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Vereinigung Bildender Künstler Österreichs Secession [Hrsg.]
Ver sacrum: Mittheilungen der Vereinigung Bildender Künstler Österreichs — 2.1899

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Heft 11 (November 1899)
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https://doi.org/10.11588/diglit.8876#0397
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THEO VAN RYSSEL-
BERGHE. PORTRÄT
DES SCHRIFT-
STELLERS EMILE
VERHAEREN 1893

und Dichtern zufiel, das gelang- dem Bildhauer.
Eine kleine Gruppe, Bruder und Schwester: das
erwachsene Mädchen reizend unbewusst unter den
Liebkosungen des Brüderchens in dämmerige Ge-
danken versenkt; man denkt gern dabei an Gret-
chen und Marianne.

So schliesst sich der weite Kreis von Rodin's
Können lückenlos; in diesem merkwürdigen Manne
liegt nebeneinander, was sich sonst auf einzelne
vertheilt. — Von der Hand seiner Schülerin Ca-
milla Claudel stand am Eingang zur Ausstellung
eine vorzügliche Porträtbüste des Meisters, der
Katalog zeigte sein Bild: auf der nachlässig ge-
tragenen Gestalt eines Arbeiters ein derber Kopf

mit wirrem Bart, unter den starken Stirnknochen
leuchten Augen, denen man glaubt, dass sie Höhen
und Tiefen kennen und auch der herzgewinnende
Zug fehlt nicht, dem nichts menschliches fremd
ist. — Für all diesen inneren Reichthum den
leichten Ausdruck finden, das hohe Glück dankt
Rodin seiner Nationalität, er theilt es mit andern,
in seiner Kunst verdankt er die unerhörte Herr-
schaft über die Mittel keinem mehr als sich selbst;
aber was ihn über andere und selbst die Grenzen
seiner Nation hinaushebt, das ist, was wir lange
genug vermissten, der Einklang reiner Formen mit
reiner Schönheit der Gedanken.
 
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