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Formen des Staatslebens

SS

Der gesellschaftliche Aufbau
Formen des Graarslebens
ern betrachtet man eine demokratische Regierungsform als ein
Kennzeichen der germanischen Völker. Diese Auffassung wird
auch durch verschiedene Zeitabschnitte der späteren Geschichte anschei-
nend gestützt. Der Verfassungsstaat ist eine germanische Schöpfung,
die Aufrechterhaltung der Volksrechte gegenüber der Macht des Königs
scheint ein untrennbarer Wesenszug des englischen ebenso wie des
niederländischen Volkes zu sein. Schon im Altertum lag, wie Tacitus
bezeugt, die höchste Macht in den Händen des Volkes.
Trotzdem wäre es nicht ganz zutreffend, die Regierungsform eines
germanischen Stammes mit einem Wort wie „Republik" auszu-
drücken. Zum mindesten dürften wir hierbei nur an eine Republik
von ausgesprochen aristokratischem Wesen denken. Überdies galt bei
den meisten Stämmen die Regel, daß ein König an der Spitze stand.
Anfänglich bezog sich das wohl nur auf Kriegszeiten, doch wurde
es bald auch im Frieden Gewohnheit. Der König war, wie bereits
aus dieser Bezeichnung hervorgeht, Angehöriger eines adligen Ge-
schlechts. Seine Bedeutung lag ja auch gerade darin, daß er der Träger
der besonderen Ehre, der segensvollen und für das Volk heilsamen
Kräfte war, die in seiner Sippe von den Eltern auf die Kinder über-
gingen. Lin solches bevorzugtes Geschlecht behielt auch seinen Ein-
fluß, solange die aus ihm hervorgegangenen Fürsten durch ihre per-
sönlichen Eigenschaften beweisen konnten, daß die Anlagen der Fa-
milie sich auch in dem lebenden Sprosse ungeschmälert vorfanden.
Hieraus ergibt sich aber zugleich, daß der König durchaus kein ab-
soluter Herrscher zu sein braucht. Im Gegenteil, die höchste Macht
bleibt in den Händen des Volkes. Dieses behält sich das Recht vor,
über alle wichtigen Dinge selber zu entscheiden; dem Fürsten hat es
eine ausführende Macht überlassen, verbunden mit dem Recht, in
kleineren Sachen die Entscheidung zu treffen. — Es bestand also ein
Königtum, das auf einer von den freien Männern ausgeübten Wahl
beruhte. Beim Tode eines Fürsten mußte das Volk zusammenkommen,
 
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