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ER SACRUM.
GUTENBERG-DENKMAL.
Man will in Wien ein Gu-
tenberg-Denkmal errich-
ten und hat dafür eine
Concurrenz ausgeschrieben.
Denkmals-Concurrenzen sind
eine national-ökonomische Ver -
schwendung sondergleichen.
Wir besitzen aber vorläufig
kein anderes als dieses ver-
schwenderische Mittel zur Erlan-
gung des hohen Endzweckes je-
der solchen Concurrenz. Denn
dieser Endzweck, es ist die Mög-
lichkeit, junge Talente aus unbe-
kannten Tiefen ihrer selbstge-
schaffenen Welt an die Ober-
fläche der Allgemeinheit und
Öffentlichkeit zu ziehen.
Verwundert steht das Publi-
cum dann vor Werken solcher
Herkunft und spricht von einem
„Schlager".
Die gegenwärtige Concurrenz
hat thatsächlich so einen „Schla-
ger" zutage gefördert: den Ent-
wurf vonSCHIMKOWITZ und
PLETSCHNIK.
Wenn gegen denselben ein-
gewendet wird, dass er mehr eine
Apotheose der weltbewegenden
Erfindung derBuchdruckerkunst
als ein Denkmal für Gutenberg
sei, so ist dies kein Fehler, sondern
geradezu ein Vorzug, herausge-
wachsen aus jener grossen Er-
fassung des Themas, die den
Leuten, welche den Text der
Concurrenzausschreibung ver-
fassten, einfach gefehlt hat.
Also: die Concurrenzaus-
schreibung hat diesmal einen vol-
len Erfolg gehabt; sie hat einen
„Schlager" zutage gefördert; die
Jury hat diesem „Schlager" einen
ersten Preis zuerkannt.Und nun ?
Alles jubelt und eilt zur Ausfüh-
rung, sollte man meinen. Nein!
Die Philisterhaftigkeit, dieser
böse Geist, der seit mehr als hun-
dert Jahren auf künstlerischem
Gebiete in Osterreich seinen
unheilvollen Einfluss geltend
macht, der einen Waldmüller
um seine Stellung gebracht, der
die talentvollsten Künstler zur
Auswanderung in die Fremde
gezwungen hat == siegte von
neuem. Eine solide, aber kei-
neswegs neuartigeArbeit gelangt
zur Ausführung, und der durch
den kräftevergeudenden Vor-
gang der Concurrenz wirklich
einmal glücklich ans Licht gezo-
gene „Schlager" wird in die Dun-
kelheit zurückgestossen.
Das ist, rund herausgesagt,
ein öffentlicher Scandal und
gleichzeitig ein neuer Beweis für
die Nothwendigkeit der Exi-
stenz und der energischen Thä-
tigkeit unserer Vereinigung.
v.,s.
Entwurf von O.
Schimkowitz u.
J.Pletschmk.
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ER SACRUM.
GUTENBERG-DENKMAL.
Man will in Wien ein Gu-
tenberg-Denkmal errich-
ten und hat dafür eine
Concurrenz ausgeschrieben.
Denkmals-Concurrenzen sind
eine national-ökonomische Ver -
schwendung sondergleichen.
Wir besitzen aber vorläufig
kein anderes als dieses ver-
schwenderische Mittel zur Erlan-
gung des hohen Endzweckes je-
der solchen Concurrenz. Denn
dieser Endzweck, es ist die Mög-
lichkeit, junge Talente aus unbe-
kannten Tiefen ihrer selbstge-
schaffenen Welt an die Ober-
fläche der Allgemeinheit und
Öffentlichkeit zu ziehen.
Verwundert steht das Publi-
cum dann vor Werken solcher
Herkunft und spricht von einem
„Schlager".
Die gegenwärtige Concurrenz
hat thatsächlich so einen „Schla-
ger" zutage gefördert: den Ent-
wurf vonSCHIMKOWITZ und
PLETSCHNIK.
Wenn gegen denselben ein-
gewendet wird, dass er mehr eine
Apotheose der weltbewegenden
Erfindung derBuchdruckerkunst
als ein Denkmal für Gutenberg
sei, so ist dies kein Fehler, sondern
geradezu ein Vorzug, herausge-
wachsen aus jener grossen Er-
fassung des Themas, die den
Leuten, welche den Text der
Concurrenzausschreibung ver-
fassten, einfach gefehlt hat.
Also: die Concurrenzaus-
schreibung hat diesmal einen vol-
len Erfolg gehabt; sie hat einen
„Schlager" zutage gefördert; die
Jury hat diesem „Schlager" einen
ersten Preis zuerkannt.Und nun ?
Alles jubelt und eilt zur Ausfüh-
rung, sollte man meinen. Nein!
Die Philisterhaftigkeit, dieser
böse Geist, der seit mehr als hun-
dert Jahren auf künstlerischem
Gebiete in Osterreich seinen
unheilvollen Einfluss geltend
macht, der einen Waldmüller
um seine Stellung gebracht, der
die talentvollsten Künstler zur
Auswanderung in die Fremde
gezwungen hat == siegte von
neuem. Eine solide, aber kei-
neswegs neuartigeArbeit gelangt
zur Ausführung, und der durch
den kräftevergeudenden Vor-
gang der Concurrenz wirklich
einmal glücklich ans Licht gezo-
gene „Schlager" wird in die Dun-
kelheit zurückgestossen.
Das ist, rund herausgesagt,
ein öffentlicher Scandal und
gleichzeitig ein neuer Beweis für
die Nothwendigkeit der Exi-
stenz und der energischen Thä-
tigkeit unserer Vereinigung.
v.,s.
Entwurf von O.
Schimkowitz u.
J.Pletschmk.
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