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Vereinigung Bildender Künstler Österreichs Secession [Hrsg.]
Ver sacrum: Mittheilungen der Vereinigung Bildender Künstler Österreichs — 2.1899

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Heft 2 (Feburar 1899)
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https://doi.org/10.11588/diglit.8876#0062
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die Stunde genähert hatte, wo der verderbliche
Schweifstern erscheinen sollte, begab ich mich auf
die Zinne meines Hauses, um ihn zu beobachten,
der denn auch wirklich als ein röthlichfunkelnder
Stern mit anmuthigem Strahlenbüschel wie ein
Paradiesvogel unter den übrigen sichtbar wurde.
Allmählich rückten sämmtliche Sterne sacht an
ihre Stelle, vor dem stillen Fluge der Nacht fing
die Luft an sich kühlend zu bewegen und das
träumerische Singen der Brandung wurde hörbar.
Aus dem entfernten Park drangen dann und wann
wilde jauchzende Töne der Weltkinder, die nun
toller als je ihren Reigen um das goldene Scheu-
sal tanzten. Indem ich gedankenvoll den Lauf
des Kometen verfolgte, malte ich mir mit den
inneren Augen das Rad der Zeit an den Himmel,
halb unsichtbar, halb durchsichtig leuchtend, wie
es langsam seinen riesigen Umschwung durch die
Ewigkeit drehte. Wie, dachte ich, wenn plötzlich
eine allmächtige Hand in die ungeheure Speiche
griffe, die so schnell und stark im Mittelpunkte
der Unendlichkeit sich umschwingt, dass der Sturm,
der durch die Bewegung entsteht, Wandelsterne,
Sonnen und Monde in ihren Bahnen vor sich her
treibt? Wenn das Rad plötzlich stockte, die Gestirne
erlöschten und entsetzlich zuckend in die schwarze
Unermesslichkeit stürzten! — Aber es drehte sich
langsam, langsam weiter durch das blaue Gewölk,
weiter durch die dunkle Einöde des Himmels,
nachdem die Sternbilder verblichen waren, und
durch das fröstelnde Grau des Morgens, das der
kurzen Sommernacht folgte. Hierauf legte ich
mich zu Bett und schlief bei grosser Ermüdung
augenblicklich ein.

Ein starkes Schreien und Poltern weckte mich,
als es etwa zehn Uhr Morgens sein mochte, aus
meinem Schlafe, und als ich, da ich mich im
Nachtkleide nicht unter den Leuten zeigen mochte,
durch die Klappe in meiner Thür herauslugte,
erblickte ich eine Horde wüthender Männer, die
mit Knitteln und Beilen herumfuchtelten und mich
bedrohten. Da ich den Pelzkönig und das Dukaten-
männchen unter den vordersten sah, konnte ich
mir unschwer zusammenreimen, dass sie, nun es
mit dem Weltuntergange nichts war, es mit ihren
Alräunchen versucht und die unschuldige Natur
derselben erprobt hatten, bei denen alles Anrufen
und Beschwören des Satans durchaus zu nichts
führen konnte. Trotz des blutgierigen Aussehens
der Männer fasste ich mir ein Herz und redete
sie freundlich an, indem ich sagte, ich freute mich
 
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