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Walz, Dorothea; Probst, Veit [Hrsg.]; Zimmermann, Karin [Hrsg.]; Biblioteca Apostolica Vaticana [Hrsg.]
Die historischen und philosophischen Handschriften der Codices Palatini Latini in der Vatikanischen Bibliothek (Cod. Pal. Lat. 921 - 1078) — Wiesbaden, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.24102#0019
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Einleitung

Die größte und bedeutendste deutsche Bibliothek in der frühen Neuzeit, die leicht von
allen Bibliotheken Deutschlands sich die Palme nimmt1, war die Heidelberger Biblio-
theca Palatina. Ihr Schicksal ist hinreichend bekannt: Als Folge der Eroberung Heidel-
bergs 1622 im Dreißigjährigen Krieg hatte der siegreiche Herzog Maximilian von Bay-
ern die Bibliothek Papst Gregor XV., der sie forderte, eher unfreiwillig zum Dank für
die gewährte Unterstützung angeboten. So war sie 1623 als Kriegsbeute nach Rom ge-
langt2, wo sich der weitaus größte Teil noch immer in der Vatikanischen Bibliothek be-
findet. Ein Schatz, der nicht mehr zu schätzen; ein Schatz, welchen das Römische Reich
nicht mehr zuwege bringen wird... Summa: sie hat mit Recht den Namen geführt: Op-
timus Germaniae literatae thesaurus, pries sie wenige Jahre nach ihrer Wegführung,
1640, der Straßburger Prediger Johannes Schmid .

Ihr Verlust war also nicht nur für Heidelberg, nicht einmal nur für Deutschland
schmerzhaft, sondern für die gesamte damalige Gelehrtenwelt. Sogar ausländische Be-
sucher hatten zuvor von den auf den Emporen der Heiliggeistkirche untergebrachten
Bücherschätzen geschwärmt, so der englische Student Thomas Coryate 16084. Zahl-
reiche bedeutende Dichter und Gelehrte wie die Frühhumanisten Matthias von Kem-
nat, Petrus Fuder, Rudolf Agricola, Jakob Wimpfeling, der „Erzhumanist" Konrad
Celtis, im 16. Jahrhundert der Mediziner und Poet Petrus Fotichius, die Astronomen
und Mathematiker Simon Grynaeus und Johannes Virdung, die gelehrten Bibliothe-
kare Guilielmus Xylander, Fambert Fudolf Helm ,Pithopoeus', Friedrich Sylburg, Jan
Gruter und der „deutsche Horaz" und Poeta laureatus Paulus Schede Mehssus, der
Historiker Marquard Freher, der Dichter Martin Opitz, der Verleger Hieronymus
Commelin und viele andere hatten mit zu ihrem Ruhm beigetragen. Zahlreiche Text-
ausgaben waren auf der Grundlage von Codices der Palatina erschienen. Besonders
der Flame Jan Gruter, der 1592 als erster Fehrstuhlinhaber für Geschichte nach Hei-
delberg kam und seit 1602 auch Bibliothekar der Palatina war, machte sich durch etli-
che Textausgaben verdient, vor allem von Werken römischer Klassiker - oft waren es

1 So Kaiser Ferdinand II. 1621, zitiert nach E. Mittler, in: Bibliotheca Palatina, Textband,
S.459.

2 Zur Geschichte der Palatina nach 1621 vgl. Wilken; H.-O. Keunecke, Die Vorbereitung der
Heidelberger Bücherentführung 1622/23 durch den Vatikan und die Rolle Maximilians von
Bayern, in: Wittelsbach und Bayern, Ausstellungskatalog, München 1980, Bd. 2,1, S. 408-423;
E. Mittler, in: Bibliotheca Palatina, Textband, S. 458 ff.

3 Zitiert nach Wilken, S. 217 f.

4 Thomas Coryate, Crudities, 1611, Nachdruck Glasgow 1902, vgl. die ins Deutsche übersetzte
Passage von Coryates Heidelberg-Aufenthalt vom 7./8. September 1608 bei A. Gardt/H. Wie-
gand, Ein Engländer in Heidelberg 1608, Heidelberg 1986, S. 11 f.

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