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Valentin, Veit
Politisches, geistiges und wirtschaftliches Leben in Frankfurt am Main vor dem Beginn der Revolution von 1848/49 — Stuttgart: Union dt. Verlagsges., 1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.71759#0059
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Die Nachbarstädte. Das Zwischenhändlertun:

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in den Zollverein 1836, der einen völligen Umschwung nach lang-
jähriger Krisis bedeutet, worüber später eingehender gesprochen
wird — wie sich für diese Zeit Stärke und Richtungen des
Franksurter Handels ausgestaltet haben, soll hier kurz umrissen
werdens.
Man wird vielleicht sagen können, daß der Handel in Frankfurt
war, bevor die Frankfurter handelten. Das soll heißen, daß die
Messen, derentwegen jener Lindenberg die Stadt einen muncki
mioroeosmus nannte, sehr wohl lange in Blüte gestanden haben
konnten, ohne daß darum die Frankfurter selbst den sich in ihrer
Stadt vollziehenden Güteraustausch aus eigener Initiative ge-
leitet hätten. Der wirtschaftliche Vorteil der Stadt und ihrer
Bewohner beruhte während dieses Frühstadiums in der Haupt-
sache aus den Spesen der fremden Händler und der Kunden, die
ja meist ihrerseits wieder Waren nach dem Umschlagsplatz brachten
und austauschten — auf den Spesen, die sich finanziell als Miete,
Gebühren, Einnahmen aus Kost und Logis der Zugereisten dar-
stellten. Es ist im einzelnen noch nicht untersucht, wie sich nun im
Gesolge der Messen, durch den Meßverkehr angeregt, eine Gruppe
von Zwischenhändlern in Frankfurt gebildet hat, deren kaufmän-
nische Tätigkeit sich nun über das ganze Jahr erstreckte, aber so,
daß die beiden Messen die Brennpunkte bildeten. Ihre Funktion
bestand entweder darin, Waren von auswärts auf eigene Rechnung
kommen zu lassen und hier in kleinen Mengen an Kunden, die nach
Frankfurt kamen — entweder Konsumenten oder Unterhändler —
abzugeben, oder die Waren von Produzenten oder Händlern, die
sie nach Frankfurt selber brachten, aufzukaufen und dann nach aus-
wärts in kleinen Mengen zu versenden, wobei dann Übergangs-
und Zwischenformen immer häufiger wurden. Diese Operationen
verlangten Spekulation, Kalkulation, Kapital, ein kaufmännisch ge-
bildetes Händlertum. Das so im Anschluß an den Meßverkehr ent-
standene, durch den allmählichen Rückgang der Messen im 18. Jahr-
hundert immer mehr erstarkte Zwischenhändlertum im großen Stil ist
für das Frankfurt im beginnenden 19. Jahrhundert die charakteristische
Form. —In welcher Weise dieser Zwischenhandel sich spaltete, einer-
seits in den reinen Warenhandel — das ursprüngliche — anderseits
in den Speditionshandel und den daraus entspringenden Geld-

Ü Vergleiche Darmstädter, Großherzogtum Frankfurt, S. 294 f. und
Kanter, Entwicklung des Handels mit gebrauchfertigen Waren in Frankfurt
1750—1866. 1903.
 
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