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Volksgemeinschaft: Heidelberger Beobachter, NS-Zeitung für Nordbaden (3) — 1933 (Mai-Juni)

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Nr. 132-157 (1. - 29. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.70557#0320
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Spieß und erklären ihm: Wir merken, daß
man unsere Stoßkraft abschwächen könnte, indem
man unzählige Aederchen bildet, in die man sie
langsam ableiten, verteilen will. In Erkenntnis
dieser Tatsachen handeln wir und weil wir füh-
len, daß die Faust, die man uns vor dem März
1933 unter die Nase hielt, jetzt in der Tasche
nicht ungefährlicher ist. Wir wissen auch, daß im
Turnverein Kirchheim immer ein gewisser na-
tionaler Geist herrschte; die Pfleger dieses Gei-
stes waren aber hauptsächlich die aktiven Tur-
ner. Wohl hat der 1. Vorsitzende diesem nationa-
len Sinn immer seine guten Seiten abgewtnnen
können, Nationalsozialismus ist aber
etwas ganz anderes. Wir haben den Marxis-
mus zerschlagen und find daran, den letzten Rest
einer wirtschaftlich-liberalen Auffassung zu be-
seitigen. Herr Spieß, wir rufen Ihnen und den
anderen entgegen: Die Zeit ist abgelaufen, in
der man sich mit dem Geld eine Führung er-
werben, in der man sich mit Geldmitteln sogar
freikaufen konnte. Freikaufen? Jawohl! „Den
Spieß bringen wir um, wenn wir nach Hause
kommen", so haben während des Krieges ver-
schiedene Feldgraue aus Kirchheim gedroht. Als
ein gewisser Geldbetrag in die sozialdemokra-
tische Kasse geflossen war, verstummte dieser
Racheschwur. Wir treten nicht mit so blutrün-
stigen" Absichten an; aber das verlangen wir:
Herr Spieß, machen Sie den Platz im Turnver-
ein frei, ein Nationalsozialist wird dort die
Führung übernehmen. Wir müssen die für uns
wichtigen Positionen besetzen. Denn vor uns
steht klar unser Ziel: der vollendete Aufbau des
Dritten Reiches, des Reiches aller deutschen
Schaffenden der Faust und der Stirn, hinter
uns aber liegt das System der bürgerlichen
Gleichgültigkeit und der Verluderung aller guten
Eigenschaften unseres Volkes.
Zum Abschluß der Schachwervewoche des
Schachklub Hdlbg.-Kirchheim 1833. Die drei im
Rahmen der Werbewoche durchgeführten Veran-
staltungen waren für den neuen Verein ein gu-
ter Erfolg. Den Abschluß bildete der Vereins-
wettkampf im Gasthaus z. „Sonne" gegen Hand-
schuhsheim. Gespielt wurde an 21 Brettern;
Handschuhsheim ging mit 14:7 als Sieger hervor.
Dieser hohe Sieg ist auf das noch ungeschulte
Spielermaterial Kirchheims, das an den letzten
Brettern spielte, und die noch ungenaue Ueber-
sicht, zurückzuführen. Die Ueberraschung des Ta-
ges war aber, daß Steinls (Kirchh.) am 1. Brett
gegen Kücherer gewinnen konnte. Soviel läßt
sich aber heute schon feststellen, daß der neuge-
gründete Verein Kirchheim auch auf diesem Ge-
biet bald erfolgreich vertreten wird. Im Ver-
lauf der Schachwerbewoche konnten 8 Neuauf-
nahmen getätigt werden. Wir möchten nochmals
darauf Hinweisen, daß der Schachabend jeden
--K-md 8.30 Uhr im
toiomer, vorgetragen durch Herrn Steinke
Alle Zuschriften sind zu richten an Peter
Gottfried, Pleikartsförsterhof 3, oder an Schach-
klub 1933 Heidelberg-Kirchheim, Gasthaus „zur
Sonne".

Donnerstag, den k. Ion! 1933.

zreues vom Vowenpava-les -»Mtt-Gel-elveog"
412S2 Mark in einem Fahr Br Gehätter verbuttert - 13586 Mark Br ein AubilanmMI - Ein „kleiner FmW" Br
1232 Mark - Vroletarierzigarren Br 4« Pis. das Stütk — 3n 2 Tagen verbraucht GenoNe Holl 6« Mark

Wie billig und wie „ehrenamtlich" bei „Neu-
Heidelberg" geschafft wurde, mögen die „Genos-
sen" daraus ersehen, daß für das Jahr 1929
allein an Gehältern 41292 Mk. ausgegeben wur-
den. Das war die sogenannte „Tarifbezahlung".
So verschwenderisch hier mit den Groschen der
Arbeiter umgegangen wurde, so verschwenderisch
lebte man auch sonst. Viele werden üch noch
an jene „schlichte" Feier vom 1. Juli 1928 er-
innern, der Feier des 10jährigen Bestehens der
Genossenschaft. Jenes Fest kostete nicht weniger
als 13 386 Mk. Für die Festschrift allein wurden
6890 Mk. ausgegeben. Der Bruder des gewesenen
Vorstands-Mitgliedes Holl, Prof. Dr. Holl in
Karlsruhe erhielt allein für Zusammenstellung
der Festschrift eine Vergütung von — sage und
schreibe — 1625 Mk. Nach Angabe des Aufsichts-
ratsvorsitzenden Stock sollte den Gästen usw. ein
„kleiner Imbiß" verabreicht werden. Dieser „Im-
biß" kostete nicht weniger als 1232 Mk. Pro;
Kopf wurde der „lächerliche" Betrag von rund
10 Mk. ausgegeben. So wie man bisher den
Leuten manchen blauen Dunst vormachte, so
mußte man sich selbst auch einmal mit lieblichen
Düften umgeben und dazu verwendete man die
kleine Zahl
von 445 Zigarren, pro Stück „nur" 40 Pfg.
Auf diese Weise wurden
an einem Nachmittag 178 Mk.
kn die Lüfte geblasen. Alles zum Segen und
zum Wohle der „Minderbemittelten". Die Her-
ren Vorstände nahmen selbstverständlich auch
daran teil. Trotzdem hat sich das mit monatlich
„nur" 900 Mk. bezahlte Vorstandsmitglied Holl
für den Jubiläumstag noch extra 20 Mk. an
„Spesen" geben lasten und Herr Kuhn, das
„ehrenamtlich" tätige Vorstands-Mitglied, hat
diese Forderung angewiesen. Die Herren Vor-
stände konnten ja machen, was sie wollten. Im
Jahre 1929 wurde dem Aufsichtsrat schwarz auf
weiß bescheinigt, daß er seiner Ueberwachungs-
pflicht nicht nachgekommen sei. Und dabei be-
hauptet Herr Nepple heute noch, daß niemand
gewissenhafter sein Amt ausüben könne wie er
— Herr Nepple war stellvertrt. Vorsitzender des
Aufsichtsrates!
Neue Entscheidungen des Reichsversicherungs-
amts. Der Anspruch auf das Wochengeld für die
Zeit vor der Entbindung ist nicht auf Zeiten be?
schränkt, in denen die Schwangere als Kasssn-
Wt.gliK,, Men Krankheit versichert Hst .Belm
spruchs ist die Krankenkaste zur Zahlung des
Wochengeldes vielmehr auch im Falle öes §214
RVO. (Erwerbslosigkeit) verpflichtet, solange die
dort vorgesehene dreiwöchige Frist läuft. Die
Fälligkeit von Beiträgen und Teilen oon Bei-
trägen zur Arbeitslosenversicherung im Sinne
des §105, Abs. 3, Satz 3 des Gesetzes über Ar-
beitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung
tritt an denselben Tagen ein, an denen der Ar-
beitgeber die Beiträge zur Krankenversicherung
einzuzahlen hat. Dies gilt auch dann, wenn die
Versicherungspflicht im Beitragsstreitverfahren
festgestellt wird. Wird die Zahlung von Bei-
trägen nach Eintritt der Fälligkeit gestundet, so
ist diese Stundung ohne Einfluß auf den Zeit-
punkt der Fälligkeit der Beiträge im Sinne des
angeführten Gesetzesparagraphen. Die Sonder-
regelung der berufsüblichen Arbeitslosigkeit be-
schränkt sich nicht auf Personen, die in gewerb-
lichen Betrieben tätig find.

Daß bei den amtlichen Revisionen nicht viel
herauskam, ist etwas verwunderlich. Böse Zun-
gen behaupten, daß Herr Bartmann immer
bei Vekanntwerden der Revision erklärte:
„Den wüsten wir halt etwas einseifen."
Und es scheint, daß es auch gelang. Denn im
Jahre 1931 hat Herr Vartmann an Auslagen an-
läßlich der Revision des Verbands-Revisors die
kleine Summe von 103 Mk. an Ausgaben usw.
verrechnet. Dabei gab es selbstverständlich nur
Weine für „Minderbemittelte",
das Viertel zu 70 und 80 Pfg.,
Zigarren unter 30 Pfg. zu rauchen, war für
einen ehemaligen Arbeiter nicht angängig.
Leibschmerzen scheint Herr Vartmann doch etwas

gehabt zu haben, denn ein „Kirsch" war immer
dabei. Schlecht gelebt scheinen die Herren nach
alledem nicht gerade zu haben. Wenn man hört,
daß z. V. Herr Holl
für 2 Tage in Karlsruhe den lächerlichen Be-
trag von 60 Mk.
anrechnete und auch erhielt, dann kann man sich
eigentlich nur darüber freuen, daß es Leuten so
gut gehen durfte, wo zu gleicher Zeit Millionen
hungerten.
Zum Glück aber blieben Ungerechtigkeiten nie-
mals ungerächt. Auch scheinheilige Pharisäer
sollen davon nicht unverschont bleiben. Die Welt-
geschichte ist das Weltgericht, auch im Kleinen.
In Bälde mehr!

īs MEffsrtte Er

Die Heidelberger Studentenschaft hat uns eine
Liste mit den Namen von Heidelherger Studen-
ten übermittelt, die sich — nachweisbar durch ihre
Unterschrift — zum Kommunismus bekannt ha-
ben und zur Zeit noch die Ruperto Carola be-
suchen. Der Führer der Heidelberger Studenten-
schaft, Pg. cand. med. Gustav Adolf Scheel,
hat beim Rektor den Antrag gestellt, daß diese
undeutschen Menschen von der deutschen Hoch-
schule ausgeschlossen werden sollen. Bekanntlich
haben andere Universitäten, wie z. B. Berlin,
München, Rostock u. a. bereits alle diejenigen
Studierenden ausgeschlossen, die sich in bolsche-
wistischem Sinne irgendwie betätigt haben. Es
ist selbstverständlich, daß mit den auf der Liste
genannten Studenten noch lange nicht alle Stu-
dierenden erfaßt sind, die unter Umständen aus-
geschlossen werden müßten.
Wir geben die Namen dieser 27 Studierenden
nachstehend bekannt und verlangen gleichzeitig
den sofortigen Ausschluß dieser volkssremden nnd
den Gedanken der Volksgemeinschaft zersetzenden
Bolschewiken. Auffällig ist — was mit dem er-
sten Blick schon ersichtlich ist —, daß ein außer-
ordentlich großer Prozentsatz dieser Leute Juden
sind. Wir fordern die rücksichtslose Säuberung
unserer Hochschule von derartigen zweifelhaften
Elementen!
Hier die Namen der vorläufigen Lists:
Kuhn, Sophie, med. dent. (die Tochter des
Milchhändlers Kuhn, Handschuhsheimer Land-
straße 132!!); Lust, Walter, jur.; May, Gert-
pmd, gLIu, «.laus, meü.;
Kurt, phil.; Rosenbaum, Kurt, med.; R/?
sengarten, Walter, phil.; Roß maunz
Kurt, phil.; Schlesinger, Eva Anita, medä
Buckofzer, M„ phil.; Barth, Helga, reF-
pol.; Eppstein, Hans Ernst, phil.; Feith,
Rudolf Ernst, rer. pol.; Hackmann, Luise,
jur.; Hartwig, Hermann, phil.; Henning,
E., phil.; Kuczynski, Brigitte, phil.; Schop -
pa, Helmuth, phil.; Stern. Hans, jur.;
Steuermann, Ilse, jur.; Weitz, Marie,
med.; Eppstein, Hans, phil.; Wehmer, Mar-
garete, phil.; Schulze, Harry, phil.; Poley,
Heinz Joachim, phil.; Pflüger, Kurt, phil.

Der AuLe stellt stch um -
öerZuöe tarnt W!
In der Sofienstratze Heidelberg befindet sich
dis Herrenschneiderei Langer L- Lo.
Der heutige Inhaber dieser Firma ist der

Jude Le bürg, der das Geschäft übernommen
hat.
Der alte Langer und frühere Inhaber der
Firma war damals Hoflieferant gewesen. Das
erfuhr man in diesen Tagen der nationalen
Revolution dadurch, daß sich der Jude Leburg
wohl dieses einstigen Titels erinnerte und das
Hoflieferantenschild aus altem Gerümpel seines
Speichers hervorzog, wo es all die Jahre hin-
durch sein kümmerliches Dasein fristete. Der
Jude Leburg glaubte, jetzt sei die Zeit'für ihn
gekommen, mit der Ehrung seines Vorgängers
ein Eeschäft'che machen zu können, putzte das
Elasschild fein säuberlich und drapierte es in-
mitten seiner Anzüge und Stoffe für Kavaliere!
Das Firmenschild erhielt ebenfalls den Zu-
satz „Hoflieferant" in frischer Farhe.
Nun kann es an nichts fehlen. Der junge
Student, der nach Heidelberg kommt und den
eigentlichen Inhaber nicht kennt, glaubt natür-
lich ein nationales Geschäft vor sich zu haben
und fällt prompt darauf herein!
Dabei ist den Eingeweihten bekannt, daß sich
der Jude Leburg in all den Jahren nicht genug
tun kannte in der Verachtung und Bekämpfung
der nationalsozialistischen Bewegung. Das frü-
here Schmutzblatt Alarm, die Ente, die Rsichs-
bannerzeitung, kaufte Leburg wöchentlich in
mehreren Exemvlaren und machte seinem Hatz
gegenüber der Bewegung in der unverschämte-
sten Weise Luft.
Wir verbitten es uns aufs energischste, daß
dieser Jude sich unverdienterweise mit den al-
ten Symbolen schmückt. Heraus mit dem Hof-
liestträntenschild aus dem Fenster, fort mit dem
Hnatz, Hoflieferant auf der Firmentafel!
Amees EMMMS MkchMüA M öm
TMKvereB 187N Kirchheim
Nach den Richtlinien zur Neuordnung der
deutschen Leibesübungen ist das Führerprinzip
bei allen Turn- und Sportverbänden durchzu-
führen. Wir müssen nun unser besonderes Augen-
merk auf die Turn- und Sportvereine in Kirch-
heim legen; wir tun dies, weil es unsere Pflicht
ist. Der Gegner schweigt. Wir wissen, daß die-
ses Schweigen nicht geheuer ist und treffen un-
sere Maßnahmen. Wir wissen auch, daß die
plötzlich zahlenmäßige Anschwellung der bürger-
lichen Vereine Gefahren in sich birgt. Darum
wenden wir uns heute an den Turnverein Kirch-
heim, nicht in Gehässigkeit gegen eine Person,
sondern weil wir berufen sind, in dieser Stunde
aufzustehen u. denen ein Halt zuzurufen, die uns
und unseren Kampf um die Befreiung der deut-
schen Nation immer noch nicht kennen. Wir wen-
den uns hiermit an den 1. Vorsitzenden Martin

Steuerkalender des Heidelberger Finanzamtes
für den Monat Juni 1933.
5. 6. 1933: Lohnsteuer und Arbeitslosenhilfe aus
der Zeit vom 16.—31. 5. 1933. (Keine Schon-
frist.)
10. 6. 1933: Einkommen- und Körperschaftssteuer
nebst Landeskirchensteuer nach dem zuletzt er-
haltenen Bescheid. (Keine Schonfrist.)
10. 6. 1933: Umsatzsteuervoranmeldung der Pflich-
tigen mit über 20 000 Mk. Jahresumsatz.
(Schonfrist bis 17. 6. 33.
20. 6. 1933: Lohn- und Arbeitslosenhilfe aus der
Zeit vom 1.—-15. 1933. (Keine Schonrist.)
25. 6. 1933: Versicherungssteuer vom Mai 1933
(Keine Schonfrist.)

Die HanöjchuhZheimer BurgMle
Was wir wollen.
Am 11. Juni, abends 8 Uhr, findet
kn der Tiefburg die Uraufführung des
Schauspiels „Dorf in Not" von Irma
o. Drygalski statt. Aus diesem Anlatz
bittet der Verein Handschuhshei ner
Burgspiele, die folgenden Zeilen zu
veröffentlichen, welche seine Bestrebun-
gen verdeutlichen.
Im vorigen Jahr haben wir's voll freudiger
Dankbarkeit erfahren, daß die meisten, die mit
uns unser Spiel erlebten, fühlten, was wir wol-
len, — und daß viele deshalb zweimal, manche
noch öfter zu uns kamen. So sollten wir eigent-
lich darauf verzichten, vor unserm diesjährigen
Spiel noch zu erklären, was wir wollen. Aber
wenn wir es hier mit kurzen Worten sagen, so
haben wir das Bewußtsein, daß jeder, der's liest,
von vornherein schon eingestellt ist auf unser Be-
streben. Das gibt uns das Gefühl der Gemein-
schaft mit unsern Zuschauern, das uns anfeuert
und stärkt. Und vielleicht gibt es manchen Zu-
schauer, der zuerst nicht recht weiß, was er mit
unsern alten Mauern, unserm kleinen Spielplan
und unserer einfachen Sprache anfangen soll, eine
Eedankenrichtung, die ihn gleich bei uns heimisch
macht.
Es ist immer gesund und wohltuend, wenn
man vom Verneinen zum Bejahen kommt, — da-
rum wollen wir zuerst sagen, was wir nicht
wollen.
Wir wollen kein Schau- und Ausstattungsstück
bieten. Das überlasten wir großen Bühnenhäu-
sern und großen Freilichtbühnen. Wir haben
uns in einen alten Mauerwinkel unserer Tief-
burg zurückgezogen, weil es uns nicht darum

geht, Masten zu berauschen durch wogende Mas-
sen und Farben, sondern darum, diesen Winkel
auszufüllen mit Erleben. Wir leugnen nicht die
Gewalt und Weihe großer Schaustücke, doch wir
verzichten bewußt darauf. So geht es uns, um
nur Eines zu nennen, nicht darum, Melac und
seine Heerscharen mit Aufwand an Feuerwerk,
Lärm und Menschen die Burg stürmen zu lassen.
Sondern darum, den Dämon Melac ganz allein
hinzustellen unter ein Häuflein Verzweifelnder
und doch wieder Gutgläubiger, — damit keine
Betäubung von Ohr und Auge ablenke von die-
sem unüberbrückbaren Gegensatz: Deutsch und
Welsch. Was freilich unsere alten Mauern, —
was Tagesdämmern und Nachtdunkel, Fackellicht
und Schattenspiel uns freiwillig schenken an
Stimmung, das nehmen wir dankbar auf in un-
ser Spiel als Verstärker des Gefühls für unsere
Zuschauer und für uns selbst.
Wir wollen keine Schauspieler sein. Nicht
aus lleberheblichkeit lehnen wir es ab, — wir
haben Ehrfurcht vor der Leistung echter Schau-
spieler. Grade deshalb wissen wir, daß wir doch
nur unbeholfene Nachahmer, ungeschulte Dilet-
tanten wären, und daß bestenfalls eine Vereins-
theaterleistung dabei herauskäme. Aber wir ha-
btzn es nicht nötig, Schauspieler nachzuahmen,
weil wir ja kein Stück, für eine Schau- oder
Dilettantenbühne geschrieben, aufführen, son-
dern wir spielen ein Stück unserer eigenen Ge-
schichte in unserer Burg und in unserer Heimat-
sprache, das uns überhaupt kein Schauspieler s o
nachspielen oder vorspielen kann. Und dies gibt
uns unsere Bescheidenheit, — aber auch unsre
Kraft und unsern Stolz.
Wir wollen deshalb in unserm Stück kein
Wort sagen, das wir nicht auch im Leben sagen
würden. Und dies aus Bescheidenheit — und

aus Stolz. Weil wir wissen, daß nur der große
Schauspieler blotzgelegte Gedanken, wie es Mo-
nologe und Betrachtungen sind, so ins Wort um-
setzen kann, daß sie lebendig wirken. Aber auch
weil wir uns selber kennen, uns Söhne und Töchter
der Scholle. Wenn wir ehrlich gegen uns selbst
sind, wissen wir, daß wir unsre Liebe und un-
sern Hatz, unser Dsutschsein und unsre Vater-
landstreue, unsre Sehnsucht und unsre Trauer
ja gar nicht so deklamieren und zerschwatzen, wie's
uns die Schreiber von Gesinnungsschmarren glau-
ben machen wollen. Wir wissen von uns, datz
wir nur beim Gezänk, oder beim Handel oder
am Biertisch viele Worte machen. Und daß wir
höchstens zu starker, weit ausholender Rede grei-
fen, wenn wir bekennen, verteidigen oder auf-
rütteln wollen. — So soll es darum auch in die-
sem Stück vom Schicksal unserer Vorfahren sein,
die ja nicht anders waren, als wir Erben ihres
Blutes sind, — und deren Erleben wir uns in
monatelanger, zäher Probearbeit ganz zum eige-
nen gemacht haben: im Handeln, nicht im Worte-
machen wirkt sich Tapferkeit, Treue, Lebensmut
und Heimatliebe aus, — und unser größter Lohn
wäre es, wenn unser Spiel uns alle bestärkt in
den Worten, die unseres Stückes Gipfel sind:
„Volk muß sein!"
Für die Spielschar: I. v. D.
-o-—
Mhs KBWM
Am Mittwoch, den 24. ds. Mts., traf hier eine
Schur von etwa 50 Kindern, rheinische Mädels
und Buben, unter Führung ihres Lehrers ein,
nm sich Heidelberg anzusehen. Die Kinder zo-
gen gegen 13 Uhr durch die Rohrbacherstratze den
Steigerweg hinauf nnd lagerten dort auf der
Höhr. Mit ihren blauen Kleidern und blauen

Mützen, musizierend auf Violinen, Guitarren
und Mandolinen, erregten sie überall Aufmerk-
samkeit. In der Väter Tornister hatten sie ihre
Eßwaren mitgebracht und marschierten dann
über die Höhen und gegen 17 Uhr in die Stadt,
wo sie auf dem Universftätsplatz musizierten.
Gar bald umstand eine große Menge Men-
schen den blauen Kreis und hatte seine Helle
Freude an dem Spiel der Kleinen. Die Schar
stand unter Führung ihres tüchtigen Lehrers
Schneider aus Manubach bei Vacharach am
Rhein. Dieser Ort gehört, wie Vacharach selbst,
zur alten Kurpfalz und führt die alten kur-
pfälzischen Farben weiß-blau, weshalb vielfach
die Meinung auftrat, es handele sich um Jugend
aus Bayern. Dieser Lehrer hat es sich zur Auf-
gabe gesetzt, alle Kinder seiner Schule irgend-
ein Instrument zu lehren und hat damit einen
schönen Erfolg zur Wiedereinbürgerung alter
deutscher Hausmusik erzielt. Er geht ganz in der
Sorge um die ihm anvertraute Jugend auf und
seine Bestrebungen finden den ungeteilten Bei-
fall des Hitlerdorfes am Rhein, wo es über-
haupt keine anderen Stimmen bei der Wahl ge-
geben hat. Gegen Abend zogen die Kinder über
die alte Brücke zur Jugend-Herberge nach Hand-
schuhsheim und wollten den Himmelfahrtstag
zur Besichtigung vom Schloß usw. verwenden.
Am Freitag gings die Bergstraße entlang noch
, Heppenheim. Hoffentlich hat der Wettergott ein
i Einsehen und bringt dieser frohen Jugend auch
noch etwas Sonnenschein!
Zu bemerken wäre noch, datz die hübschen
blauen Mützen von einer alten Frau aus Manu-
bach im Alter von 78 Jahren gehäkelt wurden
und daß besonders die Eltern der Kinder an den
schönen Bestrebungen des Lehrers regsten An-
teil nehmen.
 
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