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Deutsches Reich / Wehrmacht / Oberkommando [Hrsg.]
Die Wehrmacht — 7.1943

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Nr. 7 (24.03.)
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daß man ja genau wüßte, wie es sich mit der steilen
Flugbahn der Geschosse verhalte, daß man aber immer
wieder das Gefühl nicht abwehren könne, da sei einer
verrückt geworden und schösse sinnlos in die Sterne
hinein — gerade also wollte der junge Goll dies be-
merken, da sprühte es in vier- oder fünffacher Folge
unmittelbar vor ihnen bei den Sowjets auf. Im Hin-
werfen noch spürten sie die lodernde Welle über ihrem
Scheitel. Gleichzeitig prasselte neben ihnen, fast auf
Tuchfühlung, ein Maschinengewehr los. Fast hätten sie
sich darauf geworfen. Unter den blauweißen Blitzen,
die unmittelbar vor ihnen auf dem Boden sprühten,
erlosch das bedrohliche Spiel
von drüben.
„Gut geschossen, Roß-
ner“, sagte Degenhardt
ruhig in eine Feuerpause
hinein.
Seine Stimme klang ganz
so, als befände man sich
auf irgendeinem Truppen-
übungsplatz beim Gefechts-
schießen.
Beide Offiziere erhoben
sich. Goll hatte das Gefühl,
vor Begeisterung Hurra
schreien zu müssen. Was
war das für ein Kerl, ihr
Kommandeur! Während er
noch verwirrt und nicht
ganz bei klarem Bewußtsein
vor ' dem doppelten Er-
schrecken des Feuerduells
im Schutt gelegen hatte, da
hatte Degenhardt schon
blitzschnell die Situation
erfaßt.
Natürlich, es konnte ja
nur der legendäre Stabs-
wachmeister Roßner sein,
aber wer dachte in solcher
Lage sofort daran. Ein klein
wenig Bewunderung auch
für Roßner schlich sich in
Golls Überlegung. Wie unheimlich schnell der Mann
mit seiner Garbe im Ziel saß. Ein Virtuose des Ma-
schinengewehrs.
Und ganz nebenbei mußte er im Verlauf der letzten
zehn Minuten mindestens fünfmal Stellungswechsel vor-
genommen haben. Jetzt lag er wieder in der ersten
Feuerstellung und begann seine Abendunterhaltung von
vorne.
Kerle waren das alle, Kerle ...
Sie hatten sich aus dem Trümmerhaufen herausge-
tastet und suchten nach der leichten Senke, die hinter
der Ruinenreihe parallel zu den Stellungen lief, die
früher einmal die Dorfstraße gewesen war und jetzt als
Degenhardt-Weg eine gewisse taktische Bedeutung im
Frontabschnitt hatte. Der Buran nahm langsam an tücki-
scher Kraft zu. Sie hatten plötzlich das Gefühl, ihn
greifen zu können wie eine unheimlich gestaltlose, aber
körperhafte Gewalt. Statt der Peitschenschläge fühlten
sie im Gesicht Hiebe wie von harten Tüchern oder
von Pritschen.

Degenhardt tastete nun doch nach der Schulter des
Leutnants. „Das darf unter keinen Umständen sein,
Goll. Vorhin .. . Ich weiß nicht, aber vorhin im
Bataillonsgefechtsstand, Sie haben’s ja gemerkt, da hat
es mich wieder ziemlich wüst gepackt. Ich hatte den
Eindruck, Hauptmann Vincenz hat etwas gemerkt. Ist
ja auch Offizier, und es wäre nicht so schlimm, aber . . ."
Goll verharrte schweigsam. Er mußte sich mit ganzer
Kraft gegen das lastende Gewicht des Kommandeurs
stemmen. Plötzlich sagte Degenhardt wieder heiser:
„Nein, auch \incenz darf nichts wissen. Auch den
darf ich nicht mit einem Gramm an Sorge und Un-

gewißheit mehr belasten, als es unbedingt nötig ist.
Vielleicht gerade den nicht ...“
Er richtete sich steif auf:
„Los, Goll, holen Sie Hauptmann Vincenz. Ich wpllte
eigentlich jetzt zur B-Stelle von der 13. und nachher
mit Vincenz die Stellung abgehen, aber es ist besser,
ich mache es jetzt gleich. Vincenz soll sich fertig-
machen. Ich warte hier.“
Goll tappte davon. Er fühlte heiße, brennende Nässe
in den Augen. Aber das kam wohl vom Wind.
Nach wenigen Schritten blieb er stehen, umgedreht
von plötzlich auftauchender unbewußter Sorge. Nur
wenige Meter entfernt von ihm, aber hinter den ge-
spenstischen Schleiern der jagenden Eisflocken schon
mehr eine Gestalt aus einer entrückten Welt, sah er
den Kommandeur 1 stehen. Nahes Mündungsfeuer und
der irrlichternde Reflex der Leuchtspurgarben ließen für
die Spanne von Herzschlägen seine Silhouette scharf

umrissen und trotzdem unwirklich erscheinen. Eine
einzige wilde Jagd unbestimmbarer Empfindungen ließ
das Herz des jungen Goll wie im Fieber erzittern.
Brennende Bewunderung, Stolz, Anhänglichkeit, Liebe,
Ehrfurcht, Trauer, Zorn und Elend, Ohnmacht
und Aufbegehren, alles das mischte sich, aber über
allem lag wühlend und deutlich eine heiße Flut
von männlicher Zärtlichkeit. Er erinnerte sich plötz-
lich, wie er als Tertianer gedacht hatte, wenn
sie im Deutschunterricht von den Vasallen und
ritterlichen Gefolgsmännern lesen mußten, die ihren
Herren in Ehrfurcht die Hand küßten.
Welch weibische Sitte,
unterwürfig und unwürdig.
Aber jetzt verstand er es
auf einmal.
Zur Rechten stieg eine
Leuchtkugel empor; grün-
gelbes, eisiges Licht tropfte
vom Himmel. Der Schnee-
sturm verwischte seine fahle
Unwirklichkeit zu einem
schauerlichen Jenseitslicht.
Regungslos und leicht nach
vorn gekrümmt stand der
Oberst. Goll erschauerte.
Er hatte plötzlich das
schmerzhaft überdeutliche
Gefühl einer unüberbrück-
baren Ferne. Wie der kör-
perlich gewordene Geist der
Front, so stand dort sein
Kommandeur, umtobt vom
Grauen einer entfesselten
Spukwelt, unendlich einsam
und unendlich tapfer.
. Er wußte später nicht,
wie er in den Gefechtsstand
gekommen war. Er wußte
auch nicht, wie er seinen
Auftrag an Vincenz erledigt
hatte. Zu klarer Bewußt-
heit kam er erst, als er sah,
wie Vincenz, schon umge-
schnallt, nach seinem Stock griff. Er hörte sich sagen:
„Haben Sie noch einen zweiten, Herr Hauptmann?
Der Kommandeur hat vorhin seinen verloren ... Ja . . .
Ich glaube bei der Anstellung. Wir bekamen plötzlich
MG-Feuer . . .“
Er brach ab und sah mit leeren Augen vor sich hin.
Vincenz nickte wortlos, reichte ihm einen zweiten
Stock und ging vor ihm die Stollentreppe hinauf. Auf
halbem Wege blieb er stehen. Nahe Einschläge von
Wurfgranaten warfen Brocken von Eis und gefrorener
Erde in den schmalen Schlauch. Ein paar Stücke kol-
lerten noch unheimlich wie tastende Schritte die Stufen
hinunter, bis sie zur Ruhe kamen.
„Was ist mit dem Kommandeur los, Goll?“
Goll erschrak nicht einmal. Er merkte jetzt, daß er
diese Frage eigentlich erwartet hatte. Zu deutlich hatte
er vorhin gespürt, wie forschend Hauptmann Vincenz
den Oberst beobachtet hatte. Fortsetzung folgt


Degenhardt trat in das Schuttgewirr der Ruine üßer dem Bataillonsgefechtsstand. Frei lag jetzt die Weite der Front vor ihnen. So weit das
Auge reichte, sah es ein sprühendes Netz blaugelber Liditschnüre. Nur das wütende Gezeter, in schrillem Aufschrei heranfegend, nur
dieser unirdisdie Wutschrei der Querschläger übertönte den heiseren, immer lauter werdenden jammerlaut des Steppenbildes- Es war jetzt
seine Stunde. Mit der Dämmerung begann es sich fast zögernd als eine unsichtbare Wand aus doppelter Kälte und geißelndem Frost her-
anzuschieben. Dann wurde aus derWand eine ungeheure Woge, ein plötzlicher Anprall, das zu einem stetigen, reißenden Hüten überging

„Auch das noch“, fluchte Goll, „jetzt kommt der
Schnee. Solch ein Angriff und dann Schneesturm ...“
Er wollte noch einige Flüche über das Land des Satans
äußern, da sah er, wie die Silhouette des Obersten vor
ihm plötzlich aus dem gleitenden Vorwärtstasten zum
Stehen kam und ins Schwanken geriet. Goll machte
eine Bewegung, als wollte er den mächtigen Körper des
Kommandeurs auffangen, aber Degenhardt hatte sich
schon selbst wieder in die Hand bekommen. Leicht
gekrümmt stand er da. Goll hörte sein schweres
Atmen.
Sekundenlang war gerade in diesem Augenblick das
ständige Geplänkel des Einzelfeuers an der Front ver-
stummt. Ganz in der Ferne brummte wie ein unge-
heurer Elektromotor, anschwellend und verebbend, ein
„Kohl enschipper“.
Goll fühlte, wie ihm der kalte Schweiß auf der Stirn
stand. Mit entsetztem Blick sah er zu seinem Kom-
mandeur. Er ertappte sich plötzlich, wie ihm immer
wieder ein Satz durch den Kopf schoß. Ein gräßlicher,
unsagbar furchtbarer Satz. Eine Litanei des Verzweifelns:
Jetzt geht’s zu Ende. Jetzt geht’s zu Ende. Jetzt .. .
Er hörte sich sprechen:
„So schlimm ist es noch nie gewesen, Herr Oberst,
Sie sollten wirklich . .
Er brach hilflos ab. Es war nicht zu erkennen, aber
erfühlte den BJick des Kommandeurs auf sich gerichtet.
Seinem Empfinden nach verstrich eine unmeßbar lange
Zeit, bis Degenhardt auf einmal schleppend fragte, und
müde Trauer lag dabei in seiner Stimme:
„Ehrlich, Goll. Merkt man mir’s tatsächlich schon
an?“
Goll stammelte:
„Aber nein, Herr Oberst. Ganz bestimmt nicht. Ich
dachte nur ...“
„Na, ist schon gut, Kleiner. Sie wissen ja ohnedies
Bescheid,, aber . . .“
„Nein, ganz bestimmt, Herr Oberst. Niemand könnte
Ihnen etwas anmerken.“_
Kauptschriitiefter: B. Overhues (im Wehrdienst). Stellv.; K. Fischer. Graph. Gestaltung :
H. Dassel (alle in Berlin). Verlag „Die Wehrmacht" K>G. Fernruf 174721. Postscheck-
konto; Berlin Nr. 382. Alieinauslieferung und Anzeigenverwaltung: Berliner Verlags-
anstalt GmbH., Berlin, SW 68, Schützenstr. 18/25. Anzeigenprelsllste Nr.14vom 1.3.1942.
Verantw. f. Anzeigen Dr.H.Harff (im Felde), i. V.H. Putz, Neuenhagenb.Berlin. Rotations-
Kupfertiefdruck : Wilhelm Herget, Stuttgart, Relnsburgstrasse 14. Einzelpreis: 25 Rpf.
Bei Botenzust 3 Rpf. Bestellgeld. Postbezugspr.: Mntl. 55 Rpf.zuzügl. 4 Rpf. Bestellgeld.

mnt der(jei(t affMififii!

Skat-Aufgabe Nr. 5.
Hinterhand H. wollte mit nach-
stehenden Karten Eichel (Kreuz)
spielen: Grün Unter (Pik Bube);
Schellen Unter (Karo Bube); Eichel
Daus, Ober, 9, 8 (Kreuz As, Dame,
9, 8); Rot Daus, 10, 9, 8 (Herz As,
10, 9, 8). Mittelhand M., der mit
Einem Grün (Pik) spielen wollte,
hielt die gereizten 24 und spielt mit
nachstehenden Karten Grün (Pik)
aus der Hand- Eichel Unter (Kreuz
Bube); Rot Unter (Herz Bube);
Eichel (Kreuz) 7; Grün Daus, 10,
Ober, 9, 8 7 (Pik As, 10, Dame, 9,
8, 7); Rot Ober (Herz Dame). Im
nicht aufgenommenen Skat lagen:
Rot (Herz) 7, Schellen Ober (Karo
Dame). Der 1. Stich brachte den
Gegnern 24 Augen, der 2. 21 und
der 3 18, so daß M. jetzt schon sein
Spiel verloren hatte, da die gegneri-
schen Stiche 63 Augen zählten. Wie
war der Verlauf dieser drei Stiche?
Zahlen kästen


7 4 8 1 das ewig Fliehende
3 10 10 2 Stadt in Westfalen
5 8 9 6 4 Fehllos
Jeder Buchstabe der obenstehen-
den Schlüsselwörter ist in das mit
der gleichen Zahl bezeichnete Feld
einzutragen. Bei richtiger Eintra-
gung nennen die Felder von 1 — 10,
fortlaufend gelesen, einen preußi-
schen General (1813).

Elf Kreise zum Füllen


In jedes Feld der Figur ist ein
Buchstabe einzusetzen. Die ent-
stehenden Wörter drehen im Sinne
des Uhrzeigers um das betreffende
Nummernfeld.
1. Kampfwagen, 2. Alarmgerät,
3. Auszug einer Droge, Wesentliches,
4. Metallring am Stockende, 5.
Wäscheeinfassung, 6. Oderzufluß,
7. zeitgenössischer Dichter, 8. Mond-
göttin, 9. Märchengestalten, 10. miß-
günstiger Mensch, 11. europäische
Insel.
Sinnspruch im Versteck
Leonidas — Zielfernrohr —
Odessa — Rechtswahrer — Egoist
— Kalender — Befriedung — Wer-
degang — Dasselfliege — Mittel-
abschnitt.— Sattelpferd — Kandare
— Zulassung — Niederwald — Da-
seinskampf.
Obenstehenden Wörtern ist je
eine Silbe zu entnehmen. Anein-
andergereiht, ergeben diese Silben
ein Wort von Rudolf von Ihering.

Einfügrätsel
Reise — Brett — Saat — Schrot
— Hort — Weihe — Rum — Kora
— Sofa — Tau — Harm.
In jedes der obenstehenden Wör-
ter ist ein Buchstabe einzufügen, so
daß neue sinnvolle Wörter ent-
stehen. Die eingefügten Buchstaben
nennen, fortlaufend gelesen, ein Zu-
behör des Photoapparates.
Auflösungen aus Nr. 6
Zahlenkasten: Maus, Meran, Ente. — Steuer-
mann.
Skat-Aufgabe Nr. 4: M. drückte den ge-
fundenen Skat, Schellen (Karo) 9, 8,
wieder. Spielverlauf: 1. Stich: V. Grün
Daus (Pik As), M. Grün 7 (Pik 7), H.
Grün König (Pik König) — 15; 2. Stich:
V. Grün 10 (Pik 10), M. Grün 9 (Pik
9), H. Grün Ober (Pik Dame) — 15;
5. Stich: V. Grün 8 (Pik 8), M. Rot 7
(Herz 7), H. Rot Daus (Herz As) =
11; 4. Stich: V. Rot 10 (Herz 10); M.
Rot 9 (Herz 9), H. Rot Ober (Herz
Dame) — 15; 5. Stich: V. Rot König
(Herz König), M. Eichel König (Kreuz
König), H. Rot 8 (Herz 8); 6. Stich:
M. Grün Unter (Pik Bube), H. Eichel
Unter (Kreuz Bube), V. Eichel Ober
(Kreuz Dame) — 7. Weitere Stiche
können die Gegner nicht mehr erhalten.
Spiel mit Buchstaben: Krä(he) F(es)t El(b)a
(E)ssen S(tr)ich Nicht(e) Mitt(ag) (S)eil
E(i)ns (M)ond (St)ern Nur(nii) We(in)
(Bro)cken. — Kräfte lassen sich nicht
mitteilen, sondern nur wecken.


Ein deutscher Seemann spricht: Deck-
mantel.
Raten und Rechnen:
54 + 46 = 100
—- + —
16 — 12 “ _4
38 + 58 = 96

II
 
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