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von Bedeutung und großem typischen Aufbau bekam. Dies
„Große Glück", äußerlich so unitalienisch wie möglich, bedeutet
vielleicht doch die reifste Frucht seiner Auseinandersetzung mit
Italien, die reifste deshalb, weil sie halb naiv entstand. Wie groß,
wie summarisch er damals zu sehen sich gewöhnt hatte, zeigen ein
paar einfache Zeichnungen aus ebendiesen Jahren, eine Skizze
seiner Frau Agnes (Abb. 11), mit ein paar schnellen Strichen no-
tiert und dabei doch von merkwürdiger Suggestionskraft in der
Handschrift, und ein Madonnenentwurf (Abb. 12) von wirklich
großer Form und von so viel Freiheit in der Sprache, daß man
schon fast den großen Klang seiner Meisterzeichnungen aus den
Jahren 1510 und 1511 zu vernehmen glaubt.
Doch die italienische Schule wirkte weiter in ihm. Das „Große
Glück" konnte ihn auf die Dauer nicht befriedigen. Das war ein
Einzelfall, dieser Mensch, und er wollte doch gerade heraus aus
dem Individuellen, er wollte das Typische und allgemein Gültige.
Er wollte Schönheit, die Schönheit des Menschen, das Urbild
und das Gesetz dieser Schönheit. Wissenschaftlich, durch Erfah-
rung und durch Theorie festgelegt, wollte er es. Und nun geht er
daran, dies zu studieren, in den Büchern der Alten, soweit er ihrer
habhaft werden kann, durch Ausfragen des Italieners Iacopo de
Barbari, der so tat, als besitze er diesen Stein der Weisen, durch
Vertiefung in das Problem der Proportion und durch zahllose
Messungen und Konstruktionen am Modell und auf dem Papier.
27ur so glaubte er zum großen Stil gelangen zu können, und als er
nach mehr als vierjähriger harter Arbeit glaubt, das Geheimnis ge-
funden zu haben, vertraut er es im Jahre 1504 der Kupferplatte
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