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des Flechtens und Webens in die figurale Kunst hineingelangt sein. Diese
Technik verleitet ganz besonders zur Ersetzung der runden durch recht-
winklig gebrochene Linien. In der Tat ist gerade in der indianischen Kultur
die Korbflechterei und Deckenweberei in hohem Maße entwickelt.
Im allgemeinen darf indessen der Einfluß, den gewisse Arten der
Technik auf die Umänderung figuraler Darstellungen im Sinne der Stilisierung
besitzen, nicht überschätzt werden.
9) pag. 15. Vgl. Max Verworn: »Note sur un motif d’ornement
tres employe dans l’art celtique«. In Compte rendu du Congres des societes
francaises de Geographie, Bordeaux 1907. ■— Derselbe: »Keltische Kunst«.
In Sitzungsber. d. Anthopol. Ver. zu Göttingen, Juli 1906; Korrespondenzbl.
d. Deutsch. Ges. f. Anthopol., Ethnol. u. Urgeschichte, XL. Jahrg., 1909.
Die Geschichte des national-keltischen Ornamentmotivs läßt sich heute
ziemlich gut überblicken. Die ältesten Wurzeln des Bogenschnörkelmotivs
reichen bis in die letzten Abschnitte des Paläolithikums zurück, wo zum
ersten Male mit der Einführung pflanzlicher Ornamentformen die Ranke, die
Spirale, der Kreis als Ornamentmotiv auftritt. Die Spirale, das Bogenband,
der Kreis erscheinen dann in der neolithischen Ornamentik der Bandkeramik
in weiter Verbreitung, und zwar in der linearen Bandkeramik des mittleren
Europa, auf den Gefäßen von Butmir, auf japanischen Gefäßen der jüngeren
Steinzeit, auf der neolithischen Gefäßmalerei der prähistorischen Indianer. Die
ausgehende Kultur der jüngeren Steinzeit überliefert das Motiv an die frühe
Metallzeit, wie die Funde in den Donauländern zeigen. Von hier gelangt es
in die Kunst der mykenischen Periode, wo der Kreis und die Spirale
besonders beliebte Motive werden und sich vereinigen mit einem anderen
Pflanzenmotiv, das aus dem Südosten des Mittelmeerbeckens zu kommen
scheint, mit dem Palmettenmotiv. Damit ist eine neue Vorstufe des
keltischen Ornamentmotivs bezeichnet. Während sich in der Bronzezeit des
Nordens die reine Spirale als herrschendes Motiv erhält, entwickelt sich
im Süden die Palmette zu einem beliebten Ornamentmotiv der hallstatt-
zeitlichen, der klassisch griechischen und der römischen Kunst. Beide be-
teiligen sich aber an der Genese des national-keltischen Bogenschnörkel-
motivs. Die früheste keltische Kultur war einerseits noch in engstem
Konnex mit der Kultur der Bronzezeit, wie besonders diejenigen Länder
zeigen, die weiter ab von den südöstlichen Kulturzentren des mykenischen,
des hallstättischen, des griechisch-römischen Kreises liegen, also etwa Spanien
und England, wo die bronzezeitlichen Kultur- und Kunstformen fast un-
beeinflußt in die mächtig sich entwickelnden Elemente der keltischen Kultur
übergehen, andererseits trat die keltische Kultur später, namentlich seit dem
vierten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung, in Frankreich und den Donau-
ländern in engste Berührung mit der griechischen und noch später mit der
römischen Kultur. Diese Zeit vom vierten Jahrhundert vor unserer
Zeitrechnung an ist die Periode, in der sich der national-
keltische Ornamentstil entwickelt. Hier liegt die Geburt des
keltischen Bogenschnörkelmotivs, des einzigen originellen Ornamentmotivs,
des Flechtens und Webens in die figurale Kunst hineingelangt sein. Diese
Technik verleitet ganz besonders zur Ersetzung der runden durch recht-
winklig gebrochene Linien. In der Tat ist gerade in der indianischen Kultur
die Korbflechterei und Deckenweberei in hohem Maße entwickelt.
Im allgemeinen darf indessen der Einfluß, den gewisse Arten der
Technik auf die Umänderung figuraler Darstellungen im Sinne der Stilisierung
besitzen, nicht überschätzt werden.
9) pag. 15. Vgl. Max Verworn: »Note sur un motif d’ornement
tres employe dans l’art celtique«. In Compte rendu du Congres des societes
francaises de Geographie, Bordeaux 1907. ■— Derselbe: »Keltische Kunst«.
In Sitzungsber. d. Anthopol. Ver. zu Göttingen, Juli 1906; Korrespondenzbl.
d. Deutsch. Ges. f. Anthopol., Ethnol. u. Urgeschichte, XL. Jahrg., 1909.
Die Geschichte des national-keltischen Ornamentmotivs läßt sich heute
ziemlich gut überblicken. Die ältesten Wurzeln des Bogenschnörkelmotivs
reichen bis in die letzten Abschnitte des Paläolithikums zurück, wo zum
ersten Male mit der Einführung pflanzlicher Ornamentformen die Ranke, die
Spirale, der Kreis als Ornamentmotiv auftritt. Die Spirale, das Bogenband,
der Kreis erscheinen dann in der neolithischen Ornamentik der Bandkeramik
in weiter Verbreitung, und zwar in der linearen Bandkeramik des mittleren
Europa, auf den Gefäßen von Butmir, auf japanischen Gefäßen der jüngeren
Steinzeit, auf der neolithischen Gefäßmalerei der prähistorischen Indianer. Die
ausgehende Kultur der jüngeren Steinzeit überliefert das Motiv an die frühe
Metallzeit, wie die Funde in den Donauländern zeigen. Von hier gelangt es
in die Kunst der mykenischen Periode, wo der Kreis und die Spirale
besonders beliebte Motive werden und sich vereinigen mit einem anderen
Pflanzenmotiv, das aus dem Südosten des Mittelmeerbeckens zu kommen
scheint, mit dem Palmettenmotiv. Damit ist eine neue Vorstufe des
keltischen Ornamentmotivs bezeichnet. Während sich in der Bronzezeit des
Nordens die reine Spirale als herrschendes Motiv erhält, entwickelt sich
im Süden die Palmette zu einem beliebten Ornamentmotiv der hallstatt-
zeitlichen, der klassisch griechischen und der römischen Kunst. Beide be-
teiligen sich aber an der Genese des national-keltischen Bogenschnörkel-
motivs. Die früheste keltische Kultur war einerseits noch in engstem
Konnex mit der Kultur der Bronzezeit, wie besonders diejenigen Länder
zeigen, die weiter ab von den südöstlichen Kulturzentren des mykenischen,
des hallstättischen, des griechisch-römischen Kreises liegen, also etwa Spanien
und England, wo die bronzezeitlichen Kultur- und Kunstformen fast un-
beeinflußt in die mächtig sich entwickelnden Elemente der keltischen Kultur
übergehen, andererseits trat die keltische Kultur später, namentlich seit dem
vierten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung, in Frankreich und den Donau-
ländern in engste Berührung mit der griechischen und noch später mit der
römischen Kultur. Diese Zeit vom vierten Jahrhundert vor unserer
Zeitrechnung an ist die Periode, in der sich der national-
keltische Ornamentstil entwickelt. Hier liegt die Geburt des
keltischen Bogenschnörkelmotivs, des einzigen originellen Ornamentmotivs,