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Vereinigung Bildender Künstler Österreichs Secession [Editor]
Ver sacrum: Mittheilungen der Vereinigung Bildender Künstler Österreichs — 1.1898

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Heft 4 (April 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.6363#0132
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VER SAGRUM. 71

DER AUSSCHUSS FÜR KUNST IM HAND-
WERK in München, auf dessen neues Unternehmen wir
vor der Drucklegung unserer Februar-Nummer nur kurz
hinweisen konnten, hat sich eine Aufgabe gestellt, die der
wärmsten Zustimmung aller Kunstverständigen versichert
sein kann. Das Ziel besteht darin, das neue deutsche Hand-
werk zu fördern und namentlich auch dem allzustarken
Eindringen des Fremden gegenüber zu der Geltung zu
bringen, die es beanspruchen darf und muss. Ein Haupt-
accent soll nun dabei auf die Verbesserung des Innen-
schmucks unserer Häuslichkeit gerichtet werden, und für-
wahr, eine solche Verbesserung thut noth! Der „ver-
unziere dein Heim"- Stil lastet schwer auf uns.

Mit besonderem Dank ist der Ausschuss daher zur
Übernahme ganzer Zimmereinrichtungen neuen Stils be-
reit, unter möglichst alleiniger Verwertung deutscher

Stoffe und Kräfte. Dass dieses
Defensivmassregel gegen den all-
Zustarken Einfluss ausländischer
Erzeugnisseund Stile aufzufassen
ist, erhellt von selbst, denn die
hochentwickelte, ausländische
Kunstindustrie ist um so gefahr-
voller für unsere Selbständigkeit,
je vortrefflicher sie nicht nur an
sich ist, sondern namentlich je
günstiger die Verhältnisse sind,
unter denen sie im Vergleich zu
den unsrigen thatsächlich zu pro-
ducieren vermag. Will das zu-
rückgebliebene, einheimische
Kunsthandwerk jetzt noch das
Verlorene einholen, so bedarf es
eines Schutzes nach aussen, da-
mit es erst einmal Raum gewinne,
seine Schwingen überhaupt frei
erheben zu können.

nur als eine vorläufige

Noch ist die Erinnerung frisch an die im Vorjahre
im Münchener Glaspalast ausgestellten Proben deutscher
„Kleinkunst", die das Vertrauen auf eine Zukunft unseres
heimischen Kunsthandwerkes mächtig zu heben geeignet
war. Selbstverständlich ist unter „heimisch" kein klein-
bürgerlich particularistischer Standpunkt gemeint. Hier
deckt sich der Begriff mit Selbständigkeit; denn eben darin
sind uns nicht nur die grossen, sondern auch kleinere Cul-
turnationen, wie z. B. Dänemark, um ein bedeutendes
voraus.

Unter den Mitteln, durch welche die Gesellschaft
(„Vereinigte Werkstätten für Kunst im Handwerk", Mün-
chen, XIX., Kratzerstrasse t) ihr Ziel erreichen will, seien
folgende hervorgehoben : Sie vermittelt durch eine von dem
Ausschusse eigens dazu eingerichtete „Auskunftei" die
Verbindung zwischen den Künstlern, Herstellern und Ab-
nehmern und sucht zugleich auf dem Rechtswege oder

durch die Presse einer unrecht-
mässigen Ausbeutung durch un-
lautere Nachahmung und Ver-
wendung künstlerischer Ent-
würfe entgegen zu treten. Sie
zahlt entweder den Künstlern
ihre neuen Entwürfe bar oder
sichert dem Künstler die Aus-
führung mit einem Gewinnan-
theil ohne jede Geschäftsgefahr
zu. In gleicher Weise bestellt sie
und zahlt den Handwerkern eine
grössere Anzahl von Stücken
und übernimmt den geschäft-
lichen Betrieb ohne Risico für
dieselben.

Dass hier vernünftige, durch-
führbare Massnahmen und dabei
ideale Gesichtspunkte zugleich
ins Auge gefasst sind, liegt auf der

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