Manon
Eoulon zu Schönlanke, Regierungsbezirk Bromberg. 2) Hulda
W i tz k e zu Gromaden, Kreis Schubin.
Briese und Zeitungsberichle.
!—! Beriin, 1. August. Der Ausfall der Reichs-
iagsnachwahl in Eßlingen-Mrtingen (Wärttemberg 5.)
ionnte nicht überraschen, da die Volkspartci 1884 gegen den
damellgen Ober-Staatsanwalt, jetzigen Reich-gerichsrath Lrnz
keinen'Grgenkandidaten aufgestellt, der Wahlkrris überhaupt
mit der einzigen AuSnahme von 1877 bis 1878 stets durch
einen nationalliberalen oder freikonservatioen Nsgierungskandi-
daten vertreten war. Wichtiger stnd die Nachwahlen in Lauen-
burg und Bromberg, weil die beiden Sitze von 1881 bis 1884
beziehungsweise sezessionistisch oder fortschrittlich vertreten waren
urrd 1884 der deutschfreisinnigea Partei durch Konservative
abgenommen wurden. Wegen der Lauenburgischen Wahl ist
noch ein lebbafter MeinungSauStausch zwijchen der „National-
liberalen Korrespondenz« und drr freikonservativen „Post" im
Gange : die „Post" motivirt heute in einem langen Schrei-
ben auS Lauenburg noch einmal den Wunsch, daß die Naüonal-
liberalen in diesem besonderen FaLe „im Jntercfse drr Verhü-
tung einer Stürkung der obstruktionistischenOppv-
sition im Reichstage das nationale über daS Parteünteresis
stellen, also den konservativen Kandidaten unterstützen möchten."
Dabei wird auch die Bromberger Wahl mit herangezogen, in
welcher die Konservativcn, die ohne die Nationalliberalen nicht
fiegen können, ohne Rücksprache einen Kandidaken von der äußersten
Nechten aufftellten; es wird dabei den Nationalliberalen zugerufen,
_mit einer Parteipolitik nach dem Rezepte: haust du meinen
Rothschild, hau ich Deinen Rothschild«, werde
niemals ein nationales Jntercsie gefördert werden. Die Ein-
schiebung Rothschilds statt deS Juden im Allgemeinen in ein all-
bekanntes Sprichwort ist sonst blos bei Anüsemiten der schlimm-
sten Sorte üblich. Daß die „Post", trotzdem Friedenthal und
Lucius große Geldsummen zu ihrem Ankauf hrrgegeben haben,
vom Liebäugeln mit den Anüsemiten einmal nicht lasien kann,
zeigrn die beiden unmittelbar voraufgegangencn Artikel in ihrer
Revue der Presie. Jn dem «rsteren bringt sie einen albernen
Artikel der antisemitischen Staatsbürgerzeitung, in welcher eine
im akademisch-liberalen Verein vom ReichstagZabg. Dr.
Barth gehaltene Rede besprochen wird, die nur „echt
jüdischen Bestrebungen« gedient habe, die VereinSver-
sammlung habe fast ausschließlich aus jüdischen Studenten
bestanden, die deutschfreisinnige Partei wird „jüdisch-deutschfrei-
finnig" genannt, und Barth's Endabsichten gtngen dahin, „den
Traum deS Judenthums, die Weltherrschaft nach den Lehren
des Talmuds zu erringen, verwirklichen zu helfen." Der zweite
Artikel bringt einen antisemitischen Artikel der Grenzboten über
Len sonst von freikonservativer Seite unterstützten Schulverein
und nimmt Partei für die von der Zentralleitung aufgelösten
antisemitischsn Gruppen. Jn beiden Fällen bringt die „Post"
den antisemitischen Artikel ohne irgend eine Bemerkung, so daß
auch der wohlwollendste Leser nicht snderS annehmen darf, als
daß die „Post" die darin ausgesprochenen Urtheile zu den ihri-
gen macht. Was übrigens den Gebrauch des Namens Roth-
schild als Typus des Judenthums anlangt, so sollte bie Re-
daktion der „Post" sich erinnern, daß neben Strousberg,
dem ersten Begründer der „Po st", Rothschild k o n-
servativer Reichstagsabgeordneter war.
— Der Kaiser wird nach den „Dresd. Nachr.« zur
Vermählung der Prinzesstn Josepha von Sachsen mit dem Erz-
herzog Otto von Oesterreich in Dresden erscheinen.
— Der Fürst und die Fürstin v. Bismarck find Sonnabend
Abend 9 Uhr in Mü nch en eingetroffen und aus dem Zentral-
bahnhofe von dem preußischen Gesandten, Grafen Werthern, und
dem ganzen Gesandtschaftspersonale, sowie von dem Oberststall-
meister, Grafen v. Holnstein, empfangen worden. Der Furst
beqab fich mit dem Gesandten Grafen Werthern in dem ihm
zur Versügung gestellten Hofwagen nach seinem Absteigequartier
im preußischen Gesandtschaftshotel, die Fürstin wurde von dem
Oberststallmeister Grafen Holnstein und dem preußischen Lega-
tionssekretär Grafen Eulenburg dahin geleitet. Jm Bahnhofe
und auf dem Bahnhofsplatze hatte stch trotz des eingetretenen
Regenwetters eine nach vielen Tausenden zählende Menschen-
menge angesammelt, welche den Fürsten mit nicht eudenwollenden
Hochrufen begrüßte.
— AlsNachfolger desBarons deCourcel
in Berlin wird von der „Post" Graf LefebvredeBe-
haine, französischer Botschafter beim päpstlichen Stuhl be-
zeichnet.
— Der chinesische Botschafter Marquis
Tseng hat mit dem gesammten Personal der Berliner chinesi-
schen Botschaft am Sonntag einer Einladung des Herrn von
Hansemann nach der Jnsel Rügen Folge gegeben, wo Herr von
Hansemann auf Schloß Lanken seine astatischen Gäste empfing.
Die Meldung, daß Marquis Tseng sich zunächst nach Peters-
burg begeben und von dort nach Berlin zurückkehren wird, be-
stäiigt sich. Dagegen ist eS noch ungewiß, ob der genannte
Diplomat, wie behauptet war, uach Stettin gehen und die
dortigrn Wersten des „Vulcan" bestchtigen wird.
— Der preußische Episkopat wird nach der
„Kreuzztg." in Fulda am 10. August zu einer Konferenz zu-
sammentreten.
— Die Hofschauspielerin Minona Frieb - Blumauer ist am
31. Juli in Berlin gestorben.
HMe, 31. Jull Der Schncllzug Frankfurt-Berlin ist
heute geaen 6 Uhr Abends kurz vor Hokenthurm entgleist,
an der Stelle, wo künftigdte neue Sorarier Bahn einmünden soll. Der
Zug, welcher sonst von Halle fahrplanmäßig um 5 Uhr 39 Min. abgeht,
jedoch zchn Minuten Verspätung hatte und viese einholen wollte, ist an der
z gefährlichen Kurve verunglückt. Der Postwagen, sowie der Restaura»
^ tionswagen und der Küchenwagcn fielen den Abhang hinunter und
sind total demolirt. Die drei Personenwagen am Ende des Zuges
blieden unverschrt. Die mehrfach vorgrkommcnen Verwun-
dungen find nach dcm „Bcrlincr Tagcblatt" glücklicherweise
nur leicht. Die Lokomotioe hatte sich auf eine Strecke von
fünfzig Bieter in den Sand gebohrt. der Führer wurde hinausgeschleu-
dert. Ein Postschaffner, sowie ein tn der Küche des Restaurationswa-
gens beschäftigtes Küchcnmädchen erlitten Kontusiouen. Das Unglück
w'irde dadurch verursacht, daß eine ncue Weiche an der genannten Stelle
gebaut wird ; die Arbeiler huttcn orrcits Feicrabend und waren fort,
hatten ader oie Weiche offen gelaffen. Aeczte, sowie Träger mit Trag-
bahren waren proinpt zur SLelle, glücklicherweise aber unnöthig. Die
Paffagiere konnten dald darauf in einem sofort r'.quirirtcn Zuge weiter-
befördert werden,
Amsterdam, 31. Juli. Eine heute angeschlagene Pro-
klamation des Bürgermeisters verbietet den Vertrieb
von Zeitungen oder anderen Drucksachen auf den Straßen.
Diese Maßregel ist durch Gemeindegesetz vorgesehen. — Ein
Bataillon Jnfanterie ist heute in dem Pasiantenhuis
kasernirt, in der Nähe des Viertels, in welchem die Unruhen
stattgefunden. — Heute fand in der Druckerei des sozialistischen
Blattes „Excelsior" im Haag eine gerichtliche Haussuchung
statt.
Petersburg, 1. August. Der Erzherzog und die
Erzherzogin Karl Ludwig wurden bei ihrer Ankunst
in Peterhof von dem Kaiser und der Kaiserin, dem Großfürsten-
Thronfolger, sowie den übrigen Mitgliedern der kaiserlichen
Familte am Bahnhofe, auf welchem eine Ehrenwache aufgestellt
war, empfangen. Vom Bahnhofe fuhren der Kaiser mit dem
Erzherzoge und die Kaiserin mit der Erzherzogin nach dem
großen Palais, in welchem die österreichischen Herrschaften
während ihres Aufenthaltes wohnen. Gegen 8 Uhr Abends
fand daselbst bei den Majestäten Familientafel statt. — DaS
„Journal de St. Pätersbourg" erinnert anläßlich der Ankunft
des erzherzoglichen PaareS an die freundschaftlichen Beziehungen,
die zwischen dem russischen Hofe und dem Erzherzog und seiner
Gemahlin seit der Krönung in Moskau bestehen und sagt, die
hohen Gäste könnten stch versichert halten, bei dem Hofe und
der russischen Gesellschaft den herzlichsten Empfang zu finden,
ihr neuer Aufenthalt in Rußland werde dis bisherigen freund-
schaftlichen Beziehungen noch befestigen.
— Die „Moskauer Zeitung" bespricht das Verhältniß zwischen
Rußland und Deutschland und sagt: Wir wünschen,
daß sich Rußland in freien, freundschaftlichen Beziehungen zu
Deutschland befinde; jedoch sollten wir eben solche Beziehungen
auch zu anderen Mächten, desgleichen zu Frankreich haben. Wir
erachten es als gänzlich unwahrscheinlich, daß Deutschland irgend-
wann Streit mit uns suchen wollte; aber wenn England, waS
wohl möglich ist, mit uns im nahen oder fernen Osten kollidirte,
würde das jetzige Frankreich, welches zu England fast in nicht
geringerem Antagonismus steht als zu Deutschland, wahrscheinlich
nicht müßiger Zuschauer des KampfeS bleiben, worüber wir zu
klagen wahrlich keinen Grund hätten.
Odessa, 30. Juli. DerKronprinz vonGriechen-
land ist mit seinem Bruder, dem Prinzen LikolauS, von
Athen hier eingetroffen und alsbald nach PeterSburg weiter-
gereist.
Lottdon, 30. Juli. Gladstone hat heute in Osborne
in einer ihm von der Königin ertheilten Audienz sein AmtS-
fiegel zurückgegeben. — Die Königin hat 4 neue PairS
ernannt, unter ihnen befinden fich Sir ThomaS Braffey und
Sir Arthur Baß.
Jnserate 20 Pf. die sechSgespaltene Petttzeile oder deren
Raum, Reklamen verhältnißmäßig höker, find an die
Exprdition zu senden und werden fur die am fol-
gcnden Tage MorgenS 7 Uhr erscheinende Nummer bis
8 Uhr Nachmittags angenommen.
1886.
Athev, 30. Juli. Der König hat sich nach Genua
eingeschifft, um sich zum Gebrauch der Badekur nach Wiesbaden
zu begeben.
LokaLes und prornniieLLes.
Pose«, 2. August.
ä. sAnkauf zu Kolonisationszwecken.j DaS
Rittergut Lubowo im Kreise Gnesen, welchcs einen Fläcken-
inhalt von 479 Hektaren hal, und sich bisher in poinischen
Händen befand, ist in der Subhastation am 30. v. M. durch
den Rittergutsbcsitzer Wendorff-Zdziechowa für die Regierung zu
Ansiedelungszwccken erstanden worden, so daß gegenwärtig die
Regierung bereits übrr drei Güter zu diesen Zwecken verfügt:
Komorowo und Lubowo im Kreise Gnesen, und ein Gut im
Kreise Flatow (Wrstprenßen). Trotzdem von der polnischen
Prcfle mehrfach auf die beoorstehende Snbhastation von Lubowo
aufmerksam gemacht und auf die Nothwendigkeit hingewiesen
worden war, dieses Gut nicht in deutsche Hände übergehen zu
laffen, waren zum Subhastationstermine doch nur wenige Polen
erschienen, und von diesen wenigen bot nur einer, Herr v. Prg«
dzmski, ebenso eine hiestge Bankfirma, mit, um ihre auf daS
Gut eingrtragenen Hypotheken nicht ausfallen zu lasien. So
erstand denn Rittergutsbesitzer Wendorff als Meistbietender daS
Gut zu 300 000 M. für die Regierung. Dieser Preis ist,
wenn man in Betracht zieht, daß das Gut vor 10 Jahren für
ca. 390 000 M. erworben, und vor einigen Jahren ca. 480 000
M. für dasselbe geboten wurden, ein sehr niedriger. — Die
polnische Prcffe tadeli es sehr, daß fich kcin Pole gefunden,
welcher das Gut erstandm habe, und der „Dziennik Poznanskt"
meint: Wenn man nicht den Muth habe, allein solch ein Gut
zu kaufen, dann möge man D!es mit Anderen zusammen thun.
Zu diescm Behufe möge man in den einzelnen Kreisen besondere
Genoffmschaften mit solidanscher Haft zur Ecwerbung von Land
bilden; wenn in jrdem Kreise 100 Personen mit je 10 000 M.
Vsrmögen zusammentreten, so werde es einer solchen Genoffen-
schaft, welche 1 Million Mark repräsmtire, ein Leichtes sein,
von Versicherungs-Gesellschaften, sei es in Deutschland, oder
noch beffer in Frankreich oder England, Darlehen zu 3 (2 bis
4 Proz. zur Erwerbung von Grundbefitz zu erlangen.
ä. sZu den A u S w e i s u n g e n.s Einige junge Leute
aus Warschau, welche sich auf deutschm Üniversitäten ausbilden,
und während der Sommerferien ihre Angehörigen besucht haben,
sind, wie drr „Kuryer Warsz." mittheilt, von den betr. Unioer-
sitätsbehörden bmachrichtigt wsrden, daß ihnen das fernere
Studiren an deutschm Universitäten nicht mehr gestattet werde.
Die meistm derselbm werdm nun ihre Studien in Dorpat be-
enden. — Nach Mittheilung des „Kaliszanin" ist ferner in
diesen Tagm aus Breslau eisi junger Mann, Sohn eines
EinwohnerS von Kalisch, ausgewiesen worden, welcher in Breslau
die Handelsschule besucht hatte, und alsdann in eine der dortigen
Hutfabriken als Praktikant eingetreten war. Gemäß der ihm
gewordenen Weisung, wonach er Breslau binnen 14 Tagen zu
verlaffen hat, ist er bereitS von dort abgereist. — Jn Straß-
burg a. D. war ein Handwerker, welcher vor 40 Jahrm als
einjährige Waise mit seiner Mutter aus Russisch.Pslen dorthin
gelangt war, inzwischen einen eignen Hausstand g-gründet hatte,
und gegmwärtig 7 Kinder hat, von mehreren anderen Polen
aus Rache denunzirt worden, weil er in Rußland geboren sei,
stets stch als deutschfeindlich gezeigt habe rc. Es wurde sogar in
einer Petition, zu der Unterschriften gesammelt wurden, um
Ausweisung dieses Handwerkers gebeten. Da derselbe jedoch
von seinem Stiefvater, einem preußischm Staatsangxhörigen,
adoptirt, und dadurch preußischer StaatSangehöriger geworden
ist, so wird die Ausweisung wohl nicht erfolgen. — Die hilf-
lose Lage einer auSgewiesmen Lehrerin, eines Frl. Grocholska,
welche mit der Warschau-Bromberger Bahn nach Warschau
reisen wollte, und sich Abends in Skierniewice verspätete,
ist von einem Telegraphmbeamten und mehreren jungen Leuten
daselbst in abscheulicher Weise gemißbraucht worden. Da
nämlich an demselbm Tage kein Zug mehr nach War-
schau abging, so wollte die Lehrerin auf dem Bahn--
hofe bis zum nächsten Morgen bleiben, zog es aber,
als ein älterer, achtbar aussehender Telegraphen - Beamter ihr
in setner Wohnung Logis anbot, vor, dieser Einladung Folge
zu leisten. Als sie nun in das Wohnzimmer desielben trat,
befanden sich dort mehrere junge Leute, welche ste derartig mit
unsittlichen Anträgen bestürmten und Gewalt anzuwenden
bereit warm, daß die Aermste es vorzog, aus dem Fenster zwei
Stock tief auf die Straße hinabzuspringen, wobei sie den einen Fuß
an zwei Stellen brach. Dort ließen die brutalen Menschen die
Ohnmächtige hilflos liegen, bis endlich nach einer Stunde der
Nachtwächter herbeikam, und sie nach dem Lazareth brachte.
Der Vorfall ist bei der Eisenbahn - Behörde zur Anzeige ge-
bracht, und die Untersuchung eingeleitet worden.
* Herr OberlandesgerichtS-Prästdent v. Knnowski hat Sonn«
abend einen sechswöchentlichen Urlaud angetretm.
N««<rh, ne»BnreauS.
Js Po-sen außer in der
Grpedition dieftr Ieitung
(Wilhelmstr. 17.)
bei «. H. Zllrik- L «o.
Breitestraße 20,
i« Gncsen bei C. Nostnberg,
D in Grätz bei F. Mreisand»
^ di Meleritz bei Kh. Matthias
i« W-r-eschen bei.I. Ladefthn.
MiLtag -Ausgabe.
vas Nb onirement auf diefer SLzkch brei Mal W-
scheinende Blatt betrLgt vterteljährlich für die StM
P-jen 44 Mark, sür ganz Deutschland S Mark tk Ps
Rrftakiunze» nehmen alle Postanstalten b«S deui-
sche» Reichek a«.
DttiMrnkmzig-er
Annouce»-
Annahme - Burea»5
Jn Berlin, BrcÄM,
Dresden, Frankfurt a.
Hamburg, Leipzig, MünchsU
Stettin, Stuttaart, WitM
dei G. Z. Dliubk z
Laaftusteiu L yogler,
Rudoliih Moffe.
Jn Berlin, Dresden, GM'H,
deim „Iumlibeubull^s
Motttag, Z. Augttst.
A m L l i ch e s.
Verlin, 1. August. Der König hat dem pensionirten Straf-
ANstalts-Auffther L u ch t zu Krone a. B. im Krcisc Bromberg das
Allgemeine Ehrcnzeichen vrrliehen.
Der König hat dem Spezialkommifsar, Regierungsrath Kuntze
zu ZWichau den Lharakter als Geheimcr Regierungsrath, dem Amts-
richter Bellinger in Biersen den Eharakter als B.ntsgerichtsrath, sowie
den Gerichtsschreibern bei dem Amlsgcricht zu Breslau, Sekretären
Echmidt und Nemis, und dem GerichLssckreiber bci dem AmtSgericht
in Ltegnitz, Sekretär Scholz, bei ihrem Uebertritt in den Ruhestand
Lcn Eharakier als Kanzleirath verliehcn.
l Jn den diesjährigen Entlaffungsprüfungen an dem evangelischen
Gouvernanten - Fnstitut und dem evangelischen Lehrerinncn-Seminar
zu Droyßig bei Z-itz haden das Zeugniß Ver Befähigung für das Lehr-
e- amt cm Volkssckulen aus der Provin z Posen eriangt: I) Manon
Eoulon zu Schönlanke, Regierungsbezirk Bromberg. 2) Hulda
W i tz k e zu Gromaden, Kreis Schubin.
Briese und Zeitungsberichle.
!—! Beriin, 1. August. Der Ausfall der Reichs-
iagsnachwahl in Eßlingen-Mrtingen (Wärttemberg 5.)
ionnte nicht überraschen, da die Volkspartci 1884 gegen den
damellgen Ober-Staatsanwalt, jetzigen Reich-gerichsrath Lrnz
keinen'Grgenkandidaten aufgestellt, der Wahlkrris überhaupt
mit der einzigen AuSnahme von 1877 bis 1878 stets durch
einen nationalliberalen oder freikonservatioen Nsgierungskandi-
daten vertreten war. Wichtiger stnd die Nachwahlen in Lauen-
burg und Bromberg, weil die beiden Sitze von 1881 bis 1884
beziehungsweise sezessionistisch oder fortschrittlich vertreten waren
urrd 1884 der deutschfreisinnigea Partei durch Konservative
abgenommen wurden. Wegen der Lauenburgischen Wahl ist
noch ein lebbafter MeinungSauStausch zwijchen der „National-
liberalen Korrespondenz« und drr freikonservativen „Post" im
Gange : die „Post" motivirt heute in einem langen Schrei-
ben auS Lauenburg noch einmal den Wunsch, daß die Naüonal-
liberalen in diesem besonderen FaLe „im Jntercfse drr Verhü-
tung einer Stürkung der obstruktionistischenOppv-
sition im Reichstage das nationale über daS Parteünteresis
stellen, also den konservativen Kandidaten unterstützen möchten."
Dabei wird auch die Bromberger Wahl mit herangezogen, in
welcher die Konservativcn, die ohne die Nationalliberalen nicht
fiegen können, ohne Rücksprache einen Kandidaken von der äußersten
Nechten aufftellten; es wird dabei den Nationalliberalen zugerufen,
_mit einer Parteipolitik nach dem Rezepte: haust du meinen
Rothschild, hau ich Deinen Rothschild«, werde
niemals ein nationales Jntercsie gefördert werden. Die Ein-
schiebung Rothschilds statt deS Juden im Allgemeinen in ein all-
bekanntes Sprichwort ist sonst blos bei Anüsemiten der schlimm-
sten Sorte üblich. Daß die „Post", trotzdem Friedenthal und
Lucius große Geldsummen zu ihrem Ankauf hrrgegeben haben,
vom Liebäugeln mit den Anüsemiten einmal nicht lasien kann,
zeigrn die beiden unmittelbar voraufgegangencn Artikel in ihrer
Revue der Presie. Jn dem «rsteren bringt sie einen albernen
Artikel der antisemitischen Staatsbürgerzeitung, in welcher eine
im akademisch-liberalen Verein vom ReichstagZabg. Dr.
Barth gehaltene Rede besprochen wird, die nur „echt
jüdischen Bestrebungen« gedient habe, die VereinSver-
sammlung habe fast ausschließlich aus jüdischen Studenten
bestanden, die deutschfreisinnige Partei wird „jüdisch-deutschfrei-
finnig" genannt, und Barth's Endabsichten gtngen dahin, „den
Traum deS Judenthums, die Weltherrschaft nach den Lehren
des Talmuds zu erringen, verwirklichen zu helfen." Der zweite
Artikel bringt einen antisemitischen Artikel der Grenzboten über
Len sonst von freikonservativer Seite unterstützten Schulverein
und nimmt Partei für die von der Zentralleitung aufgelösten
antisemitischsn Gruppen. Jn beiden Fällen bringt die „Post"
den antisemitischen Artikel ohne irgend eine Bemerkung, so daß
auch der wohlwollendste Leser nicht snderS annehmen darf, als
daß die „Post" die darin ausgesprochenen Urtheile zu den ihri-
gen macht. Was übrigens den Gebrauch des Namens Roth-
schild als Typus des Judenthums anlangt, so sollte bie Re-
daktion der „Post" sich erinnern, daß neben Strousberg,
dem ersten Begründer der „Po st", Rothschild k o n-
servativer Reichstagsabgeordneter war.
— Der Kaiser wird nach den „Dresd. Nachr.« zur
Vermählung der Prinzesstn Josepha von Sachsen mit dem Erz-
herzog Otto von Oesterreich in Dresden erscheinen.
— Der Fürst und die Fürstin v. Bismarck find Sonnabend
Abend 9 Uhr in Mü nch en eingetroffen und aus dem Zentral-
bahnhofe von dem preußischen Gesandten, Grafen Werthern, und
dem ganzen Gesandtschaftspersonale, sowie von dem Oberststall-
meister, Grafen v. Holnstein, empfangen worden. Der Furst
beqab fich mit dem Gesandten Grafen Werthern in dem ihm
zur Versügung gestellten Hofwagen nach seinem Absteigequartier
im preußischen Gesandtschaftshotel, die Fürstin wurde von dem
Oberststallmeister Grafen Holnstein und dem preußischen Lega-
tionssekretär Grafen Eulenburg dahin geleitet. Jm Bahnhofe
und auf dem Bahnhofsplatze hatte stch trotz des eingetretenen
Regenwetters eine nach vielen Tausenden zählende Menschen-
menge angesammelt, welche den Fürsten mit nicht eudenwollenden
Hochrufen begrüßte.
— AlsNachfolger desBarons deCourcel
in Berlin wird von der „Post" Graf LefebvredeBe-
haine, französischer Botschafter beim päpstlichen Stuhl be-
zeichnet.
— Der chinesische Botschafter Marquis
Tseng hat mit dem gesammten Personal der Berliner chinesi-
schen Botschaft am Sonntag einer Einladung des Herrn von
Hansemann nach der Jnsel Rügen Folge gegeben, wo Herr von
Hansemann auf Schloß Lanken seine astatischen Gäste empfing.
Die Meldung, daß Marquis Tseng sich zunächst nach Peters-
burg begeben und von dort nach Berlin zurückkehren wird, be-
stäiigt sich. Dagegen ist eS noch ungewiß, ob der genannte
Diplomat, wie behauptet war, uach Stettin gehen und die
dortigrn Wersten des „Vulcan" bestchtigen wird.
— Der preußische Episkopat wird nach der
„Kreuzztg." in Fulda am 10. August zu einer Konferenz zu-
sammentreten.
— Die Hofschauspielerin Minona Frieb - Blumauer ist am
31. Juli in Berlin gestorben.
HMe, 31. Jull Der Schncllzug Frankfurt-Berlin ist
heute geaen 6 Uhr Abends kurz vor Hokenthurm entgleist,
an der Stelle, wo künftigdte neue Sorarier Bahn einmünden soll. Der
Zug, welcher sonst von Halle fahrplanmäßig um 5 Uhr 39 Min. abgeht,
jedoch zchn Minuten Verspätung hatte und viese einholen wollte, ist an der
z gefährlichen Kurve verunglückt. Der Postwagen, sowie der Restaura»
^ tionswagen und der Küchenwagcn fielen den Abhang hinunter und
sind total demolirt. Die drei Personenwagen am Ende des Zuges
blieden unverschrt. Die mehrfach vorgrkommcnen Verwun-
dungen find nach dcm „Bcrlincr Tagcblatt" glücklicherweise
nur leicht. Die Lokomotioe hatte sich auf eine Strecke von
fünfzig Bieter in den Sand gebohrt. der Führer wurde hinausgeschleu-
dert. Ein Postschaffner, sowie ein tn der Küche des Restaurationswa-
gens beschäftigtes Küchcnmädchen erlitten Kontusiouen. Das Unglück
w'irde dadurch verursacht, daß eine ncue Weiche an der genannten Stelle
gebaut wird ; die Arbeiler huttcn orrcits Feicrabend und waren fort,
hatten ader oie Weiche offen gelaffen. Aeczte, sowie Träger mit Trag-
bahren waren proinpt zur SLelle, glücklicherweise aber unnöthig. Die
Paffagiere konnten dald darauf in einem sofort r'.quirirtcn Zuge weiter-
befördert werden,
Amsterdam, 31. Juli. Eine heute angeschlagene Pro-
klamation des Bürgermeisters verbietet den Vertrieb
von Zeitungen oder anderen Drucksachen auf den Straßen.
Diese Maßregel ist durch Gemeindegesetz vorgesehen. — Ein
Bataillon Jnfanterie ist heute in dem Pasiantenhuis
kasernirt, in der Nähe des Viertels, in welchem die Unruhen
stattgefunden. — Heute fand in der Druckerei des sozialistischen
Blattes „Excelsior" im Haag eine gerichtliche Haussuchung
statt.
Petersburg, 1. August. Der Erzherzog und die
Erzherzogin Karl Ludwig wurden bei ihrer Ankunst
in Peterhof von dem Kaiser und der Kaiserin, dem Großfürsten-
Thronfolger, sowie den übrigen Mitgliedern der kaiserlichen
Familte am Bahnhofe, auf welchem eine Ehrenwache aufgestellt
war, empfangen. Vom Bahnhofe fuhren der Kaiser mit dem
Erzherzoge und die Kaiserin mit der Erzherzogin nach dem
großen Palais, in welchem die österreichischen Herrschaften
während ihres Aufenthaltes wohnen. Gegen 8 Uhr Abends
fand daselbst bei den Majestäten Familientafel statt. — DaS
„Journal de St. Pätersbourg" erinnert anläßlich der Ankunft
des erzherzoglichen PaareS an die freundschaftlichen Beziehungen,
die zwischen dem russischen Hofe und dem Erzherzog und seiner
Gemahlin seit der Krönung in Moskau bestehen und sagt, die
hohen Gäste könnten stch versichert halten, bei dem Hofe und
der russischen Gesellschaft den herzlichsten Empfang zu finden,
ihr neuer Aufenthalt in Rußland werde dis bisherigen freund-
schaftlichen Beziehungen noch befestigen.
— Die „Moskauer Zeitung" bespricht das Verhältniß zwischen
Rußland und Deutschland und sagt: Wir wünschen,
daß sich Rußland in freien, freundschaftlichen Beziehungen zu
Deutschland befinde; jedoch sollten wir eben solche Beziehungen
auch zu anderen Mächten, desgleichen zu Frankreich haben. Wir
erachten es als gänzlich unwahrscheinlich, daß Deutschland irgend-
wann Streit mit uns suchen wollte; aber wenn England, waS
wohl möglich ist, mit uns im nahen oder fernen Osten kollidirte,
würde das jetzige Frankreich, welches zu England fast in nicht
geringerem Antagonismus steht als zu Deutschland, wahrscheinlich
nicht müßiger Zuschauer des KampfeS bleiben, worüber wir zu
klagen wahrlich keinen Grund hätten.
Odessa, 30. Juli. DerKronprinz vonGriechen-
land ist mit seinem Bruder, dem Prinzen LikolauS, von
Athen hier eingetroffen und alsbald nach PeterSburg weiter-
gereist.
Lottdon, 30. Juli. Gladstone hat heute in Osborne
in einer ihm von der Königin ertheilten Audienz sein AmtS-
fiegel zurückgegeben. — Die Königin hat 4 neue PairS
ernannt, unter ihnen befinden fich Sir ThomaS Braffey und
Sir Arthur Baß.
Jnserate 20 Pf. die sechSgespaltene Petttzeile oder deren
Raum, Reklamen verhältnißmäßig höker, find an die
Exprdition zu senden und werden fur die am fol-
gcnden Tage MorgenS 7 Uhr erscheinende Nummer bis
8 Uhr Nachmittags angenommen.
1886.
Athev, 30. Juli. Der König hat sich nach Genua
eingeschifft, um sich zum Gebrauch der Badekur nach Wiesbaden
zu begeben.
LokaLes und prornniieLLes.
Pose«, 2. August.
ä. sAnkauf zu Kolonisationszwecken.j DaS
Rittergut Lubowo im Kreise Gnesen, welchcs einen Fläcken-
inhalt von 479 Hektaren hal, und sich bisher in poinischen
Händen befand, ist in der Subhastation am 30. v. M. durch
den Rittergutsbcsitzer Wendorff-Zdziechowa für die Regierung zu
Ansiedelungszwccken erstanden worden, so daß gegenwärtig die
Regierung bereits übrr drei Güter zu diesen Zwecken verfügt:
Komorowo und Lubowo im Kreise Gnesen, und ein Gut im
Kreise Flatow (Wrstprenßen). Trotzdem von der polnischen
Prcfle mehrfach auf die beoorstehende Snbhastation von Lubowo
aufmerksam gemacht und auf die Nothwendigkeit hingewiesen
worden war, dieses Gut nicht in deutsche Hände übergehen zu
laffen, waren zum Subhastationstermine doch nur wenige Polen
erschienen, und von diesen wenigen bot nur einer, Herr v. Prg«
dzmski, ebenso eine hiestge Bankfirma, mit, um ihre auf daS
Gut eingrtragenen Hypotheken nicht ausfallen zu lasien. So
erstand denn Rittergutsbesitzer Wendorff als Meistbietender daS
Gut zu 300 000 M. für die Regierung. Dieser Preis ist,
wenn man in Betracht zieht, daß das Gut vor 10 Jahren für
ca. 390 000 M. erworben, und vor einigen Jahren ca. 480 000
M. für dasselbe geboten wurden, ein sehr niedriger. — Die
polnische Prcffe tadeli es sehr, daß fich kcin Pole gefunden,
welcher das Gut erstandm habe, und der „Dziennik Poznanskt"
meint: Wenn man nicht den Muth habe, allein solch ein Gut
zu kaufen, dann möge man D!es mit Anderen zusammen thun.
Zu diescm Behufe möge man in den einzelnen Kreisen besondere
Genoffmschaften mit solidanscher Haft zur Ecwerbung von Land
bilden; wenn in jrdem Kreise 100 Personen mit je 10 000 M.
Vsrmögen zusammentreten, so werde es einer solchen Genoffen-
schaft, welche 1 Million Mark repräsmtire, ein Leichtes sein,
von Versicherungs-Gesellschaften, sei es in Deutschland, oder
noch beffer in Frankreich oder England, Darlehen zu 3 (2 bis
4 Proz. zur Erwerbung von Grundbefitz zu erlangen.
ä. sZu den A u S w e i s u n g e n.s Einige junge Leute
aus Warschau, welche sich auf deutschm Üniversitäten ausbilden,
und während der Sommerferien ihre Angehörigen besucht haben,
sind, wie drr „Kuryer Warsz." mittheilt, von den betr. Unioer-
sitätsbehörden bmachrichtigt wsrden, daß ihnen das fernere
Studiren an deutschm Universitäten nicht mehr gestattet werde.
Die meistm derselbm werdm nun ihre Studien in Dorpat be-
enden. — Nach Mittheilung des „Kaliszanin" ist ferner in
diesen Tagm aus Breslau eisi junger Mann, Sohn eines
EinwohnerS von Kalisch, ausgewiesen worden, welcher in Breslau
die Handelsschule besucht hatte, und alsdann in eine der dortigen
Hutfabriken als Praktikant eingetreten war. Gemäß der ihm
gewordenen Weisung, wonach er Breslau binnen 14 Tagen zu
verlaffen hat, ist er bereitS von dort abgereist. — Jn Straß-
burg a. D. war ein Handwerker, welcher vor 40 Jahrm als
einjährige Waise mit seiner Mutter aus Russisch.Pslen dorthin
gelangt war, inzwischen einen eignen Hausstand g-gründet hatte,
und gegmwärtig 7 Kinder hat, von mehreren anderen Polen
aus Rache denunzirt worden, weil er in Rußland geboren sei,
stets stch als deutschfeindlich gezeigt habe rc. Es wurde sogar in
einer Petition, zu der Unterschriften gesammelt wurden, um
Ausweisung dieses Handwerkers gebeten. Da derselbe jedoch
von seinem Stiefvater, einem preußischm Staatsangxhörigen,
adoptirt, und dadurch preußischer StaatSangehöriger geworden
ist, so wird die Ausweisung wohl nicht erfolgen. — Die hilf-
lose Lage einer auSgewiesmen Lehrerin, eines Frl. Grocholska,
welche mit der Warschau-Bromberger Bahn nach Warschau
reisen wollte, und sich Abends in Skierniewice verspätete,
ist von einem Telegraphmbeamten und mehreren jungen Leuten
daselbst in abscheulicher Weise gemißbraucht worden. Da
nämlich an demselbm Tage kein Zug mehr nach War-
schau abging, so wollte die Lehrerin auf dem Bahn--
hofe bis zum nächsten Morgen bleiben, zog es aber,
als ein älterer, achtbar aussehender Telegraphen - Beamter ihr
in setner Wohnung Logis anbot, vor, dieser Einladung Folge
zu leisten. Als sie nun in das Wohnzimmer desielben trat,
befanden sich dort mehrere junge Leute, welche ste derartig mit
unsittlichen Anträgen bestürmten und Gewalt anzuwenden
bereit warm, daß die Aermste es vorzog, aus dem Fenster zwei
Stock tief auf die Straße hinabzuspringen, wobei sie den einen Fuß
an zwei Stellen brach. Dort ließen die brutalen Menschen die
Ohnmächtige hilflos liegen, bis endlich nach einer Stunde der
Nachtwächter herbeikam, und sie nach dem Lazareth brachte.
Der Vorfall ist bei der Eisenbahn - Behörde zur Anzeige ge-
bracht, und die Untersuchung eingeleitet worden.
* Herr OberlandesgerichtS-Prästdent v. Knnowski hat Sonn«
abend einen sechswöchentlichen Urlaud angetretm.