Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Vereinigung Bildender Künstler Österreichs Secession [Hrsg.]
Ver sacrum: Mittheilungen der Vereinigung Bildender Künstler Österreichs — 2.1899

DOI Heft:
Heft 2 (Feburar 1899)
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.8876#0050
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
t

Charakter geerbt hatte. Vielmehr war das zierliche blonde Männchen
verzagt und weicheren Herzens, wagte sein Geld nicht zu ge-
messen, weil es ihm wie unrechtmässiger Besitz vorkam, traute
sich aber auch nicht es an die Bedürftigen auszutheilen, einer-
seits weil er nicht gewusst hätte, wie er ohne Vermögen sein
Leben hätte fristen sollen und ferner weil er glaubte, wenn er sich
von dem armen Gesindel nicht vornehm zurückhielte, würde man
ihn für ihresgleichen halten und in der ehrbaren Gesellschaft
nichts mehr von ihm wissen wollen. So war er froh, dass er
eine Gelegenheit fand, den gehässigen Reichthum auf gute "Weise
loszuwerden, begab sich zum Pfarrer und fragte, ob er sein Geld
unter die Armen vertheilen oder einfach aus allzugrosser Verachtung
ins Meer werfen sollte; aber sie einigten sich schliesslich dahin, es
auf dem Markte aufzuhäufen und preislich auszustellen. Wie man
beim Beginne des Winters wohl ganze Berge von hellgrünen Kohl-
köpfen an öffentlichen Plätzen aufgestapelt sieht, glänzte nun
dem staunenden Volke der goldige Mammon in die Augen, ohne
dass jemand ihn angetastet hätte, sei es weil sich einer vor dem
andern schämte oder weil das Geld bereits etwas zu Missfälliges
und Unbeliebtes geworden war.

An diesem Abend klopfte es zu später Stunde an meine Thür,
und als ich vorsichtig öffnete, trat Herr Mümmelke, der Pelz-
könig, ein, entledigte sich seiner Vermummung und fragte nach
vielen höflichen Redekünsten, ob es wirklich an dem sei, dass
die Welt am 13. Juli des laufenden Jahres untergehen müsse. Ich
sagte, leider verhalte es sich wirklich so, worauf er meine Gelehr-
samkeit belobte und sagte, wie er gehört hätte, dass ich auch
sonst noch über mancherlei Zauber gebiete und auch die berühmten
Alraunwurzeln besitze, durch die man sich so viel Reichthümer
wie man wolle verschaffen könne, und ob ich ihm wohl gegen
reichliche Bezahlung eine ablassen wollte. Ich fragte, ob er, ein
TO gewaltiger Geldmann und Pelzkönig, denn solche heimliche Mittel
nethig habe um sich zu bereichern, welches er weit von sich
w'es, denn, sagte er, er habe im Gegentheil im Sinne, sich
seines ganzen Vermögens zu entäussern und sich auf das Himmel-
reich vorzubereiten, wie er ja immer der Ansicht gewesen sei, dass
das Glück nicht in vollen Kisten und Fässern stecke, sondern in den
Lüften schwebe und sich nicht auf die Erde herabziehen lasse.
Indessen, fügte er hinzu, müsse ein sorglicher Mann doch an den
Fall denken, dass die Erde unerwarteter Weise durch die gefahr-
volle Constellation hindurchschlüpfe, und was dann werden solle?
Da nun, wie er gehört hätte, die Natur dem Menschen allerhand
unschuldige Mittel an die Hand gegeben hätte, damit er s'ch
ihrer Schätze bemächtige, sähe er nicht ein, warum man sich der-
selben nicht unter Umständen bedienen solle.

So ganz unschuldig, erwiderte ich, wären diese Mittel nun freilich
nicht, vielmehr könnte man dabei leicht in die Gewalt des Teufels
gerathen und der ewigen Seligkeit verlustig gehen, was auch die
Ursache wäre, dass ich mich noch nicht damit abgegeben hätte.
Hierauf lächelte der Pelzkönig unschuldig wie ein spielendes Kind
und sagte, ein frommes Gernüth wie das seine brauche den Teufel
 
Annotationen