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Valentin, Veit
Politisches, geistiges und wirtschaftliches Leben in Frankfurt am Main vor dem Beginn der Revolution von 1848/49 — Stuttgart: Union dt. Verlagsges., 1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.71759#0048
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Frankfurt vor der Revolution

deutsche Kunst verkündet wurde, fand sie in der reichen Stadt nicht
nur Bewunderer, sondern auch Käufer. Die Vermächtnisse der Fa-
milien Brentano, Gontard, Passavant an das Städelsche Institut
zeugen davon. Nach seiner endlichen Eröffnung (1833) hat die mit
dem Institut verbundene Kunstschule auch viele Künstler selbst nach
Frankfurt gezogen, so vor allen den ersten Direktor der Galerie
und „Professor der Malerei" Philipp Veit (1831—1843 in Frank-
furt).
Die private Kunstpflege blühte daneben immer weiter. Die
Porzellan- und Silberschätze der Frankfurter Patrizierhäuser wurden
bewundert auf den Festen des Bundestages — alles reich, gediegen,
noch ohne die Aufdringlichkeit des Parvenü- und Protzentums.
Genau so gaben sich die neuen Bauten. Es herrschten die etwas
kahlen und nüchternen Formen eines behutsam antikisierenden
Stiles, der die neuen, ungewohnt umfangreichen Gebäude am Ende
doch mehr verzierte als durchdrang und eigentümlich gestalten konnte.
Dorische Säulen trugen das Portal der neuen Stadtbibliothek,
die laut Inschrift ein Denkmal der wiedererrnngenen städtischen
Freiheit war — das fehlerreiche Latein dieser Inschrift tadelte aller-
dings Schopenhauer mit Recht. An die Stelle der alten Tore,
die mit der mittelalterlichen Befestigung verschwunden waren,
traten neue, leichtere, gefälligere. Dem Bockenheimer diente der
Tempel der Nike-Apteros, dem Obermaintor der Campus militum
in Pompeji als Vorbild*). Spätere Zeiten erst bedauerten, daß
von den trotzigen festen alten Türmen fast nichts erhalten war.
Die wachsende Stadt schaffte sich eben Luft und Raum, mochten
auch manche das denken, was Marianne Willemer an Goethe 1823
zu Frankfurter Ansichten dichtete:
Neue Häuser, neuer Raum
Mögen sich gestalten.
Der Erinnerung schöner Traum
Ruht doch auf den alten ?).
Sorgfalt und Pflege für solche erhaltene Denkmäler der Er-
innerung waren aber noch wenig lebendig. Die vier Warttürme
der Landwehr standen wohl noch, doch erst mußte nach geraumer
Zeit der Verwahrlosung „ein Freund des Altertums" in ihrem
Namen einen rührenden Protest erlassen, ehe man sich ihrer annahm.
Aus den kunstsinnigen Mäzenaten der Kaufmannschaft, aus den

*) Kirchner a. a. O. S. 35.
H Andre, Marianne Willemer S. 66.
 
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