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bis 1787 als Oberbrennmeister an der Fabrik tätig blieb. «Es
wurden etwa 20 Brände im Jahr vorgenommen." Das Fabrikzeichen
wurde unter der Glasur in Blau angebracht; die Hauptmarke
bestand bis 1806 in den bekannten zwei gekreuzten C Herzog
„Carls" mit dem kronenartigen Herzogshut darüber, weshalb dieses
Porzellan im Ausland, besonders in Holland, oft nur unter dem
seltsamen Namen „Kronenburger" ging.
Weitere Ludwigsburger Fabrikmarken sind die gekreuzten
C ohne Herzogskrone — ein Zeichen, welches auch die Fabrik
Niederweiler in Lothringen unter Custine (1780—1793) sowie Buen
Retiro bei Madrid führte, weshalb Verwechslungen vorkommen —;
dann seit 1806 das verschlungene F(ridericus) R(ex) in Kursiv-
schrift, häufiger dasselbe mit Königskrone darüber — das für die
zweite Gemahlin König Friedrichs, die englische Prinzessin Char-
lotte Mathilde bestimmte Porzellangerät erhielt ein besonderes
Zeichen in Gold: CM; seit 1818 WR mit einer noch reicheren
Krone. Auf dem Porzellangeschirr befindet sich oft nur ein Wappen-
schild mit den drei Hirschhörnern, oder eine einzelne Hirschstange
ohne Schild; doch kommt beides auch mit L darüber vor.
Äusser den Fabrikmarken finden sich an den Porzellan-
gegenständen zweierlei Zeichen: einmal — vorzugsweise in der
Höhlung der Figuren — gemalte Nebenmarken, meist einzelne
Buchstaben in verschiedenen Farben, wohl durchweg, wie in
Sevres, Monogramme von Malern; am häufigsten kommt vor:
2 (Steinkopf?); ferner J3; ft, wohl als deutsches (5 zu deuten; dann
das Zeichen $, welches nach damaliger Schreibweise genau einem
deutschen ® entspricht, also nicht in SB aufzulösen sein wird;
H4 (Heinzenmann?); an Vasen R (Riedel); vereinzelt auch der
volle Name (Heinzemann, Kirschner). Die andere Gattung von
Zeichen besteht teils aus in Kursivschrift von freier Hand in die
noch weiche Masse eingeritzten Buchstaben (£, St), welche
wahrscheinlich Namen von Bossierern oder Formern andeuten,
grösstenteils aber aus (eingeritzten oder) stempel artig ein-
gedrückten Gruppen von Buchstaben und Zahlen; in diesem
Falle handelt es sich gewiss um Merkzeichen für die Waren-
gattung, Musternummern u. dgl.
Der polychromen Ausschmückung bot und bietet das „Scharf-
feuerporzellan" wegen der grossen Hitzegrade (1800° C.), die es
beim zweiten Brennen, Glasurbrand, in Kapseln verpackt durch-
machen muss, grosse Schwierigkeiten; die wenigen Scharffeuer-
farben, welche diese Temperatur aushalten, also unter der Glasur
aufgetragen und mit ihr geschmolzen werden können, geben die
wärmsten, saftigsten Töne; aber die meisten Oxyde sind nur als
Muffelfarben zu gebrauchen, sie verflüchtigen sich im Scharffeuer,
weshalb man Stücke mit reicher Farbenskala über der Glasur

bemalt, dann im Muffelofen zum drittenmal der Glühhitze (800° C.)
aussetzt, wobei sich die Farben mit der Glasur schmelzartig ver-
binden.
Neben dem bemalten Porzellan, dessen Farbenspiel bei Waren
erster Qualität noch durch Goldglanz gehoben ist, erzielte auch
das einfach weiss glasierte namentlich in den geschweiften Rocaille-
formen dekorative Wirkung. Übrigens fehlt dem Ludwigsburger
Porzellan aus dem 18. Jahrhundert jene blendend weisse, durch-
sichtige Masse, wie man sie namentlich in Meissen und Franken-
tal erzielte.
Die Ludwigsburger Erzeugnisse konnten sich gewiss um so
eher sehen lassen, als man „nur den Anstich der Öfen behielt.
Hievon liess aber der Herzog mehrere Jahre gar nichts (?) ver-
kaufen, teils weil er’s für sich behielt, teils weil er ein Magazin
zum Zeigen haben wollte." Jedoch wurde erstmals im November
und Dezember 1761 eine Lotterie veranstaltet. Ein Warenvorrat
im Nominalwert von 10000 fl. wurde auf Maultieren ins Fürsten-
haus nach Stuttgart geschafft; man gab 4000 Lose zu 2 fl. 30 kr.
aus, auf jedes achte Los fiel ein Treffer, der Wert der einzelnen
Gewinne stieg bis auf 300 fl. Auch bei den „Silber- und Galan-
terie-Lotterien", die Anfang Januar im „Redoutensaal" (Neuen
Lusthaus) stattzufinden pflegten, und wobei das Los nur 20 kr.
kostete, spielte das „feinste Porcelain“ bald eine Rolle.
Um im Auslande Kundschaft zu gewinnen, wurden sodann
im ganzen Rheingebiet an geeigneten Orten Niederlagen errichtet:
in St. Gallen, Heilbronn, Würzburg, Hanau (später Frankfurt),
Darmstadt, Köln und im Haag; letztere erzielte, wie schon oben
angedeutet, lange den grössten Erlös und hatte z. B. 1793 einen
Vorrat im Wert von 14000 fl.; freilich kam die Fabrik am Ende
„bei keiner ohngeschlagen davon".
2. Die Porzellanfiguren. — Beyer, Lejeune und andere Modelleure.
In künstlerischer Hinsicht kam Ludwigsburg, im Gegen-
satz zu den meisten andern Manufakturen, sehr schnell zur höchsten
Blüte. Neben dem Porzellangeschirr, auf welches die älteren
Manufakturen sich anfangs beschränkt hatten, wurden sofort auch
allerhand Gestalten gebildet, wie denn überhaupt „Serenissimus
gerade an Figuren eine vorzügliche Freude hatte". Eben in solchen
Geschöpfen der Kleinkunst tritt ja der Genius des Rokoko,
dem das Grosse, der Ernst und die Tiefe so ferne lag, der das
Leben in ein Spiel aufzulösen bemüht war, leibhaftig vor die
Nachwelt hin. Sprühende Laune in der Behandlung der Formen,
ein tändelndes Wesen, in lichten Farben bezaubernd und in
schillernden Stoffen, Glanzlichter, hingleitend an der Oberfläche
 
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