völlig isoliert. Rechts erhebt sich eine gerade, hohe Palme mit hängen-
den Früchten, nach denen das Kind greift. Links steht ein Laubbaum
mit schirmartig übereinander stehenden Blattbündeln.
Ebenfalls zwei Bäume bringt das Relief an der Domfassade von
Orvieto112). In knapper Form schließen sie die Flucht von beiden
Seiten ein, eingegliedert in den Rhythmus des ornamentalen Ranken-
werks, das die einzelnen Szenen umspinnt.
Auch das romanische Kapitell von St. Lazaire in Autun119)
flankieren zwei Fruchtbäume. Die aus den Blattkelchen hervorquellen-
den Fruchtstände ruhen zu je dreien auf Blätterkissen und neigen sich
beiderseitig dem Kinde zu, ohne indeß beachtet zu werden.
Auch die Elfenbeinschnitzerei kennt den stilisierten, ornamental
behandelten Wunderbaum: Auf einem Elfenbeinkästchen im Louvre32)
aus dem 9.11 0. Jahrh. krümmt er sich staudenartig hinter den Rücken
der Fliehenden, nach oben in drei Gebilde auslaufend, die entweder
Blätter oder Früchte darstellen sollen.
Ein sehr schönes Stück ist das Elfenbeintäfelchen fränkischer Her-
kunft — vielleicht in Bamberg zu lokalisieren — im Museo Nazionale
in Florenz, vom Anfang des 13. Jahrh.47).
Ganz rechts, nahe dem Bildrande und in der Mitte der Tafel
erheben sich schlanke Stämme, deren unterste Aeste, leichtgeschwun-
gen, den oberen Bildraum ausfüllen, eine Art Pforte bildend, durch
die die Familie der Stadtarchitektur links entgegenzieht. Vom mittel-
sten Baum neigt sich ein Zweig herab und bietet seine Früchte dem
Kinde, das, von der Mutter gehalten, hurtig danach greift.
Ein französisches Diptychon vom Ende des 1 4. Jahrh. im Victoria
und Albert Museum in London120) zeigt an der gleichen Stelle wie
das Pariser Kästchen einen niederen Baum mit dreigeteilter Krone.
Diese Vorliebe für die Dreizahl bei der Einzelgestaltung des
Wunderbaumes, wie wir sie auf dem Kapitell von Autun, bei dem
rechten Baum des Orvieto-Reliefs und den Miniaturen der Münchener
Psalter von St. Erentrud und Polling kennen gelernt haben, muß auf-
fallen. Ihr liegt wohl eine symbolische Bedeutung zu Grunde121).
Wir haben gesehen, wie auf den frühen Darstellungen der Baum
als stilisierte Naturform Symbol für das Wunder war. Mit Beginn des
1 4. Jahrh. tritt eine Verschiebung insofern ein, daß mit der aufkom-
menden Landschaftsdarstellung sich die Notwendigkeit ergibt, den
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den Früchten, nach denen das Kind greift. Links steht ein Laubbaum
mit schirmartig übereinander stehenden Blattbündeln.
Ebenfalls zwei Bäume bringt das Relief an der Domfassade von
Orvieto112). In knapper Form schließen sie die Flucht von beiden
Seiten ein, eingegliedert in den Rhythmus des ornamentalen Ranken-
werks, das die einzelnen Szenen umspinnt.
Auch das romanische Kapitell von St. Lazaire in Autun119)
flankieren zwei Fruchtbäume. Die aus den Blattkelchen hervorquellen-
den Fruchtstände ruhen zu je dreien auf Blätterkissen und neigen sich
beiderseitig dem Kinde zu, ohne indeß beachtet zu werden.
Auch die Elfenbeinschnitzerei kennt den stilisierten, ornamental
behandelten Wunderbaum: Auf einem Elfenbeinkästchen im Louvre32)
aus dem 9.11 0. Jahrh. krümmt er sich staudenartig hinter den Rücken
der Fliehenden, nach oben in drei Gebilde auslaufend, die entweder
Blätter oder Früchte darstellen sollen.
Ein sehr schönes Stück ist das Elfenbeintäfelchen fränkischer Her-
kunft — vielleicht in Bamberg zu lokalisieren — im Museo Nazionale
in Florenz, vom Anfang des 13. Jahrh.47).
Ganz rechts, nahe dem Bildrande und in der Mitte der Tafel
erheben sich schlanke Stämme, deren unterste Aeste, leichtgeschwun-
gen, den oberen Bildraum ausfüllen, eine Art Pforte bildend, durch
die die Familie der Stadtarchitektur links entgegenzieht. Vom mittel-
sten Baum neigt sich ein Zweig herab und bietet seine Früchte dem
Kinde, das, von der Mutter gehalten, hurtig danach greift.
Ein französisches Diptychon vom Ende des 1 4. Jahrh. im Victoria
und Albert Museum in London120) zeigt an der gleichen Stelle wie
das Pariser Kästchen einen niederen Baum mit dreigeteilter Krone.
Diese Vorliebe für die Dreizahl bei der Einzelgestaltung des
Wunderbaumes, wie wir sie auf dem Kapitell von Autun, bei dem
rechten Baum des Orvieto-Reliefs und den Miniaturen der Münchener
Psalter von St. Erentrud und Polling kennen gelernt haben, muß auf-
fallen. Ihr liegt wohl eine symbolische Bedeutung zu Grunde121).
Wir haben gesehen, wie auf den frühen Darstellungen der Baum
als stilisierte Naturform Symbol für das Wunder war. Mit Beginn des
1 4. Jahrh. tritt eine Verschiebung insofern ein, daß mit der aufkom-
menden Landschaftsdarstellung sich die Notwendigkeit ergibt, den
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