137 Niniveh. 138
oder von der Seite gesehen, immer die volle
Zahl von vier Füssen zu zeigen.
Endlich ist noch zu erwähnen, dass sich in
einem der Gemächer dieses kleinen Tempels
eines der so überaus seltenen Beispiele einer
Assyrischen Freiskulptur vorfand: es ist die 34
4“ hohe Statue des Königs aus festem Kalk-
stein, ohne Tiara und ohne Kopfbinde, in der
Rechten eine Sichel, in der Linken den heili-
gen Stab, im Uebrigen in Haltung und Gewand
den Figuren am Eingang des grossem Tempels
entsprechend.
Der Süd-West-Palast und das Süd-Ost-
Gebäude.
Der Süd-West-Palast ist nächst demjenigen
des Senacherib der grösste der Ninivitischen
Paläste. Er misst von Norden nach Süden
340 Fuss, und von Osten nach Westen 213
Fuss. Von Süden her führte eine grosse Treppe
auf die Hauptfagade zu, und hinter dieser lag
die Haupthalle, die aber durch eine der Länge
nach laufende Quermauer in zwei Parallelhallen
abgetheilt war. Da diese beiden Hallen, als
Ein Ganzes gedacht, breiter sind als alle andern
Assyrischen Sääle, nämlich 60 Fuss, so liegt
es nahe, zu denken, dass die Scheidewand in
der Mitte als Stützmauer für die Deckenbalken
oder die Gewölbe aufgeführt war. Hier fand
man auch — als Piedestale für Säulen oder für
Altäre — Sphinxen: Löwenleiber mit mensch-
lichen Köpfen, auf denen die königliche Tiara
sass. Diese Sphinxen hatten keine Andeutung,
ob sie männlich oder weiblich seien; der Leib
zeigte keine Brüste, der Kopf keinen Bart; viel-
leicht waren sie geschlechtlos gedacht.
Mitten durch die grosse Haupthalle und
durch die sie theilende Quermauer hindurch füh-
ren drei Pforten nach dem Hofraum. Der Durch-
blick durch diese drei von Flügellöwen und
Flügelstieren flankirten Portale muss grossartig
gewesen sein. Aber gerade hier hatte das Feuer
mit besonderer Heftigkeit gewüthet: die Skulp-
turen waren arg beschädigt, zum Theil ganz
verkalkt, und diese ganze Partie des Gebäudes
musste unter einem Haufen Holzkohle hervor-
gegraben werden.
Der Hofraum, in den man aus dieser Ein-
gangshalle gelangt, ist von kolossalen Dimen-
sionen. Er hat 200 Fuss Länge und 700 Fuss
Breite. Um denselben herum liegen lauter abge-
schlossene Gemächer, was auf die Vermuthung
führt, der Süd-West-Palast möchte ein Tempel
gewesen sein; der grosse Hof würde dann für die
Opfer und die Prozessionen, die dahinter lie-
genden Gemächer aber zur Aufbewahrung der
Tempelschätze und zu Priesterwohnungen ge-
gedient haben.
Der unterste Theil des Süd-West-Palastes
liegt höher als der oberste (erhaltene) des
Nord-West-Palastes. Layard vermuthete da-
her, er möchte über den Trümmern eines an-
dern Gebäudes aufgeführt sein, und grub nach
den Fundamenten. Da fand er denn zwanzig
Fuss unter der Oberfläche ein viereckiges Loch,
in dem verschiedene kleine Köpfe aus unge-
branntem Thon von dunkelbrauner Farbe la-
gen. Sie hatten Bärte und spitzige Mützen, und
waren ohne Zweifel Götterbilder, die man zum
Schutz des Baues in seinem Fundamente nieder-
gelegt hatte. Eine ähnliche Entdeckung machte
man zu Khorsabad unter den Platten zwischen
den Stieren am Eingangsthor.
Die grosse Eingangshalle sowohl als der Hof-
raum boten einen befremdenden Anblick: sie
waren sämmtlich mit skulpirten Marmorplatten
ausgelegt. Aber diese Reliefs passten nirgends
aneinander, waren zum Theil gegen die Wand
gekehrt, und zum Theil abgemeisselt. Die V er-
gleichung der erhaltenen Bildwerke aber ergab,
dass die Mehrzahl mit denjenigen des Nord-
W est-Palastes übereinstimmte, die andern aber
aus dem Zentralpalast stammten, der, wie
wir gesehen haben, als Steinbruch für einen
Neubau benützt, und darum zerstört worden
war. Eine Inschrift belehrt uns, dass dies
von Assarhaddon, dem Sohne des Senacherib,
des Sohnes des Saigon geschehen war, der im
VII. Jahrhundert regierte und der Vater des
letzten Sardanapal war. Da nun also dieser Süd-
West-Palast, — dem derjenige des Salmanassar
und des Tiglat-Pileser geopfert wurde, — ehe
ei’ zur Vollendung kam, in Flammen aufgieng,
so lag der Schluss nahe, hier habe Sardana-
pal bei der Eroberung Ninivehs seinen Tod ge-
oder von der Seite gesehen, immer die volle
Zahl von vier Füssen zu zeigen.
Endlich ist noch zu erwähnen, dass sich in
einem der Gemächer dieses kleinen Tempels
eines der so überaus seltenen Beispiele einer
Assyrischen Freiskulptur vorfand: es ist die 34
4“ hohe Statue des Königs aus festem Kalk-
stein, ohne Tiara und ohne Kopfbinde, in der
Rechten eine Sichel, in der Linken den heili-
gen Stab, im Uebrigen in Haltung und Gewand
den Figuren am Eingang des grossem Tempels
entsprechend.
Der Süd-West-Palast und das Süd-Ost-
Gebäude.
Der Süd-West-Palast ist nächst demjenigen
des Senacherib der grösste der Ninivitischen
Paläste. Er misst von Norden nach Süden
340 Fuss, und von Osten nach Westen 213
Fuss. Von Süden her führte eine grosse Treppe
auf die Hauptfagade zu, und hinter dieser lag
die Haupthalle, die aber durch eine der Länge
nach laufende Quermauer in zwei Parallelhallen
abgetheilt war. Da diese beiden Hallen, als
Ein Ganzes gedacht, breiter sind als alle andern
Assyrischen Sääle, nämlich 60 Fuss, so liegt
es nahe, zu denken, dass die Scheidewand in
der Mitte als Stützmauer für die Deckenbalken
oder die Gewölbe aufgeführt war. Hier fand
man auch — als Piedestale für Säulen oder für
Altäre — Sphinxen: Löwenleiber mit mensch-
lichen Köpfen, auf denen die königliche Tiara
sass. Diese Sphinxen hatten keine Andeutung,
ob sie männlich oder weiblich seien; der Leib
zeigte keine Brüste, der Kopf keinen Bart; viel-
leicht waren sie geschlechtlos gedacht.
Mitten durch die grosse Haupthalle und
durch die sie theilende Quermauer hindurch füh-
ren drei Pforten nach dem Hofraum. Der Durch-
blick durch diese drei von Flügellöwen und
Flügelstieren flankirten Portale muss grossartig
gewesen sein. Aber gerade hier hatte das Feuer
mit besonderer Heftigkeit gewüthet: die Skulp-
turen waren arg beschädigt, zum Theil ganz
verkalkt, und diese ganze Partie des Gebäudes
musste unter einem Haufen Holzkohle hervor-
gegraben werden.
Der Hofraum, in den man aus dieser Ein-
gangshalle gelangt, ist von kolossalen Dimen-
sionen. Er hat 200 Fuss Länge und 700 Fuss
Breite. Um denselben herum liegen lauter abge-
schlossene Gemächer, was auf die Vermuthung
führt, der Süd-West-Palast möchte ein Tempel
gewesen sein; der grosse Hof würde dann für die
Opfer und die Prozessionen, die dahinter lie-
genden Gemächer aber zur Aufbewahrung der
Tempelschätze und zu Priesterwohnungen ge-
gedient haben.
Der unterste Theil des Süd-West-Palastes
liegt höher als der oberste (erhaltene) des
Nord-West-Palastes. Layard vermuthete da-
her, er möchte über den Trümmern eines an-
dern Gebäudes aufgeführt sein, und grub nach
den Fundamenten. Da fand er denn zwanzig
Fuss unter der Oberfläche ein viereckiges Loch,
in dem verschiedene kleine Köpfe aus unge-
branntem Thon von dunkelbrauner Farbe la-
gen. Sie hatten Bärte und spitzige Mützen, und
waren ohne Zweifel Götterbilder, die man zum
Schutz des Baues in seinem Fundamente nieder-
gelegt hatte. Eine ähnliche Entdeckung machte
man zu Khorsabad unter den Platten zwischen
den Stieren am Eingangsthor.
Die grosse Eingangshalle sowohl als der Hof-
raum boten einen befremdenden Anblick: sie
waren sämmtlich mit skulpirten Marmorplatten
ausgelegt. Aber diese Reliefs passten nirgends
aneinander, waren zum Theil gegen die Wand
gekehrt, und zum Theil abgemeisselt. Die V er-
gleichung der erhaltenen Bildwerke aber ergab,
dass die Mehrzahl mit denjenigen des Nord-
W est-Palastes übereinstimmte, die andern aber
aus dem Zentralpalast stammten, der, wie
wir gesehen haben, als Steinbruch für einen
Neubau benützt, und darum zerstört worden
war. Eine Inschrift belehrt uns, dass dies
von Assarhaddon, dem Sohne des Senacherib,
des Sohnes des Saigon geschehen war, der im
VII. Jahrhundert regierte und der Vater des
letzten Sardanapal war. Da nun also dieser Süd-
West-Palast, — dem derjenige des Salmanassar
und des Tiglat-Pileser geopfert wurde, — ehe
ei’ zur Vollendung kam, in Flammen aufgieng,
so lag der Schluss nahe, hier habe Sardana-
pal bei der Eroberung Ninivehs seinen Tod ge-