eine Kunst als REINE
KUNST .neben die an-
deren Äusserungen
menschlichen Dranges.
Darum — sind die Ja-
paner Anhänger des l'art
pour l'art? Sie würden
lächeln, wenn du ihnen
sagtest, was das bedeutet.
Man hat wohl oft sie
dazu gestempelt. Weil
dieses Kunstvermögen so
ungeheuer war, dass man
das, was bei diesem Volk
selbstverständliche Be-
gleiterscheinung war, als
Zweck, als einzigen
Grund des Seins auf-
fasste. Nein, es ist nur
ein Mittel.
Denn dieses Volk
versteht wie kein anderes
zu leben.
Und was diese fast
mit Zauberkraft begab-
ten Hände berühren, das
scheint seltsam zu blü-
hen. Mit einer geradezu
Erstaunen erregenden
Sicherheit gehen sie
immer gerade bis zu der
Grenze, wo das Unauf-
geklärte beginnt. Und
dann tasten sie mit di-
vinatorischer Spürkraft
weiter, eine kleine
Strecke, und ihr wunder-
bar feines Gefühl hat
ihnen hier und da rätsel-
hafte Punkte rätselhaft
beleuchtet. Und dann
ziehen sie sich wieder
zurück und der Schleier
fällt und es ist kein
Wunsch in ihnen, weiter
zu gehen. Denn ihr
unerhört verfeinertes Ge-
fühl deutet ihnen, dass
ein Weiter das Ende ist
und dass das Chaos der
Vater aller Gedanken ist.
Und so sinnen sie über
die Unendlichkeit, deren
Geheimnis sie ein wenig
gelüftet, vielleicht nur
berührt, nur gestreift,
und gehen wie selige
Kinder weiter und fühlen
die seltsamen Schauer,
die in ihnen wirken.
Und diese Wallungen
hegen sie mit einer zarten
abgöttischen Liebe.
Das ist die mystische
Seite dieser Kunst.
Und ich komme zu
einem anderen, zu der
Universalität dieser
Kunst. Wie soll man dies
Gebiet ganz beschreiben!
Wenn man bedenkt, dass
keiner das Leben so liebt,
wie der Japaner und dass
keiner so gerne allen Be-
dürfnissen nachkam, die
sich boten, dann wird
man sich eine Vorstel-
lung von der Allum-
fassenheit machen kön-
nen. Es giebt thatsäch-
lich nichts, was nicht die
Hand des Künstlers ver-
schönt, bearbeitet, zweck-
entsprechend gestaltet
hätte. Die seidenen, ge-
stickten Gewänder mit
ihren prachtvollen, in
allen Nuancen leuchten-
den Farben, die verzierten
Kämme, die die Frauen
im Haar tragen, die
Netzkes, die zum Durch-
ziehen der Seidenschnur
dienen, die die Dosen am
Gürtel halten. Sie be-
stehen aus Thon, Metall,
Lack, Holz. Es giebt
keinen Gegenstand, der
nicht erst wie aus künst-
lerischem Geiste wieder-
ENTWURF FÜR
WEBEREI. VIERFARBIG.
„DIE ZERSCHNITTENEN
BLÄTTER."
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KUNST .neben die an-
deren Äusserungen
menschlichen Dranges.
Darum — sind die Ja-
paner Anhänger des l'art
pour l'art? Sie würden
lächeln, wenn du ihnen
sagtest, was das bedeutet.
Man hat wohl oft sie
dazu gestempelt. Weil
dieses Kunstvermögen so
ungeheuer war, dass man
das, was bei diesem Volk
selbstverständliche Be-
gleiterscheinung war, als
Zweck, als einzigen
Grund des Seins auf-
fasste. Nein, es ist nur
ein Mittel.
Denn dieses Volk
versteht wie kein anderes
zu leben.
Und was diese fast
mit Zauberkraft begab-
ten Hände berühren, das
scheint seltsam zu blü-
hen. Mit einer geradezu
Erstaunen erregenden
Sicherheit gehen sie
immer gerade bis zu der
Grenze, wo das Unauf-
geklärte beginnt. Und
dann tasten sie mit di-
vinatorischer Spürkraft
weiter, eine kleine
Strecke, und ihr wunder-
bar feines Gefühl hat
ihnen hier und da rätsel-
hafte Punkte rätselhaft
beleuchtet. Und dann
ziehen sie sich wieder
zurück und der Schleier
fällt und es ist kein
Wunsch in ihnen, weiter
zu gehen. Denn ihr
unerhört verfeinertes Ge-
fühl deutet ihnen, dass
ein Weiter das Ende ist
und dass das Chaos der
Vater aller Gedanken ist.
Und so sinnen sie über
die Unendlichkeit, deren
Geheimnis sie ein wenig
gelüftet, vielleicht nur
berührt, nur gestreift,
und gehen wie selige
Kinder weiter und fühlen
die seltsamen Schauer,
die in ihnen wirken.
Und diese Wallungen
hegen sie mit einer zarten
abgöttischen Liebe.
Das ist die mystische
Seite dieser Kunst.
Und ich komme zu
einem anderen, zu der
Universalität dieser
Kunst. Wie soll man dies
Gebiet ganz beschreiben!
Wenn man bedenkt, dass
keiner das Leben so liebt,
wie der Japaner und dass
keiner so gerne allen Be-
dürfnissen nachkam, die
sich boten, dann wird
man sich eine Vorstel-
lung von der Allum-
fassenheit machen kön-
nen. Es giebt thatsäch-
lich nichts, was nicht die
Hand des Künstlers ver-
schönt, bearbeitet, zweck-
entsprechend gestaltet
hätte. Die seidenen, ge-
stickten Gewänder mit
ihren prachtvollen, in
allen Nuancen leuchten-
den Farben, die verzierten
Kämme, die die Frauen
im Haar tragen, die
Netzkes, die zum Durch-
ziehen der Seidenschnur
dienen, die die Dosen am
Gürtel halten. Sie be-
stehen aus Thon, Metall,
Lack, Holz. Es giebt
keinen Gegenstand, der
nicht erst wie aus künst-
lerischem Geiste wieder-
ENTWURF FÜR
WEBEREI. VIERFARBIG.
„DIE ZERSCHNITTENEN
BLÄTTER."
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