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den dargestellten Personen das ästhetische am antiken Fundstück überwog, legte
der Sammler Wert auf den Besitz geschlossener geschichtlicher Reihen. Vor allem
waren es die zwölf von Sueton behandelten Caesaren von Julius Caesar bis
Domitianus, welche besonders gesucht waren; aber auch darüber hinaus erfreuten
sich die nachfolgenden Herrscher des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts ein-
schließlich der antoninischen Herrscherfamilie reger Nachfrage. Diese Sammler-
leidenschaft hatte ein gefährliches Unwesen zur Folge. Was der Boden nicht
hergab, wurde in römischen Marmorwerkstätten gefertigt und gefälscht. Den
Anfang machte bereits Leo X., der Franz I. nach dem Siege von Marignano die
Auslieferung des Laokoon versprochen hatte, indem er durch Baccio Bandinelli
eine Nachbildung der Gruppe anfertigen ließ, um dem Wort nach sein Ver-
sprechen zu halten. Dem Festsaal des von Ammanati 1556 begonnenen Palazzo
Ruspoli in Rom mußten neben einer reichen Wand- und Deckenmalerei mit
mythologischen Darstellungen in Rundnischen die Büsten der zwölf Caesaren
Suetons als Schmuck dienen; unter ihnen ist keine einzige antik. Auch die zwölf
Imperatorenbildnisse, welche der Kardinal Alexander Farnese dem Kaiser Maxi-
milian II. zum Geschenk machte, waren zwar schön, aber sämtlich modern, wie
bereits der Graf Prospero d’Arco in seinem Brief vom 16. Februar 1566 an den
Kaiser berichtet.
Viele derartige Nachbildungen wollten nichts anderes sein, als eine Aufmerk-
samkeit oder ein Andenken für den Liebhaber, wie etwa Antonio Filarete eine
Bronzestatuette nach dem Reiterbild des Marcus Aurelius in der Dresdener
Skulpturensammlung laut Widmungsinschrift vom Jahre 1465 dem Piero de
Medici zum Geschenk machte. Es gibt auch eine Anzahl lebensgroßer Bronze-
bildnisse nach Art des Antoninus Pius, der älteren und der jüngeren Faustina in
der unteren Gallerie des Louvre, des Marcus Aurelius der Pariser Sammlung
Feuardent sowie des Antoninus Pius im Palazzo Doria in Rom, die wegen ihrer
bedeutenden Materialschönheit einem besonderen Anlaß oder einem Aufträge
ihren Ursprung verdanken mögen. Groß aber ist entschieden die bedenkliche
Gattung der in betrügerischer Absicht verfertigten Marmorwiederholungen. Viele
mäßige Machwerke entlarvt der wachsende Abstand von der Zeit, der An-
schauungsweise und Sehgewohnheit ihrer Entstehung. Der geschickte Fälscher
Bartolomeo Cavaceppi (1716—1799), der unter anderen einige englische Privat-
sammlungen und die Wörlitzer Schloßanlage mit antiken Bildnissen von seiner
Hand versah, erfreut sich bereits eines gewissen historischen Ruhmes. Es gibt
aber auch so ausgezeichnete Werke, wie die Büsten des Trajan in Venedig und
des Antoninus Pius im Museo Capitolino, Imperatori 35, angesichts derer man
sich schwer entschließen wird, an ihrem antiken Ursprung zu zweifeln. Eine

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