Grkanl! - Die See kocht, rast. Der Nordatlantik
wälzt riesige Wellenberge heran. Non ihrem Kamm
reiht der Sturm den Gischt. Weiher Dunst ersüllt
dis Lust. Um 3 Ahr nachmittags schon bricht die
Dämmerung herein. Um 4 Uhr ist die Nacht wie
Pech. Nur die Schaumkämme der Seen leuchten ge-
spenstisch aus, wenn sie herantosen und sich auf den
Dampfer stürzen, der hier oben aus 70 Grad Nord-
breite seinen Weg sucht, taumelnd, rollend, fast be-
graben unter den wütenden Brechern. Das heult in
den Masten und pfeift um die Ausbauten. Auf der
Brücke stemmen sich die Menschen gegen die rasende
Wut des Sturms. Sie klammern sich an der Reeling
fest, klamm die Kinger, erstarrt in der grimmigen
Kälte, kein Jaden mehr trocken... Wird das Schiss
durchhalten?! Brecher um Brecher kracht gegen die
Bordwand, flutet über Deck. So geht es zwei Tage, so
geht es zwei Nächte, dann klart es endlich auf. All-
mählich lassen auch Wind und See nach. Die Jahrt
geht weiter, nördlich um Island in die Vänemark-
strahe. Und da ist es, was sie auf dem Schiff mehr
fürchten als die englische Sicherung ... das Tis!
Erst sind es einzelne Schollen und loses Treibeis,
dann aber wird das Listreiben stärker. Lisberge
ziehen vorüber, durch dichte Tisfelder führt der
Kurs. Immer langsamer geht es vorwärts. Line
neue Gefahr droht dem Schiff: Einfrieren! Ls ist
rettungslos verloren, wenn das eintritt. And das
Thermometer zeigt 20 Grad.-
Doch, das Lis weicht und am 10. Dezember
1916 - es sind also in diesen Tagen 20 Jahre her -
erreicht „das schwarze Schiff" auf der Höhe derSüd-
spitze Grönlands das freie Weltmeer.
Das schwarze Schiff. So hieh der Hilfskreuzer
„Wolf", der am 30. November 1916 die Heimat ver-
lassen hatte, um seine lange und geheimnisvolle
Reise anzutreten. Bei einer Wasserverdrängung von
5800 Br.-Reg.-Ts. lief er eis Seemeilen. Lr hatte
- von auhen nicht erkennbar - sieben IS-Zentimster-
Geschütze und Torpedoarmierung an Bord, Proviant
für IS Monate und über 6000 Tonnen Kohle. Und,
mehr noch: Lin paar hundert Minen und - einJIug-
zsug, das „Wölfchen". Kommandant war Fregatten-
kapitän Nsrger.
Wochenlang hörte niemand etwas, weder die
Heimat noch der Keind. Den „Wolf" hatte der At-
lantik verschluckt.
16. Januar 1917. - Kapstadt. Ls ist Nacht. Die
Scheinwerfer auf den tzafenmolen suchen langsam
die weite Bucht ab, wie sie es schon seit vielen Mo-
naten tun. - Sie finden nichts - „Da!... halt! Et-
was zurück, da war doch was!" - „Richtig, da ist
jach Dampfer." - „Ach laß den mal, den schwarzen
Kerl, der will gar nicht hierher, der geht wohl ums
Kap."
And die weiften Lichtkegel wandern weiter. Bon
dem Dampfer aber klatschen in gleichmäftigen Ab-
ständen Minen ins Wasser, schwarz, unheimlich, un-
sichtbar. Sie sperren den Weg nach Europa. And
im Dunkel der Nacht ist der „Wolf" wieder ver-
schwunden. Zwei Tage später, am Kap Agulhas, wo
sich die Dampfsrwsge von Ssten, Westen und Norden
treffen, wiederholt sich dies Klatschen und Rauschen.
Niemand sieht es, niemand ahnt es. - Und das
Meer verrät nichts.
Am Abend des 15. Jedruar 1917 vor Lolombo.
Auch hier Scheinwerfer. Lin-, zweimal fassen sie den
Dampfer, der dicht unter der Küste aus die Molen
zuhält, halten ihn eine Zeitlang fest und suchen dann
weiter. Und wieder rollen die Minen über die Ab-
laufbühnen am Heck des einsamen Schiffs.
Bombag.NisrNächte später. RegerSchisfsoerkehr.
Lin englischer Dampfer passiert und morst: „What
ship? What ship?" Auch die Signalstation an der
Hafeneinfahrt ruft an. Sie erhalten keine Antwort.
Gleichmütig zieht der „Wolf" weiter. Trübe, kaum
sichtbar, brennen seine Laternen.
Da, was ist das?! „Steuerbord voraus ein
abgedlendetes Jahrzeug!" - „Englisches Kanonen-
doot!" - „Fahrzeug dreht auf uns zu!" - „Alarm!!"
„Geschütz- und Torpedoklappen öffnen!" - Lautlos
senken sich die klappen, flüsternd werden Befehle
gegeben. Der Engländer ist ganz dicht heran. 800m!
600, 400 m! Jetzt! - jetzt!-Da dreht er auf
einmal ab, nimmt Jahrt aus und verschwindet.
Kalt, klar tönt die Stimme des Kommandanten:
Das Bordflugzeug
„Mischen". Ls kaperte in
der Südse« selbständig
den Neuseeländer Dampfer
„Miruna"
„Klar zum Minenwerfen!" Ruhig kommt die Ant-
wort: „Ist klar!" - „Minen werfen!" Wenigs Stun-
den später sind die vampserwege nach Süden, Westen
und Norden für den Seefahrer keine reine Jreude
mehr.
Ls dauert nicht lange, da schwirren die ersten
Warnungen durch den Äther. Bombay meldet Mi-
nen und sperrt den Hafen. Lolombo folgt, vor
Kapstadt hat es gekracht, bei Kap Agulhas gehen
Schiffe verloren. - Sollten das deutsche A-Bvote
sein? - plötzlich ist die alte Unsicherheit aus der
Zeit, in der die „Emden" noch Kaperkrieg führte,
wieder wach, lähmt den Handel. In allen indischen
Häfen setzt England zwar sofort einen Minensuch-
dienst ein, man findet die Sperren, beseitigt sie.
Aber es bleibt ein unbehagliches Gefühl. Wertvolle
Tonnage ging verloren. Wo so» man den Stören-
fried suchen? Überall kann es wieder losgehen.
And der „Wolf"? Seine erste Ausgabe ist gelöst.
Jetzt kommt der Prisenkrieg!!
4 Ahr morgens. Wachwschsel. Befriedigt hauen
sich die abgelösten Männer in die Koje. Die neue
Wache reibt sich noch schnell den Rest des Schlafs
aus den Augen. Rasch noch mal gähnen und ....
„Nanu, Hein, wenn das kein Licht ist.!" -
„DampferinSicht!"-„Langsam heranstaffeln,Dämme-
rung adwarten!" Da zeigt sich immer deutlicher sin
braver Jrachtdampfer. Schweigend folgt ihm der
„Wolf". Nun ist es hell genug. - „Alle Mann aus,
klar zur prisenuntersuchung!" - „Geschütze klar!" -
„kriegsslaggesehen!" - „Linen Schuft vor denBug!" -
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