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Volkmann, Ludwig [Hrsg.]
Die graphischen Künste der Gegenwart (Band 3): Das moderne Buch — Stuttgart, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.37737#0766

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300

DIE NEUE BUCHKUNST

-I«

VORWORT
Diese Schrift hat zur Grundlage eine Rede, die
ich bei der Übernahme der Professur sür Kunst-
geschichte an der Großherzoglichen Technischen
Hochschule zu Darmstadt gehalten habe. Die
allgemeine, die methodische Frage war mir da-
bei die Hauptsache. Es kam mir daraus an, vor
Künstlern, in diesem Falle Architekten, zu ent-
wickeln, daß und warum wir Kunsthistoriker uns
vorläufig noch nicht überslüssig fühlen.
So erklärt es sich, daß in den Ausführungen
mehr die Art der Betrachtung als der Stoss im
einzelnen neu ist Wie weit es gerechtsertigt
war, eine solchergestalt bedingte Gelegenheits-
rede dennoch der Össentlichkeit zu übergeben,
wage ich selber nicht zu entscheiden.
Ich habe, wie ich hoffe gewissenhast, gebucht,
was ich anderen verdanke. Der Kundige wird
bald inne werden, wie viel ich darüber hinaus
den Schristen Schmarsows schuldig bin — nicht
im einzelnen, wohl aber im Verfolg seiner gan-
zen Betrachtungsweise, die auch die meine ge-
worden ist
WEIHNACHTEN 1904 R- KAUTZSCH

der bildenden Kunst 1
1 zu allen Zeiten mit sehr
schiedenen Augen an-
dren worden. So neig-
und neigen die Künstler
s dazu, auch alte Kunst
künstlerisch zu betrach-
. d. h. von den geschicht-
lichen Voraussetzungen, unter denen das einzelne
Werk entstanden ist, ganz abzusehen und seine
Eigenart lediglich aus künstlerischen Gesichts-
punkten zu erklären. Bötticher sah im Tempel
der Hellenen eine Schöpfung, die einmal, ein in
sich geschlossenes Ganze, in die Welt getreten
sei1). Böcklin leitet den Mangel an Relieswirkung
in den Bildern Giottos von dem weißenMalgrund
her, dessen sich der Künstler bediente*). Und
Adols Hildebrand erklärt die Eigenart der Figu-
ren Michelangelos so gut wie ausschließlich aus
dem künstlerischen Bedürfnis, den größtmög-
lichen Lebensgehalt in einer möglichst kompak-
ten Raumeinheit darzustellen: dieser künstleri-
sche Zusammenhang der Erscheinung wirke bei
seinen Werken so stark, daß die Bewegung als
von einem inneren Vorgang motiviert oder als
Ausdruck einer darzustellcnden Handlung sür den
Beschauer gar nicht mehr in Frage komme*).
Zweisellos, die rein künstlerische, im besten
Sinne ästhetische Betrachtungsweise muß der An-


Abb. 23. Rudolf Kautjsch, Die bildende Kunst und dasjenseits. Verlag von
Eugen Diederichs, ]ena 1905. Druck von Spamer in Leipzig. Größe des Sa^spiegels
87 mm breit, 142 mm hoch. Größe der Papierseite 139 mm breit, 196 mm hoch.
Verkleinerung 2:5.

Hamburg, Magdeburg, Krefeld muß gedacht werden. Sie haben durch Ausheilungen
und Vorträge das InterelTe für die Buchkunst bei den Fachleuten und im Publikum
zu erwecken und zu vertiefen lieh bemüht.
Soll es weiter glücklich vorangehen mit der deutschen Buchkunst, - und wir sind tro^
allem Erreichten noch weit entfernt von einer Blüte der Buchkunst, wie wir sie in
vergangenen Epochen, zu Gutenbergs, Kobergers, Dürers, Holbeins Zeiten in unserem
Vaterlande gehabt haben, - sollen wir wieder zu solcher Blütezeit im Buchgewerbe
kommen, so bedarf es vor allem des stetigen harmonischen Zusammenarbeitens der
drei Hauptfaktoren: Künstler, Drucker, Verleger. Denn nur dieser gemeinschaftlichen
und wechselseitigen Arbeit verdanken wir, daß wir in den lebten 15 jahren mit unserer
Buchkunst nach langem Stillstand wieder in eine Periode der Weiterentwicklung
gekommen sind.
 
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