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Vereinigung Bildender Künstler Österreichs Secession [Editor]
Ver sacrum: Mittheilungen der Vereinigung Bildender Künstler Österreichs — 6.1903

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Heft 14
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https://doi.org/10.11588/diglit.8880#0278
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züglich der Wawelrestaurierung. Auch ich würde es gerne unterlassen,
eine Antwort auf diesen Brief zu veröffentlichen. Aber unser Publikum
besitzt wenig Selbstvertrauen und ist umso ängstlicher, als es sich um
eine so wichtige Sache wie die Restaurierung der Kathedrale auf dem
Wawel handelt. So hat der Brief eine Wirkung ausgeübt, deren nachteilige
Folgen sich bereits empfindlich fühlbar machen. © © ©

© Die Wirkung des Briefes war nicht in allen Teilen meiner Heimat die
gleiche. Krakau, das seit einer Reihe von Jahren Erfahrungen über Restau-
rierungen sammelte, das ein Mickiewicz-Denkmal errichtet hat, Krakau,
das mit kritischer Teilnahme die Restaurierungsarbeiten an der Kathedrale
verfolgt, das mit der üblichen Art des Meinungsaustausches vertraut ist, das
mit einem Wort das Bewußtsein hat, Worte, die in diesem die Leiden-
schaften erregenden Streite fallen, dürften nicht kritiklos hingenommen
werden = Krakau nahm diesen Brief vor allem mit Verwunderung auf.
© Man fragt sich hier namentlich, warum Graf Lanckororiski erst jetzt
seine Stimme erhebe, erst jetzt, wo so vieles Schlechte nicht mehr gutzu-
machen ist und da die Teilnahme des Briefverfassers an dem Werke der
bisherigen Restaurierung bekannt ist, so fragt man ferner, wie wohl der
Sarkophag der Königin Jadwiga von Madejski und das Denkmal für
Kardinal Olesnicki von Kaspar Zumbusch mit den in dem Briefe kund-
gegebenen Anschauungen in Einklang zu bringen seien. © © ©
© Aber in anderen Teilen unseres Landes, die von der zeitgenössischen
Kunstbewegung mehr abgeschnitten sind, bewirkte diese von der Höhe
des Auslandes kommende Stimme ein vollständiges Kapitulieren vor der
Autorität. Dort dachte man, daß die Worte des Grafen Lanckorohski,
eines Polen, der in Deutschland als Kunstkenner anerkannt wird, maß-
gebend sind und daß man dieselben als Weisung ohne Einschränkung an-
nehmen darf, um allen Schäden und Gefahren dadurch entgehen zu können.
© Und hier liegt die verderbliche Bedeutung dieses Briefes, denn er
beschränkt die künstlerische Arbeit, welche ohnedies unter den schwersten
Bedingungen ausgeführt wird, und unterbindet jede freie Bewegung. ©
© Diese Antwort soll also eine oratio pro domo mea sein. Ich will von
der Kunst und von mir sprechen. Dies ist unvermeidlich, denn die Fragen,
die zur Diskussion stehen, sind brennend. ©©©

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