immer mystisch ist und blei-
ben muss, die wir auf eine
wunderlich ahnende Weise
wieder nur in Blumen ver-
stehen."
Es ist derselbe Gang, den
die Dichtkunst genommen
hat: die Beseelung der Natur,
ihr Mithineinziehen in das
Geistesleben des Menschen,
verleiht der modernen Poesie
seit Goethe ihren Charakter.
Wenn denn die Natur, so
etwa lief Runges Gedanken-
gang weiter, für sich nichts
Ganzes ist, erst der Beseelung
bedarf, ist sie also nur ein
Körper, eine Hülle, ein Kleid,
und zwar Gottes; denn Gott
ist ja eben der unendliche
Geist. Gott aber kann man
nur ahnen, einzig seiner selbst
ist man gewiss: „was du in
deiner ewigen Seele empfun-
den, das ist auch ewig, was
du aus ihr geschöpft, das ist
unvergänglich; hier muss die
Kunst entspringen, wenn sie
ewig sein soll". Gott also, in-
sofern Gott in einem selber
zu dem Bewusstsein gelangt.
Demnach ist auch für Runge
die Natur der Leib, dem der
Künstler seine eigene Seele
einhaucht.
Als Erfordernisse eines
Kunstwerkes stellte er in
diesem Sinne folgende auf:
1. Unsere Ahnung von
Gott.
2. Die Empfindung unser
selbst im Zusammenhange
mit dem Ganzen, und aus
diesen beiden:
3. Die Religion und die
Kunst; das ist, unsere höch-
sten Empfindungen durch
Worte, Töne oder Bilder
auszudrücken.
Da er klar empfand, dass
das Licht, die Farbe, in der
Landschaft eine ganz andere
Rolle spiele als im Historien-
gemälde, wurde die Sym-
bolik der Farbe ein Lieblings-
gegenstand seines Nachden-
kens, dessen Resultat er in
einem kleinen Werk, die Far-
benkugel betitelt, niederlegte.
Diese Arbeit brachte ihn na-
mentlich in Verkehr mit Goe-
the, den dasselbe Problem
beschäftigte. Auch über die
Analogie der Farben und Tö-
ne verfasste er ein Gespräch,
worin von dem Satze ausge-
gangen wird, die Tonleiter in
der Musik sei, was die Ab-
stufung der Farben in weiss
und schwarz.
Mit seinen in Gespräch
und Brief entwickelten Theo-
rien giengen nun aber Versu-
che der Ausführung Hand in
Hand. Mit besonderer Vor-
liebe malte er Blumen, weil sie
Gustav Klimt.
Fragment aus
einem Kalen-
der (1896).
ben muss, die wir auf eine
wunderlich ahnende Weise
wieder nur in Blumen ver-
stehen."
Es ist derselbe Gang, den
die Dichtkunst genommen
hat: die Beseelung der Natur,
ihr Mithineinziehen in das
Geistesleben des Menschen,
verleiht der modernen Poesie
seit Goethe ihren Charakter.
Wenn denn die Natur, so
etwa lief Runges Gedanken-
gang weiter, für sich nichts
Ganzes ist, erst der Beseelung
bedarf, ist sie also nur ein
Körper, eine Hülle, ein Kleid,
und zwar Gottes; denn Gott
ist ja eben der unendliche
Geist. Gott aber kann man
nur ahnen, einzig seiner selbst
ist man gewiss: „was du in
deiner ewigen Seele empfun-
den, das ist auch ewig, was
du aus ihr geschöpft, das ist
unvergänglich; hier muss die
Kunst entspringen, wenn sie
ewig sein soll". Gott also, in-
sofern Gott in einem selber
zu dem Bewusstsein gelangt.
Demnach ist auch für Runge
die Natur der Leib, dem der
Künstler seine eigene Seele
einhaucht.
Als Erfordernisse eines
Kunstwerkes stellte er in
diesem Sinne folgende auf:
1. Unsere Ahnung von
Gott.
2. Die Empfindung unser
selbst im Zusammenhange
mit dem Ganzen, und aus
diesen beiden:
3. Die Religion und die
Kunst; das ist, unsere höch-
sten Empfindungen durch
Worte, Töne oder Bilder
auszudrücken.
Da er klar empfand, dass
das Licht, die Farbe, in der
Landschaft eine ganz andere
Rolle spiele als im Historien-
gemälde, wurde die Sym-
bolik der Farbe ein Lieblings-
gegenstand seines Nachden-
kens, dessen Resultat er in
einem kleinen Werk, die Far-
benkugel betitelt, niederlegte.
Diese Arbeit brachte ihn na-
mentlich in Verkehr mit Goe-
the, den dasselbe Problem
beschäftigte. Auch über die
Analogie der Farben und Tö-
ne verfasste er ein Gespräch,
worin von dem Satze ausge-
gangen wird, die Tonleiter in
der Musik sei, was die Ab-
stufung der Farben in weiss
und schwarz.
Mit seinen in Gespräch
und Brief entwickelten Theo-
rien giengen nun aber Versu-
che der Ausführung Hand in
Hand. Mit besonderer Vor-
liebe malte er Blumen, weil sie
Gustav Klimt.
Fragment aus
einem Kalen-
der (1896).