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Faltenwurf zu erreichen. Diese aus der Formentfaltung angezeigte Stellung ent-
spricht der wirklichen Zeitfolge, denn es ist anzunehmen, daß diese freiplastischen
Bildnisse den frühesten Prägungen entsprechend um 164 geschaffen wurden.
Das vorzüglichste Bildnis der Crispina ist ein anmutiger, jugendlicher Kopf im
Thermenmuseum 800 (Taf. 57). Die Haartracht stimmt mit derjenigen der Münz-
profile überein. Eine flache, gescheitelte Stirnrolle leicht gewellter Haare führt bis
über die Schläfen herab; sie scheint auch auf den Münzen wie in der Rundplastik
die Ohrmuschel ganz unverdeckt zu lassen und im Bogenschwung darüber hinweg
sich einfacher und schmaler im Nacken fortzusetzen. Den Ober- und Hinterkopf
umgibt die Melonenfrisur in parallel zum Scheitel verlaufender Gliederung; daß
an den Münzen eine Unterteilung weniger gezählt wird als an dem Kopf des
Thermenmuseums, ist belanglos. Das Nest ist groß und liegt flach am Hinter-
kopf; die Flechte ist wie auf dem Aureus nur zweimal sichtbar herumgeführt. Das
Gesicht zeigt im Profil eine schlanke Bildung. Die gerade Stirn flieht etwas zurück
bei überwiegender Steilheit des Gesamtumrisses und flachem "Winkel der Stirn-
Nasen-Linie. Der Mund ist klein, der Hals schlank. Im Ausdruck zeigen sich Auf-
gewecktheit und liebenswürdige Anmut.
In der Durchbildung des Kopfes herrschen klare, kubische Formen und bestimmte,
eindeutige Linien. Die Augenbohrung läßt bereits die charakteristische Spätform
der kreisförmigen Mulde mit dem feinen Glanzlichtsporn erkennen. In Auffassung
der Bildniszüge und in der Formdurchbildung verrät sich die Hand eines Meisters.
Die "Wiederholungen in Berlin 451; in Paris, Louvre 1138, und in Petworth sind
sämtlich schlechter erhalten und überarbeitet oder geputzt.
"Weitere Bildnisse, den übrigen Haartrachten der Münzprägungen entsprechend
und in den Gesichtszügen übereinstimmend, lassen sich im Denkmälerbestand nicht
nachweisen. Beide Brauen verfielen der Ungnade des Commodus, wurden in den
ersten Jahren seiner Herrschaft nach Capri verbannt und später hingerichtet. Die
Ehrung durch Bildnisaufstellung muß aufgehört haben; es ist nicht ausgeschlossen,
daß Commodus sogar die Vernichtung bestehender Bildnisse befahl. Trotzdem
müßten nicht gerade sämtliche späteren Bildnisse verlorengegangen sein, während
der Bildnistypus mit der frühesten Haartracht kaum seltener erhalten blieb als
das Jugendbildnis der jüngeren Faustina. Gerade deren Bildnisse ließen beobachten,
wie lange das erste Bildnis der Augusta als verbindlich anerkannt und wiederholt
wurde; bis zum Antritt der Alleinherrschaft des Marcus Aurelius setzte sich kein
zweites Bildnis der jüngeren Faustina ihm gegenüber durch. Dementsprechend ist
es wahrscheinlich, daß bei den beiden jüngeren Fürstinnen wenigstens in der Plastik
nur ein Bildnis der Lucilla Augusta und eines der Crispina Augusta offizielle
Gültigkeit besaß.

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