Donatello und seine Schüler und Mitarbeiter.
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Die Anregung zur Schaffung des letzteren verdankt er
dem Studium der Antike, und auch sicher nicht zum wenigsten
den Vorbildern seiner Vorgänger Jacopo della Quercia und
Piero Tedesco. Aber trotzdem das Flügelkind bereits von
diesen Künstlern gebracht wird, eigentlich heimisch in der
Kunst wird es doch erst durch Donatello, welcher den Charakter
des antiken Amor mit dem Wesen und den individuellen Zügen
lebender Kinder verschmilzt und durch diese Vereinigung erst
den modernen Putto schafft, den Putto von «Fleisch und Blut»,
wie Bode denselben bezeichnet1. Denn gerade hierin besteht
das Hauptverdienst Donatellos gegenüber seinen Vorgängern,
dass er die Formen der kindlichen Gestalten nach der Natur
hinsichtlich der Anatomie und Proportion zu seinem Studium
machte, und so die Fehler, in welche erstere Künstler in diesen
Dingen noch verfallen waren, vermeidend, als der erste das
Kind, wie es ist und sich giebt, der Kunst schenkte. Die
liebevolle Verwertung der künstlerischen Reize des Kindes in
dem Alter, in welchem zuerst das Bewusstsein und eine ge-
wisse Thatkraft und mit ihr der Schalk sich regt, konnte nicht
ohne nachhaltigen Einfluss bleiben. Wie ein Lauffeuer ver-
breiteten die zahlreichen Schüler des grossen Florentiner Bild-
hauers diese gefälligste und reizendste aller Dekorationsarten
durch ganz Italien, und von dort eroberte sie sich im Laufe
der Zeiten die Welt. Nie ist dieser liebliche Schmuck seitdem
wieder aus der Kunst gewichen bis auf den heutigen Tag. —
So wirkt die bahnbrechende That eines Genies noch durch
Jahrhunderte fort.
1 In dem Aufsatze: «Versuche zur Ausbildung des Genre in der Floren-
tiner Plastik»: Jahrbuch der Königl. Preuss.Kunstsammlungen, Bd. XI, 1890,
S. 95 ff.
Weber, Die Entwickelung des Putto.
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Die Anregung zur Schaffung des letzteren verdankt er
dem Studium der Antike, und auch sicher nicht zum wenigsten
den Vorbildern seiner Vorgänger Jacopo della Quercia und
Piero Tedesco. Aber trotzdem das Flügelkind bereits von
diesen Künstlern gebracht wird, eigentlich heimisch in der
Kunst wird es doch erst durch Donatello, welcher den Charakter
des antiken Amor mit dem Wesen und den individuellen Zügen
lebender Kinder verschmilzt und durch diese Vereinigung erst
den modernen Putto schafft, den Putto von «Fleisch und Blut»,
wie Bode denselben bezeichnet1. Denn gerade hierin besteht
das Hauptverdienst Donatellos gegenüber seinen Vorgängern,
dass er die Formen der kindlichen Gestalten nach der Natur
hinsichtlich der Anatomie und Proportion zu seinem Studium
machte, und so die Fehler, in welche erstere Künstler in diesen
Dingen noch verfallen waren, vermeidend, als der erste das
Kind, wie es ist und sich giebt, der Kunst schenkte. Die
liebevolle Verwertung der künstlerischen Reize des Kindes in
dem Alter, in welchem zuerst das Bewusstsein und eine ge-
wisse Thatkraft und mit ihr der Schalk sich regt, konnte nicht
ohne nachhaltigen Einfluss bleiben. Wie ein Lauffeuer ver-
breiteten die zahlreichen Schüler des grossen Florentiner Bild-
hauers diese gefälligste und reizendste aller Dekorationsarten
durch ganz Italien, und von dort eroberte sie sich im Laufe
der Zeiten die Welt. Nie ist dieser liebliche Schmuck seitdem
wieder aus der Kunst gewichen bis auf den heutigen Tag. —
So wirkt die bahnbrechende That eines Genies noch durch
Jahrhunderte fort.
1 In dem Aufsatze: «Versuche zur Ausbildung des Genre in der Floren-
tiner Plastik»: Jahrbuch der Königl. Preuss.Kunstsammlungen, Bd. XI, 1890,
S. 95 ff.
Weber, Die Entwickelung des Putto.
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