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Volksgemeinschaft: Heidelberger Beobachter, NS-Zeitung für Nordbaden (3) — 1933 (Mai-Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 103-131 (2. - 31. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.70557#0161
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Dienstag, 16. Ma! 1933.


Deutschen Turnerschaft erst jetzt infolge deren
Umstellung auf die völkischen Richtlinien möglich
geworden sei.

Pg. Dr. Klein, der neue WSV.-Fiihrer.
Im Dortmunder Rathaus fand am Samstag
die a.o. Wahlversammlung des Westdeutschen
Spielverbandes statt. Notar Jersch, der langjäh-
rige Vorsitzende des WSV. trat zurück und an sei-
ner Stelle wurde der vor zwei Jahren aus dem
WSV.-Vorstand „ausgeschifste" bekannte Natio-
nalsozialist Dr. Klein zum Führer gewählt. Dr.
Klein hielt dann seine Antrittsrede, in der er
ausführte, wie es bisher im WSV. war und wie
es in Zukunft sein wird. Das Arierprinzip sei
eine Selbstverständlichkeit; kein Jude könne west-
deutscher Meister werden. Er forderte die Ver-
einsvertreter auf, das Ziel eines wahren Sport-
idealismus zu erreichen. Er wolle wieder den
reinen Amateurismus, im WSV. dürfe keinem
Spieler auch nur ein barer Batzen in die Hand
gegeben werden!
Ein Pressereferent des Sportkommissars.
Reichssportkommissar von Tschammer und
Osten hat den Redakteur des „Völkisch. Beobach-
ters", Breitmeyer, zu seinem Pressereferenten er-
nannt. In Zukunft sind nur von dem Presse-
referenten gezeichnete Erklärungen als amtlich
anzusehen.
Hitlergruh und Sportgruh müssen, einer Ver-
fügung des Sportkommissars der Rheinprovinz
zufolge, in Zukunft von den westdeutschen Spiel-
mannschaften vor Beginn und nach Beendigung
eines Spieles ausgebracht werden.

DFB-Elf gegen Glasgow Rangers.
Die deutsche Auswahlmannschaft, die am
Mittwoch in Berlin gegen die Glasgow Rangers
spielen wird, hat im Sturm einige Umänderun-
gen erfahren. Es spielt nun folgende Elf:
Riehl (Spandauer SV.); Emmerich, Brunke
(beide Tennis/ Borussia Berlin); Appel (Ber-
liner SV. 92, Leinberger (Kölner CfR.), Nor-
mann (Viktoria Berlin); Ballendat (Becl. LV.
92), Sobeck (Hertha/BSC.), Ronwedder (SV.
Eimsbüttel), Noack (Hamb. SV.), Kirsei Herrha/
BSE.).
Badens Meden-Mannschast.
Die badische Tennismannschaft, die am kom-
menden Wochenende in München die Medenspiele
der Zone D (Baden, Bayern, Thüringen und
Sachsen) bestreitet, wurde wie folgt aufgestellt:
Wetzel (Pforzheim), Dr. Butz (Mannheim),
Weihe (Freiburg), Hildebrand (Heidelberg),
Walch (Pforzheim), Kichgässer (Mannheim), und
Ernst (Pforzheim) als Ersatz. In den Doppel-
spielen werden voraussichtlich Dr. Butz/Kirch-
gässer, Wetzel/Walch und Weihe/Hildebrand an-
treten. ,
Der Deutsche Tennis-Bund hat zu den fran-
zösischen Meisterschaften vom 21. 5. bis 1. 9. in
Paris Gottfried v. Gramm und Lund, sowie die
Damen Cilly Nutzem und Hilde Krahwinkel ge-
meldet.

^er HH
Innsbrucker TB. in der DT.
Die Neuordnung der Deutschen Turnerschaft
führt nun auch zu Rückwirkungen auf das öster-
reichische Turnwesen. So hat der Innsbrucker
Turnverein, der einer der größten Turnvereine
Oesterreichs ist und bisher dem Deutschen Turner-
bund angehörte, den Austritt aus diesem durch-
geführt und beschlossen, sich dem Kreis Bayern
der Deutschen Turnerschaft anzuschlietzen. Dieser
Beschluß wurde einstimmig gefaßt. In der Be-
gründung wird ausgeführt, daß der Beitritt zur

Turner-Sturm bei MTV. München.
Um dem Wunsch vieler seiner Mitglieder
nachzukommen, die sich geschlossen in die Reihen
der nationalsozialistischen Partei eingliedern
möchten, in die Sturmabteilungen Adolf Hitlers,
hat der MTV. 1879 München, der zweitgrößte
Turnverein der Deutschen Turnerschaft, einen ei-
genen Turner-Sturm gegründet. Nachdem die
Genehmigung erteilt worden ist, ruft die Ver-
einsleitung alle Mitglieder auf zur Bildung
eines MTV.-SA.-Sturmes unter der Losung:
„Hitlergeist ist Jahngeist! Jeder MTVler ein SA.-
Mann!"


Zei'Imsr' Oevilsn

vom 13. Mai

(innerhalb 10
Juni ö,39 bis

dle
die
bis

KZUMWY?!«
Bremer Baumwolle 18,00.

kei'linei'
Berlin, 15. Mai. Elektrolhtkupfer cif Hannmrs, Bremen
oder Rotterdam 57,25 RM. Notierungen der Kommission
des Berliner BSrsenvorsiandss. — Origtnalhüttenalumi-
nimn in Blöcken iso RM., desgl. in Walj. oder Draht-
barren 161, Reinnickel 336, Antimon Regulus 39—41, Fein-
silber 1 Kg. fein 39—42. ,.

86e!
21.90
S.205
42.29
63.46
12.96
72.32
16.57
12.66
64.06
73.32
81.18
3.053
35.99
73.12
110.61
45.55

Berlin, 15. Mai. Die Börse war allgemein schtvaS, ohne
daß das Angebot besonders dringend war. Das Publikum
erschien überall als ASgeber, während sich die Spekulation
bolliommen zurückhielt. Man verweist nach wie vor auf
die angespannte außenpolitische Lage und die Ungewißheit,
in welchem Ausmaß die Zinsen für die Landwirtschaft her-
abgesetzt werden. Auch die angekündigts Einberufung einer
Glkubigerkonferenz aus den 25. Mai nach Berlin, in der
über die deutschen Privatschulden beraten werden soll, blieb
eindruckslos. Man erwartet, daß die Zinsen auf die Aus-
landsschulden infolge der Entwicklung der deutschen Devi-
senLilanz nur noch in Mark gezahlt werden. Im Zusam-
menhang mit den bevorstehenden Besprechungen zwischen
den deutschen und amerikanischen Mnanzkreisen ist es be-
achtenswert, daß in Amerika mit Unterstützung der Re-
gierung sine Vereinigung von Besitzern fremder Renten
gegründet werden soll, die bei einer Zustimmung von 60
Proz. der Bondsbesitzer bindende Abkommen mit dem
Schuldner treffen kann, ohne daß, wie bisher möglich,
einzelne Obligationärs protestieren. Besonders uner-
freulich War heute das Angebot in Renten. Reichsschuld-
buchsorderungen wurden mit 79,75 nach 80,37 notiert. Alt-
besitz verloren 1 Proz., Neubesitzanlethen wurden bis zum
Kasialurs ausgesetzt. Krupp-Obligationen verloren IA,
Der. Stahl-Obligationen 1(4. Reichsbahnvorzugsaktien
konnten sich dagegen behaupten. Am Aktienmarkt waren
dis Werte der Salzdetfurth-Gruppe erneut 3—4 Proz.
schwächer. Auch der Montan« und Elektromarkt lag schwach.
Der. Stahl verloren 1s4, Gelsenkirchen 1, Mannesmann
m. Rheinstahl 2^, Kohlenaktien waren bis 314 Proz.
schwächer. In Farben 125 bis 124,5 (126,25) wurden etwa
150 000 RM. nmgesetzt. Schiffahrtswerte waren behaup-
tet. Nur Lamburg-Süd ca. 30 nach 35,75. Conti Gummi
verloren M. Befestigungen hatten Chads, Dortmunder
Union Brauerei, Polyphon und Eleltr. Schlesien auszuwei-
fsn. Berger waren 6 Proz., niedriger.
Tagesgeld erforderte 4^ Proz. Der Dollar war mit
S,gM gegen London etwas fester, auch die Marl kam
mit 14,53 etwas höher als in der Vorwoche.
Unter dem Eindruck der außenpolitischen Lage kag
Börse erneut schwächer. Westeregeln verloren auf
Bekanntgabe der Dividcndenkürzung aus 5 Prozent
auf 129 Prozent. Farben notierten 127, Waldhos 53 Pro-
zent. Bank« und Versicherungswerts lagen unverändert.
Der Renienmarkt war gleichfalls lustlos. Altbesitz gingen
auf 75 zurück, Goldpfandbriefs gaben um 14 Prozent nach.
6 Proz. Baden Staat 84, 7 Proz. Heidelberger Stadt —, 8
Proz. Ludwigsh. Stadt 70, Mannh. Ablös. 66, 8 Proz.
Mannh. Stadt 77, 8 Proz. Pfalz. Hhp. Goldvfdbr. 88.5,
8 -.Proz. Rhein. Hyp.-Gotdpfdbr. 85.5, 6 Proz. Farben-
Bonds 112- Bremen Besigheim 78, Brown Bovsri 26, Le-
ment Heidelberg 80, Daimler Benz 30.5, Dt. Linoleum 49,
Durlacher Hof 52, Eichbaum Werger 75, Enzinger Union
75, Farben 127, 10 Proz. Grobkraft Mhm. 106, Kleinlein
—, Knorr 195, Konserven Braun 20, Ludwigsh. Aktienbr.
70 Mez 50, Pfalz. Mühlenwcrle 73, Pfälz. Preßhefe 82,
Rheinslektra 98, dto. Vorzugsaktien 91, Rheinmllhlen —,
Schwartzstorchen 83, Ssilwolsf 23, Sinner 71, Südd. Zucker
168, Ver. d. Oelfabriken 87, Westeregeln 129, Zell. Wald-
hos 53 f Bad. Bank 107, Dedi-Banl 63, Commerzbank 52.25,
Dresdner Bank 60.75, Pfälz. Hhp.-Bank 78, Rhein. Hyp.«
Bank 100; Bad. Assecuranz —, Mannh. Vers. 23 Württ.
Transport 40, Ludwigsh. Walzmühlö 30, Altbesitz 75, Neu-
.hesitz.12.^ - -—.,-r - --


Eeilms«' pi-oÄMsnbsi'le
Berlin, 15. Mai. Welzen, märk. 198-206; Mai 212-213;
Juli 215,5—217 Geld. Tendenz: fest. — Roggen, mark. 154
bis 156; Mat 108,75-170,25; Juli 170,25—170,75 Geld. Ten-
denz: fester. — Gerste, ab märk. Stat.: Futtergersts 168
bis 176. Tendenz: ruhig. — Hafer, märk. 135—138. Mai
t40,5—141 Geld; Juli bis 149. Tendenz: sofort fester. —
Weizenmehl 23,25—27,5. Tendenz: gefragter. — Roggenmehl
21—23. Tendenz: gefragter. — Weizenkleie: 8,8—9,0. Ten-
denz: stetig. — Noggenkleie 8,9—9 10. Tendenz: stetig. —
Viktoriaerbsen 20,5—25,5; Speiseerbsen IS—2t; Futtererbsen
13—15; Peluschken 12,25-14; Ackerbohnen 12-14; Wicken
12—14; Lupinen blau 9,3—10,1, gelb 11,9—12,75; Seradella
16,5—18; Leinkuchen 10,8 sxll. Mon.; Erdnußknchen 10,8;
Erdnußluchenmehl 11,5 erkl. Mon.; Trockenschnihcl 8,6; ex-
trah. Sohabohuenschrot 9,3 exkl. Mon.,- dto. 10,15 exkl.
Mon.; Kartosselslocken 13,10.
^SFösdui'zei' luckei'noiiLi'unZ
Magdeburg, 15. April. Weißznckcr, einschl. Sack und
Verbrauchssteuer für 50 Kg. brutto sür netto ab Verlade-
stelle Magdeburg). Mai 32,25, Juni 32,40
Tagen). Tendenz: ruhig. — Mai 5,30—5,0;
5,0; Juli 5,40—5,20. Tendenz: ruhig.

Oelä
Lrisk
K 0e!S
Lusn.-^!r.
0.853
0.857
Italien
21.86
kanaäa
3.147
3 153
-lugoslavisn
5.195
Konstantin
2.088
2 042
koren 0
42.21
lapan
0.869
0.871
kopsnbagen
68 34
Kairo
14.585
14,625
Lissabon
12 94
Lonäan
! 4.205
14.245
Oslo
72 18
Useez-orlr
3.606
3 614
Laris
16.53
kio 60 Ian.
0.239
0.241
krag
12 64
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1.648
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Island
63 94
Amsterdam
169.08
16942
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73.18
Dibell
2.421
2.482
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81.02
Lrüsssl
58.45
58 57
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2.488
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3S.91
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82.88
ltsvat
110.39
6.274
6.286
Wien
45.45

Mannheimer Produktenbörse
vom 15. Mai
Die Forderungen für Weizen sind im all-
gemeinen etwas höher; der Konsum ist aber
zu erhöhten Preisen noch immer zurückhal-
tend. Im nichioffiziellen Verkehr hörte man
vormittags waggonfrei Mannheim per 100
Kilogramm folgende Preise: Weizen inl.
21.75— 21,90, Roggen inl. 17,40, Hafer inl.
14.75— 15, Sommergerste 19—19,50, Futter-
gerste 17,50, Plaiamais 20,50, Biertreber
11,80—12, Weizenmehl spez. Null mit Aus-
kauschweizen 31,25—31,50, Weizenauszugs-
mehl dito 34,25—34,50, Weizenbrotmehl dito
23,25—23,50, Roggenmehl nordd. 23—24,
dito pfälz. und südd. 24—25, Weizenkleis fein
7,75, Erdnutzkuchen 11,50—11,75.
Weinheimer Schweinemarkk.
Zufuhr 371 Stück, verkauft 318 Stück.
Preise: Milchschweine 12—17, Läufer 18—25
Reichsmark pro Stück. Markkverlauf gut.

RnnKfunt-Vvogvamm
für Dienstag, den 16. Mai 1933.
Mühlacker: 7.10 Frühkonzert. 10 Nachrichten.
10.10 Arien von Händel. 11.58 Weiterberichi.
.12 Konzert. 13.18 Z.N.W. 14 Konzert. 14.30
Englisch. 16.30 Konzert. 17.48 Z.W.L. 18.28
Vortrag: Der deutsche Segelflug und das
Ausland. 18.80 Z.N. 19 „Stunde der Na-
tion". Die Thomaner singen. 20 Stunde der
Wehrmacht. 20.30 Operettenkonzert. 22.13
Z.N.W. 22.46 Nachtmusik.
München: 7 Frühkonzert. 12 Mitiagskonzert.
13.13 Aus Meisterwerken. 14.40 Konzsrtstun-
de. 16.06 Plauderei: Wie machen es die Ta-
schendiebe. 16.30 Konzert. 17.46 Rätsel einer
Kllnstlerseele. Vortrag zum 400. Todestag
von Veit Stoß. 19 „Stunde der Nation".
20.06 Der Jahrmarkt von Sorotschintzi. Oper.
21.43 Kaukasische Komödie. Oper von War-
tisch.
Königsumsterhausen: 12 Operettenmelodien. 14
Schallplattenkonzert. 17.33 Kammermusik.
18.03 Schrammelmusik. 19 „Stunde der Na-
tion". 20 Die Hochzeitsreise. 21.10 Militär-
Blaskonzert aus Oldenburg. 23 Konzert.

Der Kampf
gegen den Bolschewismus als Welkgesahr ist
praktisch em Kampf für einen reichgeglieder-
ten, organisch aufgebauken Volksskaak, der im
Bauerntum sein Fundament, im Mittelstand
aber die Brücke besitzt, über die tüchtige ein-
zelne Menschen sich langsam zu höheren Sin-
sen emporarbeiten können. Adolf Hitler.

Hauptschriftleiter Dr. W. Kattermann.
Verantwortlich für Innenpolitik: Dr. W. Kattermann; für
Außenpolitik, Feuilleton und Roman: V. Seeger-Kelbe; für
Badische Politik, Eemeindepolitik, Bewegungsleil und „Stadt
Mannheim": W. Ratzel; für unpolitische Nachrichten, „Stadt
Heidelberg" und Sport: Ueberle; für Anzeigen Heidelberg:
Hammer; für Anzeigen Mannheim: K. Ott. Sämtliche in
Heidelberg. (W. Ratzel, K Oll in Mannheim.) Sprech-
stunden der Redaktion: täglich 17—18 Uhr.
Druckerei Wiuter. Heidelberg.

'13. Fortsetzung "-. .. .
Immer noch ging ich neben dem
Ariilleriewagen, der ein Totemvagen
gewor-den war.''' Gehörte ich dazu? Den
Fähnrich von Lankwitz hatte ich nie gekannt,
ich gab ihm «dennoch das Geleit. Denn ein
Orakel ging von seiner Verwesung aus, eine
labyrinthische Lehre strömte in mich rin: Ma-
nes Himmerod, nie wirst du weise werden.
Dieser siebzehnjährige Junge starb, weil er
nicht in tue Knie gehen wollte. Kannst du ihn.
der unfertig war, noch schimpfen? Nichts ist
einfach in der Welt, jeder Ehrliche ist im
Recht, jcöer Kämpfende hat sein Ziel!
Wieder stockte der tausendfältige Troß, am
Dom strömten die Heere dreimal ineinander,
denn die Rheinbrücke war nahe. Mörser ka-
men, plump wie Elefanten, drohend wie heiße
Vulkane. Wo sie, von fauchenden Treckern ge-
zogen, die Pflasterungen und Asphaltflächen
mit ihren Rädern aufrissen, dort klirrten die
Fenster in den Häusern. Fiel ein Pferd er-
schöpft zusammen, schleppten zwanzig Fäuste
den Kadaver zur Seite. Brach die Achse eines
Wagens, riß man das Gefährt aus der Bahn
und ließ es gleichgültig liegen. Seltsame Mo-
ränen zeichneten die Spur dieses Gletschers,
und doch ging ein Wille von seinen Menschen
aus, vielleicht ein Glaube.
Noch einmal: „Das Ganze halt!"
Zehn Schritte vor mir stand wieder der grei-
se General, der jetzt seine Mütze lüftete, um
.sich die Schläfen zu kühlen. .Ein Kanonier
zupfte ihn am Aermel: „Genosse General, soll
ich ein Pferd holen?"
„Danke, mein Sohn, ich brauche kein Pferd!"
Da der Greis taumelte, lief ich zu ihm:
„Darf ich Eurer Ezellenz einen Stuhl besor-
gen?"
„Danke, mein Sohn, ich brauche keinen
Stuhl!"
Die Stimme des Alten wehte mir kühl ent-
gegen, als käme sie aus einer Gruft. Und der
General blieb stehen, gemeißelt wie ein Denk-
mal, Sie Fäuste am Säbelkorb, die Augen aufs
Pflaster gerichtet. Dann galoppierten drei
Husaren an den Geschützkolonnen vorbei, bis
sie ihre Pferde vor dem Steinernen bremsten:
wGraf von Lankwitz,. Hurra!"

' Keiner von den Kanonieren blieb stumm,
alle stimmten mit ein, auch der Dreiste, der
Sen Alten einen Genossen genannt hatte. Der
General war Vater gewesen, Vater des toten
Fähnrichs auf dem Munitionswagen.
Graf von Lankwitz dankte mit winkender
Hand, und als sich der Troß wieder bewegte,
ging er weiter, immer noch stumm, einen
schmalen Schritt vor den andern setzend.
Auf der Dombrücke wehten deutsche Fahnen,
der Ehrenbogen duftete nach harzigen Tannen,
— wie lange hatte wir keine grünen Neste
mehr gerochen. Offiziere der Kölner Garnison
säumten den Weg auf der Brücke, immer wie-
der riefen sie, schon heiser geworden, in die
Kolonnen, die Pferde müßten geführt werden,
die Truppen Hätten ohne Tritt zu marschieren.
Wer hinter sich blickte, sah Soldaten. Auf der
Hängebrücke rechts von uns kroch ein zweiter
Lindwurm gepanzerten Kriegsvolks, und da
der Rhein von Emmerich bis Straßburg viele
Brücken hatte, mußte sich zur Stunde Gewal-
tiges ereignen. Der lehmig gelbe Fluß strömte
unter uns fort, übermorgen würde er dem
Meere alles erzählen. Doch das Strömen des
Wassers nahmen die Soldaten in sich auf, die
auf zitternden Bohlest heim wollten.
4. "
Weib über Bord -"
Ich dünkte mich ziellos und suchte dennoch
ein Gewinnen, obzwar alles verloren schien.
Ich blieb im Heereszuge, war mit den Kame-
raden von der Artillerie schon auf der Deutzer
Rampe, als etwas Seltsames geschah: Die
; Menschen am Straßensaum achteten der Heim-
s kehrer nicht mehr. Ihre Ohren gehorchten
tt einem Aufschrei, der allen Lärm überklungen
hatte.
Ein Husar, Ser im hohen Sattel ritt, schln
mich auf die Achselklappen: „Du, ein Frauen
zimmer ist ins Wasser gesprungen!"
Ich quetschte mich durchs Gewühl, aus de-
Menschen waren feile Gaffer geworden, ö;
mich ärgerten. Auf wen war noch Verlaß'
Ich stürzte eine splittrige Holztreppe hinunter,
sprang auf die Ufermauer, rutschte zum Lein-
pfad hinab: In den Wellen kämpfte ein jun-
gcs Weib, am Ufer schrie und zeterte die

Masse. Kein Boot in der Nähe, kein Staken auf
dem Werftsaum, kein gnädiger Rettungsring
am Geländer, nur Neugierige, nur erstarrte
Gesichter ohne Erbarmen. „Sie ist schon unter-
gegangen", jammerte ein Kleinmütiger. „Sie
taucht wieder auf", schrie ein anderer.
Ich schleuderte Mütze, Mantel, Stiefel und
Rock von mir, nie war ich törichter gewesen.
Und rannte noch hundert Meter stromab, sprang
ins Wasser, sah das Mädchen wieder hochkom-
men, wühlte mich in seine Nähe. Ich wußte, §
daß mein Beginnen vergeblich war; denn das
Wew wurde )chon wieder vom Strudel ver-
schluckt, ich tauchte nach, griff mit der Faust in
ein Bündel Haare, zerrte meine Bente ans
Ufer. -
Wie sollte das Opfer noch leben, da ich selber
kraftlos auf die glitschigen Steine kroch. Ein
Glück, daß das User an dieser Stelle durch
einen Zaun geschützt war. Nur ein Polizist
kam, ein Fischer folgte, die Gaffenden mußten
hinter den Brettern bleiben. Wir legten das
junge Weib auf den Bauch, ich riß seine Beine
senkrecht hoch, — grünes Wasser schoß aus
Nase, Mund und Ohren. Dann wälzten wir
den triefenden Leib wieder auf den Rücken,
streckten und beugten die Arme der Leblosen
wohl fünfzigmal nach oben, wohl fünfzigmal
nach den Seiten: Die Ertrunkene kam nicht
wieder zu Atem, und als ich mein Ohr auf ihre
nasse Brust legte, vernahm ich kein Pochen
mehr.
„Tot", sagte der Fischer und zog seine Mütze.
Der Polizist lief fort, einen Wagen zu holen, r
Ein kleiner Junge kam über den Zaun ge-
klettert. Als ich den Bengel vertreiben wollte,
-,eigte er mir meine Kluft. Mütze, Nock und
Mantel brachte er lachend zurück und sagte, die
Ztiefel seien schon gestohlen worden!
Ich deckte den Mantel über die Leiche, um
Ne Gaffer auf der Rampe und hinter den Ast-
ochern zu verjagen. Immer noch zogen Trup-
pen über die Brücke. Sie würden noch Tage
md Wochen so ziehen. Und neue Musik klirrte
auf: Ei warum, ei darum, ei bloß wegen dem
Zchingdarassa... -4
Zu meinen Füßen lag eine Tote. Was galt
ein Toter-N " '

" Der Fischer entkorkte seine' Schnapsslasche:
rieb mit dem Aermel über den Hals: „Kame-
rad, trink, du holst dir sonst 'nen Pips!" ^ 4
Ich soff die halbe Pulle weg, das Zeug
schmeckte nach keimenden Kartoffeln. Ter
Fischer fragte noch: „Lecker?",'
Ich sagte: „Herrlich
(Fortsetzung folgt.)'
-o-
Vom Büchertisch.
Westermanns Monatshefte.
Zum 30. Todestage der Malwida von Mey-
senbug bringen Westermanns Monatshefte
einen Cedenkbeitrag von Marie Silling. Die
Verfasserin der „Memoiren einer Idealistin" hat
durch ihr Leben und Wirken das Beispiel einer
hohen erzieherischen Persönlichkeit gegeben. Sie
war befreundet mit Richard Wagner, Nietzsche,
Romain Rolland, aus deren Schaffen sie großen,
zum Teil entscheidenden Einfluß^ausgeübt hat.
Dora Hansmann-Franken schreibt über „Schla-
fende Geschichten im Moor" und schildert seine
Entstehung, seine Erscheinungsformen, seine Kul-
tur und seine Vegetation, Diese Abhandlung
wird besonders bei den Freunden des Moores
großes Interesse finden. Ueber das Reichseyren-
mal berichtet der Kunstschriftsteller Carl Meiß-
ner, Berlin. Die eingeslochtenen vielen Abbil-
dungen geben dem Beschauer die Möglichkeit,
selbst Stellung zu den Entwürfen zu nehmen.
Viele ein- und mehrfarbige Kunstblätter und
Einschaltbilder vervollständigen den reichen In-
halt des Heftes, so daß auch diese Nummer wie-
der einen ausgezeichneten Querschnitt deutscher
Kultur, Literatur und Kunst gibt. — Unsere Le-
ser erhalten durch ein Abkommen von dem Ver-
lag Westsrmann in Braunschweig auf Wunsch ge-
gen Einsendung der Portogebühr von 30 Psg.
in Briefmarken kostenlos und unverbindlich ein
früher erschienenes Probeheft dieser wertvollen
Zeitschrift mit etwa 100 Seiten Text, 8 Kunst-
beilagen und vielen ein- und mehrfarbigen Bil-
dern. Wir empfehlen, von dieser Vergünstigung
recht regen Gebrauch zu machen.
 
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