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Nachtwache am Bahnhof.
Don Walter Kornick, im Felde.
Verschlafen stehn die Güterzüge drüben,
Vom Schein der Vahnlaternen matt berührt.
Gemächlich senkt der Himmel dunkle Decken
Der Dämmerung, Schicht auf Schicht, herab,
Und wehend naht die Nacht.
Vom andern Ende her des Bahnsteigs, den ich schreite,
Ertönt der Ulme Aufschrei, der entblätterten,
Die sich dem Winde beugen muß, dem wilden Fiedler.
Des Vahnhofhauses schwärzliche Ruine
Scheint tief und tiefer in sich zu versinken-
Durch ihre hohlen Augen strömt,
Vom Sturm gejagt, ein Meer von Dunkelheit.
Lebendig wird's im leeren, toten Raum.
Schutt jagt in wildem Tanze durch die Luft,
Vom Pendelschlag der Eisenfetzen aufgescheucht,
Die von zerborstnen Mauern niederhängen
Und schauervollen Sang erbebend singen.
Es bebt die Säule, die des Daches Last
Einst tragen half, im Wellenschlag der Nacht-
Aus schwerem Schlaf erwachen die Gelenke
Und heben winselnd die zerbrochenen Glieder.-
Nur ich, der einzig Lebende in all dem Tosen,
In all dem Toben unbeseelter Dinge,
Ich fühle Blut und Seele mir erstarren,-
Mein Denken fällt — wie Blätter von den Bäumen —
Von mir herab, und haltlos und verlassen
Steh' ich, vom Sturm der Mitternacht
Umtanzt und ihren bösen Geistern,
Und zu dem Tage, dem noch ungebornen,
Mit heißen Lippen bet' ich, daß er komme.
 
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