geboren erschiene. Es ist überflüssig;, die Reihen-
folge vervollständigen zu wollen, denn das hiesse
das ganze Leben des Japaners schildern. Denn
das, was der japanischen Kunst den grandiosen
Zug giebt, das ist die Einheitlichkeit. Es ist keine
Lücke gelassen. Ob wir eine Malerei betrachten,
eine Schnitzerei, einen gestickten Wandschirm des
Innern eines Hauses, ja das Haus selbst, es ist
alles von einem und demselben Geiste gefügt.
Sehen wir die Architektur an. Mit welch
feinem Geschmack sind die kleinen Holzgebäude
in die Landschaft gesetzt, als wäre auch diese nur
dazu da, dem Kunsttrieb der Bewohner ein Mittel
zu sein. Wie zweckmässig ist der Bau durch-
geführt! Leicht, graziös heben sie sich von dem
dunklen Hintergrunde eines Waldes ab. Das Dach
ragt weit über zum Schutze gegen Wind und
Wetter. Gewöhnlich ist nur eine Wand fest an-
gelegt; bei heiterem Wetter fallen alle anderen
Wände, werden zur Seite geschoben oder her-
untergelassen und das Innere liegt frei vor uns.
Wir sehen in das bescheidene, raffiniert einfache
Zimmer. Ein Schrank, eine Matte, ein Kake-
mono, das an der Wand hängt, ein kleiner win-
ziger Tisch. Und diese Gegenstände stellt der
Bewohner des Hauses bald so, bald so, immer
seiner augenblicklichen Laune folgend.
Wenn man die Kunst dieses feinen Volkes
kennt, kennt man ihr Leben.
Denn so unerschöpflich dieses
ist, eben so unendlich reich
spiegelt es sich in der Kunst
wieder. Hier vielleicht wie
nirgends. Denn die Japaner
haben alles in ihren Bereich
gezogen. Es existiert nichts,
was sie nicht künstlerisch
verwertet hätten. Der Ja-
paner lebt in der Natur wie
kaum ein anderes Volk. Sie
ist ihm Lehrmeisterin, und
nicht nur das; wie er sich zu
ihr stellt, hat es den Anschein,
als hegte er eine zärtliche Liebe zu ihr, wie wir
es nirgends sonst sehen. Es hat etwas unsagbar
Rührendes, wie er, der dank seiner virtuosen Be-
gabung zur Willkür, zur Beugung des Gegebenen
nach seinem Willen wie geschaffen wäre, gar
nicht daran denkt, abzuweichen von dem, was er
so innig verehrt. Und es ist immer, als ob er mit
zitternden Lippen von seiner Liebe spricht. Und
darum lässt er den Schleier gern darüber fallen, nur
andeutend, nur grüssend mit glücklichen Augen.
Alle seine Formen, alle die kühnen Kombi-
nationen lassen sich zurückführen auf die Vor-
bilder in der Natur. Und diese Hegemeister der
Technik werden nicht müde, all ihr Können zu
lassen und immer wieder in die Lehre zu gehen.
Tage-, monatelang können sie im Walde sitzen,
den Käfern zuschauen, die Grashalme betrachten,
die Berge, die unter ihnen liegen, den rätselhaf-
ten Formen des Abendnebels mit trunkenem Auge
folgen, die Linien auf dem sich kräuselnden Was-
ser festzuhalten versuchen. Dieser Dienst, den
der Japaner der Natur weiht, hat etwas tief
Religiöses und es ist berechtigt, wenn man be-
hauptet, DIE JAPANISCHE KUNST TRAEGT
IN SICH EINE WELTANSCHAUUNG. Es
ist etwas Pantheistisches darin, der Mensch ver-
schwindet vollkommen; keine Kunst lehrt so wie
die japanische die Kleinheit des Daseins, die
Grösse dieser Kleinheit und die Hingebung an
etwas, das ausser mir ist, das mich überwältigt,
dessen Kind ich bin, dessen Spuren ich selig und
zitternd folge.
Diese rührende Inbrunst hat etwas Erhabenes,
Einsames, Weitabgewandtes. Nie hat diese Liebe,
die alles Seiende mit kindlicher Verehrung, wie
etwas, das es nicht fassen
kann, anstaunt, sich mit
einem gleich grandiosen
Können gepaart, wie hier.
Es ist bekannt, dass der Ja-
paner dank seiner scharfen,
peinlich genauen Beobach-
tung Bewewegungen wahr-
nahm, die uns völlig ent-
gingen, die wir erst, nachdem
wir sie anfangs für über-
triebene Verzerrung hielten,
durch kontrollierendes Sehen,
durch langes Gewöhnen als
richtig feststellten. Ja der
Japaner sieht Augenblicksstellungen in der ganzen
Schnelligkeit des Vorübergangs, denen wir auch
jetzt noch nicht folgen können, die wir aber als
beglaubigt hinnehmen müssen. Sie erscheinen
uns wohl als willkürliche Verrenkungen.
Diese beiden Eigenschaften des empfindungs-
tiefen Gestalters und des genauen Beobachters
ENTWURF FÜR BODEN-
BELAG IN MEAU-
QUETTES-WEBEREI.
folge vervollständigen zu wollen, denn das hiesse
das ganze Leben des Japaners schildern. Denn
das, was der japanischen Kunst den grandiosen
Zug giebt, das ist die Einheitlichkeit. Es ist keine
Lücke gelassen. Ob wir eine Malerei betrachten,
eine Schnitzerei, einen gestickten Wandschirm des
Innern eines Hauses, ja das Haus selbst, es ist
alles von einem und demselben Geiste gefügt.
Sehen wir die Architektur an. Mit welch
feinem Geschmack sind die kleinen Holzgebäude
in die Landschaft gesetzt, als wäre auch diese nur
dazu da, dem Kunsttrieb der Bewohner ein Mittel
zu sein. Wie zweckmässig ist der Bau durch-
geführt! Leicht, graziös heben sie sich von dem
dunklen Hintergrunde eines Waldes ab. Das Dach
ragt weit über zum Schutze gegen Wind und
Wetter. Gewöhnlich ist nur eine Wand fest an-
gelegt; bei heiterem Wetter fallen alle anderen
Wände, werden zur Seite geschoben oder her-
untergelassen und das Innere liegt frei vor uns.
Wir sehen in das bescheidene, raffiniert einfache
Zimmer. Ein Schrank, eine Matte, ein Kake-
mono, das an der Wand hängt, ein kleiner win-
ziger Tisch. Und diese Gegenstände stellt der
Bewohner des Hauses bald so, bald so, immer
seiner augenblicklichen Laune folgend.
Wenn man die Kunst dieses feinen Volkes
kennt, kennt man ihr Leben.
Denn so unerschöpflich dieses
ist, eben so unendlich reich
spiegelt es sich in der Kunst
wieder. Hier vielleicht wie
nirgends. Denn die Japaner
haben alles in ihren Bereich
gezogen. Es existiert nichts,
was sie nicht künstlerisch
verwertet hätten. Der Ja-
paner lebt in der Natur wie
kaum ein anderes Volk. Sie
ist ihm Lehrmeisterin, und
nicht nur das; wie er sich zu
ihr stellt, hat es den Anschein,
als hegte er eine zärtliche Liebe zu ihr, wie wir
es nirgends sonst sehen. Es hat etwas unsagbar
Rührendes, wie er, der dank seiner virtuosen Be-
gabung zur Willkür, zur Beugung des Gegebenen
nach seinem Willen wie geschaffen wäre, gar
nicht daran denkt, abzuweichen von dem, was er
so innig verehrt. Und es ist immer, als ob er mit
zitternden Lippen von seiner Liebe spricht. Und
darum lässt er den Schleier gern darüber fallen, nur
andeutend, nur grüssend mit glücklichen Augen.
Alle seine Formen, alle die kühnen Kombi-
nationen lassen sich zurückführen auf die Vor-
bilder in der Natur. Und diese Hegemeister der
Technik werden nicht müde, all ihr Können zu
lassen und immer wieder in die Lehre zu gehen.
Tage-, monatelang können sie im Walde sitzen,
den Käfern zuschauen, die Grashalme betrachten,
die Berge, die unter ihnen liegen, den rätselhaf-
ten Formen des Abendnebels mit trunkenem Auge
folgen, die Linien auf dem sich kräuselnden Was-
ser festzuhalten versuchen. Dieser Dienst, den
der Japaner der Natur weiht, hat etwas tief
Religiöses und es ist berechtigt, wenn man be-
hauptet, DIE JAPANISCHE KUNST TRAEGT
IN SICH EINE WELTANSCHAUUNG. Es
ist etwas Pantheistisches darin, der Mensch ver-
schwindet vollkommen; keine Kunst lehrt so wie
die japanische die Kleinheit des Daseins, die
Grösse dieser Kleinheit und die Hingebung an
etwas, das ausser mir ist, das mich überwältigt,
dessen Kind ich bin, dessen Spuren ich selig und
zitternd folge.
Diese rührende Inbrunst hat etwas Erhabenes,
Einsames, Weitabgewandtes. Nie hat diese Liebe,
die alles Seiende mit kindlicher Verehrung, wie
etwas, das es nicht fassen
kann, anstaunt, sich mit
einem gleich grandiosen
Können gepaart, wie hier.
Es ist bekannt, dass der Ja-
paner dank seiner scharfen,
peinlich genauen Beobach-
tung Bewewegungen wahr-
nahm, die uns völlig ent-
gingen, die wir erst, nachdem
wir sie anfangs für über-
triebene Verzerrung hielten,
durch kontrollierendes Sehen,
durch langes Gewöhnen als
richtig feststellten. Ja der
Japaner sieht Augenblicksstellungen in der ganzen
Schnelligkeit des Vorübergangs, denen wir auch
jetzt noch nicht folgen können, die wir aber als
beglaubigt hinnehmen müssen. Sie erscheinen
uns wohl als willkürliche Verrenkungen.
Diese beiden Eigenschaften des empfindungs-
tiefen Gestalters und des genauen Beobachters
ENTWURF FÜR BODEN-
BELAG IN MEAU-
QUETTES-WEBEREI.