Etwas Idyllisches liegt in der der Pariser Sammlung Kann148).
Die Madonna sitzt, das Bild beherrschend, in der Mitte des Vorder-
grundes. Der landschaftliche Rahmen hat sich nach den Seiten hin
geweitet und beginnt seine Wertigkeit geltend zu machen. Joseph ist
wieder dargestellt. Er steht rechts auf einer niederen Anhöhe und
erntet mit Hilfe seines Stabes Früchte ein. Links schaut der Esel
träumerisch zwischen den Stämmen eines Haines hervor.
Aehnlich ist die erst kürzlich aufgetauchte Darstellung bei Dr.
Benedict & Co., Berlin146). Das Landschaftliche nimmt noch brei-
teren Raum ein. Die tiefe, weite Landschaft ist aufgegeben; zu
intimer Abgeschlossenheit zieht sich ein bewaldeter Hang hinter den
Ruhenden hin.
Auf dieser Linie der Entwicklung fortschreitend zeigt sich Adrian
Isenbrandt auf seinem Münchener Bilde140). Die Madonna, das lustig
in die Welt blickende Kind auf dem Schoße, sitzt ganz vorn, genau
in der Mitte. Streng im Aufbau, fast zu streng, gegenüber dem tausend-
fach belebten und bewegten Landschaftsrahmen, der hier, was seine
Bedeutsamkeit anbelangt, dem Figürlichen die Waage hält. Das Auge
gleitet in unendliche Tiefen, aufgehalten von bizarr geformten Felsen.
Der völlige Wandel wird in seinem Wiener Gemälde231) deutlich.
Die Rahmenlandschaft hat sich so geweitet, daß das Hochformat, das
bisher angewandt wurde, aufgegeben und dem Breitformat gewichen
ist. Die Landschaft beherscht die Darstellung.
Ganz nahe dem vorderen Bildrande sitzt ein Figürchen, genau so
geformt und gestaltet wie die mächtigen Madonnen der Kultbilder,
aber hier nur noch eines der vielen Einzelmotive, die das Bild ver-
eint, wenn auch an bevorzugtem Platze.
Auch die Ruhedarstellungen Joachim Patinirs zeigen diese Ent-
wickelung. Das verbrannte Stück der Sammlung v. Kaufmann172)
fußte noch auf der David’schen Tradition. Zwar hatte es Hochformat,
aber die umgebende Landschaft drängte sich vor, geschwätzig belebt
durch winzige Staffagefigürchen.
Die anderen „Ruhen“ in Berlin171), Madrid174) und besonders
die andere der Sammlung von Kaufmann150) zeigen die Gestaltung,
wie wir sie bei Isenbrandt kennen gelernt haben, vielleicht etwas ge-
steigert. Das Landschaftliche dominiert völlig, die Madonna ist nur
noch leicht betont, ihm eingegliedert.
Auch Joos van Cleve hat in die Landschaft seiner „Ruhe“ [um
1510, Brüssel147)] eine kultbildlich gefaßte Madonna gesetzt, in
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Die Madonna sitzt, das Bild beherrschend, in der Mitte des Vorder-
grundes. Der landschaftliche Rahmen hat sich nach den Seiten hin
geweitet und beginnt seine Wertigkeit geltend zu machen. Joseph ist
wieder dargestellt. Er steht rechts auf einer niederen Anhöhe und
erntet mit Hilfe seines Stabes Früchte ein. Links schaut der Esel
träumerisch zwischen den Stämmen eines Haines hervor.
Aehnlich ist die erst kürzlich aufgetauchte Darstellung bei Dr.
Benedict & Co., Berlin146). Das Landschaftliche nimmt noch brei-
teren Raum ein. Die tiefe, weite Landschaft ist aufgegeben; zu
intimer Abgeschlossenheit zieht sich ein bewaldeter Hang hinter den
Ruhenden hin.
Auf dieser Linie der Entwicklung fortschreitend zeigt sich Adrian
Isenbrandt auf seinem Münchener Bilde140). Die Madonna, das lustig
in die Welt blickende Kind auf dem Schoße, sitzt ganz vorn, genau
in der Mitte. Streng im Aufbau, fast zu streng, gegenüber dem tausend-
fach belebten und bewegten Landschaftsrahmen, der hier, was seine
Bedeutsamkeit anbelangt, dem Figürlichen die Waage hält. Das Auge
gleitet in unendliche Tiefen, aufgehalten von bizarr geformten Felsen.
Der völlige Wandel wird in seinem Wiener Gemälde231) deutlich.
Die Rahmenlandschaft hat sich so geweitet, daß das Hochformat, das
bisher angewandt wurde, aufgegeben und dem Breitformat gewichen
ist. Die Landschaft beherscht die Darstellung.
Ganz nahe dem vorderen Bildrande sitzt ein Figürchen, genau so
geformt und gestaltet wie die mächtigen Madonnen der Kultbilder,
aber hier nur noch eines der vielen Einzelmotive, die das Bild ver-
eint, wenn auch an bevorzugtem Platze.
Auch die Ruhedarstellungen Joachim Patinirs zeigen diese Ent-
wickelung. Das verbrannte Stück der Sammlung v. Kaufmann172)
fußte noch auf der David’schen Tradition. Zwar hatte es Hochformat,
aber die umgebende Landschaft drängte sich vor, geschwätzig belebt
durch winzige Staffagefigürchen.
Die anderen „Ruhen“ in Berlin171), Madrid174) und besonders
die andere der Sammlung von Kaufmann150) zeigen die Gestaltung,
wie wir sie bei Isenbrandt kennen gelernt haben, vielleicht etwas ge-
steigert. Das Landschaftliche dominiert völlig, die Madonna ist nur
noch leicht betont, ihm eingegliedert.
Auch Joos van Cleve hat in die Landschaft seiner „Ruhe“ [um
1510, Brüssel147)] eine kultbildlich gefaßte Madonna gesetzt, in
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