"Frankfurts Vertrag mit England. — Handelskrisis
101
Zollverwaltung wolle acht Brigaden Douaniers zu je dreizehn
Mann in die Stadt einrücken lassen, um auf abschreckende Weise
Durchsuchuilgen in Warenlagern anstellen zu lassen.
Natürlich riefen solche Gerüchte in Frankfurt Aufregung und
Gereiztheit hervor. „Am bedauerlichsten dabei ist," so berichtet
Kelchner, „daß alles dieses von einem der größten Staaten aus-
geht, von welchem größte Loyalität man zu erwarten sich schmeichelte,
und worauf die Stadt Frankfurt ganz besonders gerechnet hatte"*).
Die Frankfurter Messe verödete, während in Offenbach, besonders
im Lederhandel, glänzende Geschäfte gemacht wurden^). Der
Tabakhandel verschwand aus der Stadt und ging auf Darmstadt und
Hanau über, wo Freilager errichtet waren. Der Speditionshandel
lebte „gleichsam nur noch in der Erinnerung", denn nur noch die
Bäderroute war freigeblieben. Der Weinhandel wurde verdrängt,
die größeren Häuser, die es aushalten konnten, errichteten auswärtige
Lager, aber welche Mühe war es für den Frankfurter Handels-
herrn, täglich im Wagen zweimal nach Offenbach zu fahren! Und
viele kleinere gingen zu Grunde. Die Farbstoffe und Drogen
litten empfindlich, die wollenen Tücher, die der Frankfurter
Zwischenhandel auf den Markt gebracht hatte, lieferte nun Preußen
selber massenweise und in allen Qualitäten. Die Krefelder Seide
verdrängte als siegreicher Parvenü die alte Ware aus Lyon. Beinahe
vernichtet wurde der Buchhandel. Stuttgart stieg, während Frank-
furt sank; der süddeutsche Handel suchte sich neue Straßen nach
Leipzig, und es entstand der Plan, in Nürnberg eine Buchhändler-
messe einzurichtenU-
Y Nagler, a. a. O. S. 181.
H Bericht der Handelskammer von 1832.
h Die Verhältnisse des Wareneingangs bis 1832 — also bis zu einer Zeit,
da der Mitteldeutsche Handelsverein es noch verhinderte, daß Frankfurt ganz
auf das Trockene kam, veranschaulichen folgende Zahlen, die Kanter angibt.
Wareneingang aus den verschiedenen Ländern in Zentnern.
Abnahme
Zunahme
1828
1832
1828
1832
England und Übersee ....
169 687
151 526
—
—
Frankreich.
65 501
45 612
—
—
Österreich und Italien ....
62 487
58 200
—
—
Preußen und Hessen ....
185 10l
95 635
—
—
Sachsen.
78 630
39 527
—
—
Holland und Belgien ....
—
—
47 281
72 333
Schweiz .
—
—
29 796
30 900
Baden .
—
—
45 887
48 700
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Zollverwaltung wolle acht Brigaden Douaniers zu je dreizehn
Mann in die Stadt einrücken lassen, um auf abschreckende Weise
Durchsuchuilgen in Warenlagern anstellen zu lassen.
Natürlich riefen solche Gerüchte in Frankfurt Aufregung und
Gereiztheit hervor. „Am bedauerlichsten dabei ist," so berichtet
Kelchner, „daß alles dieses von einem der größten Staaten aus-
geht, von welchem größte Loyalität man zu erwarten sich schmeichelte,
und worauf die Stadt Frankfurt ganz besonders gerechnet hatte"*).
Die Frankfurter Messe verödete, während in Offenbach, besonders
im Lederhandel, glänzende Geschäfte gemacht wurden^). Der
Tabakhandel verschwand aus der Stadt und ging auf Darmstadt und
Hanau über, wo Freilager errichtet waren. Der Speditionshandel
lebte „gleichsam nur noch in der Erinnerung", denn nur noch die
Bäderroute war freigeblieben. Der Weinhandel wurde verdrängt,
die größeren Häuser, die es aushalten konnten, errichteten auswärtige
Lager, aber welche Mühe war es für den Frankfurter Handels-
herrn, täglich im Wagen zweimal nach Offenbach zu fahren! Und
viele kleinere gingen zu Grunde. Die Farbstoffe und Drogen
litten empfindlich, die wollenen Tücher, die der Frankfurter
Zwischenhandel auf den Markt gebracht hatte, lieferte nun Preußen
selber massenweise und in allen Qualitäten. Die Krefelder Seide
verdrängte als siegreicher Parvenü die alte Ware aus Lyon. Beinahe
vernichtet wurde der Buchhandel. Stuttgart stieg, während Frank-
furt sank; der süddeutsche Handel suchte sich neue Straßen nach
Leipzig, und es entstand der Plan, in Nürnberg eine Buchhändler-
messe einzurichtenU-
Y Nagler, a. a. O. S. 181.
H Bericht der Handelskammer von 1832.
h Die Verhältnisse des Wareneingangs bis 1832 — also bis zu einer Zeit,
da der Mitteldeutsche Handelsverein es noch verhinderte, daß Frankfurt ganz
auf das Trockene kam, veranschaulichen folgende Zahlen, die Kanter angibt.
Wareneingang aus den verschiedenen Ländern in Zentnern.
Abnahme
Zunahme
1828
1832
1828
1832
England und Übersee ....
169 687
151 526
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Frankreich.
65 501
45 612
—
—
Österreich und Italien ....
62 487
58 200
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Preußen und Hessen ....
185 10l
95 635
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Sachsen.
78 630
39 527
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Holland und Belgien ....
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47 281
72 333
Schweiz .
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29 796
30 900
Baden .
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48 700