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Vereinigung Bildender Künstler Österreichs Secession [Hrsg.]
Ver sacrum: Mittheilungen der Vereinigung Bildender Künstler Österreichs — 1.1898

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Heft 3 (März 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.6363#0089
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VER SACRUM.

hatte er, wie es damals vielfach geschah, in Kopenhagen,
dann in Dresden, wo er Mitglied der Akademie und Pro-
fessor der Landschaftsmalerei wurde. Aber er blieb immer
einsam, fast ohne Verkehr. Die Dämmerung war sein Ele-
ment, erzählte einer seiner wenigen Freunde; vor dem ersten
Morgenlicht und nach Sonnenuntergang pflegte er allein
seine Spaziergänge zu machen. Das Zimmer, wo er arbeitete,
war stark beschattet; dort brütete er stundenlang über seine
Kunstschöpfungen, die eine schroffe, finstere, eigentüm-
lich poetische Art hatten.

Sein Grundsatz war, ein Bild solle nicht erfunden,
sondern empfunden sein; woraus man schliessen darf, dass
die seinigen aus einer lyrisch - musikalischen Stimmung
heraus entstanden. Zu seinen Besonderheiten gehörte, dass
er nie eine Skizze, Carton oder Entwurf irgend welcher
Art zu seinen Bildern machte, weil die Phantasie = in
ihrem ersten Erguss dort ausgeströmt = dadurch erkalte.
Eigen war ihm ferner ein entschiedenes Gefühl für reine
Concentration des Lichtes, und er behauptete = höchst
charakteristisch =, dass ein Traum ihm zuerst die rechte
Erkenntnis darüber gegeben habe. Meist malte er Seebilder,
die für den damaligen Geschmack barock waren, stets aber
die der Ostsee eigenthümlichen Lichtwirkungen mit tiefer
Empfindung wiedergaben. Drei Eichbäume neben einem
schneebedeckten Hünengrabe = Der Mönch am Meeres-
strande = Die Abtei im Eichwalde in Abendbeleuchtung -
Felsen mit einem Kreuz im Morgennebel = diese Titel er-
wecken eine Vorstellung von seiner Art. Es wird erzählt,
dass ein Friedrich besuchender Kunstfreund eines seiner
Seestücke verkehrt auf die Staffelei gestellt und den dunkeln
Wolkenhimmel für die Wellen, das Meer aber für den Him-
mel gehalten habe. Ein anderer damals berühmter Kunst-
kritiker hielt ein Bild Friedrichs, das eine weite neblige Ge-
birgsferne mit einem einzigen darüberschwebenden Adler
darstellte, für ein Seestück, dessen Schönheit und tiefe Be-
deutung er anwesenden Damen erklärte. Auch diese kleinen
Züge geben eine Idee von dem Charakter der Bilder, bei
denen jedenfalls die starke, davon ausgehende Stimmung
das Wesentlichste war.

Der eigentliche Maler der Romantik aber, der auch
theoretisch mit Bewusstsein der neuen Richtung anhieng,
war Philipp Otto Runge, wie Friedrich aus dem Ostsee-
gebiet, aus Wolgast, stammend. Seine Freunde verglichen
ihn mit Novalis; wie ein Fremdling auf Erden erschien er
ihnen. Ein echt romantischer Charakter insofern, als die
eigentlich hervorbringende Kraft ihm fehlte, aufgelöst war
in feinstgefasertes Denken und Empfinden. Gerade dadurch
konnteer mehr als die naiv schaff enden Künstler anregend
auf seine Freunde wirken, und da überhaupt Unkundige
die Fähigkeit, Pläne zu entwerfen, von der Fähigkeit, Pläne
auszuführen, selten genau unterscheiden, erwartete man
allgemein das Höchste von ihm. In keinem anderen der
jungen Maler war die Uberzeugung so lebendig, dass alles,

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