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Der Angriffsbefehl.
Endlich klart das Werter auf. Un-
ermüdlich kreist hoch im blauen
Himmel der Focke-Wulf-Aufklärer.
Aber er sieht nur die verlassen da-
liegenden Landestellen. Auch an den
Gehöften und auf den wenigen
Straßen regt sich nichts. Sie werden
von den Sowjets nur nachts benutzt.
Am Tage verdeckt der dichte, un-
heimliche Busch jede Bewegung.
Gegen Mittag kommt der Angriffs-
befehl. Morgen früh um 5.30 Uhr
sollen die Gebirgsjäger in dem
höchsten und dichtest bewaldeten Ab-
schnitt zum Sturm antreten. Die
letzten Vorbereitungen werden ge-
troffen. Munition wird ausgegeben
und auf die Lasten der Tragtiere
verteilt.
Eine halbe Stunde vor Mitternadit
werden wir geweckt, wickeln uns
schlaftrunken aus der Zeltbahn. Es
ist die höchste Zeit. In wenigen
Minuten sollen die Tragtiere ab-
marschieren, um den Jägern noch vor
dem Angriff heißen Kaffee zu brin-
gen. Die Kompanien sind schon beim
Anbruch der Nacht in den Berg ge-
stiegen, um vor dem Angriff noch ein
paar Stunden zu ruhen.
Als wir vor die Hütte treten, ist
der Himmel bevölkt, kein Stern zu
sehen. Es ist totenstill. Unbeweglich

Dabei scheint die Sonne schon recht warm an den schönen Tagen. Mittags sitzen die
Landser mit bloßem Oberkörper vor dem Hause und knacken die Winterläuse. Trotz
Sauberkeit, häufigen Waschens und Insektenpulver ist kaum einer in den schmutzigen
Quartieren von diesen gefährlichen Quälgeistern verschont geblieben. Erst jetzt, wo die
Truppen langsam wieder in Biwaks ziehen können, geht die Verlausung allmählich zurück.
Die Felder der Kuban-Niederung wurden schon seit Anfang März umgegraben. Pferde
gibt es nicht mehr, und so muß der Spaten den Pflug ersetzen. Auch Getreide ist kaum
vorhanden, und die Saatkartoffeln sind knapp. So wird der Herbst nur in den Obst-
und Weingärten die gew’ohnte Ernte bescheren.

In einem Waldtal südlich Noworossijsk.

getarnt im Gebüsch. Nichts sonst
der Kommandeur einer Division sein
Stabsquartier aufgeschlagen hat.
Die Regimenter liegen hinter der
Front des sowjetischen Landekopfes
in der Bereitstellung zum Angriff.
Überall in den Hängen erkennt man
die Umrisse der spitzen Zelte zwi-
schen dem Buschwerk. In kleinen
Mulden und auf vereinzelten Wald-
blößen sind gut getarnte Batterien
aufgefahren. In schwierigen nächt-
lichen Märschen auf den kurven-
reichen Bergwegen sind sie hierher-
geschafft worden. Schon zweimal
mußte der Angriffstermin verschoben
werden. Das Aprilwetter ist hier ge-
nau so launisch wie in der Heimat.
Alle paar Tage setzten neue Regen-
fälle ein und machten die Rollfelder
der Luftwaffe unbrauchbar.

Wir sitzen am Osthang eines versteckten Nebentales, das sich wenige hundert Meter
weiter südlich zum Schwarzen Meer hin öffnet. Zu unseren Füßen liegt, dicht an
den Berg geschmiegt, ein kleines weißes Lehmhaus mit halbverfallenem Ziegeldach.
Ein paar Gebirgsjäger davor, ein Pkw. gut
deutet darauf hin, daß hier vor einigen Tagen

Die sowjetische Landung an der Bergküste südlich von Noworossijsk. Zwei deutsche Feldhaubitzen hielten hier bis zuletzt ihre Stellung. In direktem
Schuß feuerten sie weiter, als die feindlichen Landungsboote sich schon bis auf wenige 100 Meter dem Strand genähert hatten. Dann sprengten sie
das eine Geschütz, während das zweite von eigener Artillerie vernichtet wurde, als die. Sowjets herankamen. Der Leind hatte hierbei so schwere
Verluste, daß hier der Landungsversuch zusammenbrach. Das Bild zeigt im Vordergrund eine der beiden Feldhaubitzen. Rechts sieht man die her-
abgelassene Landungsbrücke einer sowjetischen Fähre und die int deutschen Abwehrfeuer am Strand liegengebliebenen Lastwagen. An der Berg-
küste im Hintergrund gelang es den Sowjets am gleichen Morgen, einen Landekopf zu bilden. Dort spielten sich im April erbitterte IPaldkämpfe ab

Unten links u. rechts: In rollendem Einsatz haben Stukas die Wald- und Bergstellungen der Sowjets im Landekopf angegriffen. Ein Verband kehrt heim.
IP artend steht der Sanitätskraftwagen auf dem Platz, denn durch Funk ist'gemeldel worden, daß zwei Bordschützen im Luftkampf verwundet worden sind

I

Wir setzen heute den Text- und Bildbericht des Kriegsberichters Leutnant
GERT HA B E D A N C K über die Kämpfe im Kuban-Brückenkopf, insbesondere
gegen den Landekopf der Sowjets, fort. (Vgl. „Die Wehrmacht" Nr. 9 und 10.)
Der kaukasische Frühling hat seine eigenen Gesetze. Im Küstenstreifen von Nowo-
rossijsk beginnt er mit den eisigen Fallwinden, die im März mit orkanartigem Ungestüm
von den Bergen fegen. Mit Todesverachtung mußten sich in diesen Wochen die kleinen
Boote und Fähren durch den schaumbedeckten Hexenkessel der Straße von Kertsch
kämpfen. Die schweren Transportmaschinen tanzten wie leichtes Herbstlaub auf und
nieder im Wind.
Der Frost war schon aus dem Boden heraus, aber immer neue Regenfälle leiteten die
zweite Wegelosigkeit ein. Gerade rechtzeitig kamen die neuen Raupen-Lastwagen aus
Deutschland, um auch in diesem Schlammbad den wichtigsten Nachschub sicherzustellen.
Zu Anfang April sprießt hier und da an geschützten Stellen erstes Grün hervor.
Die Büsche bleiben auch im April noch kahl, denn nachts macht sich das konti-
nentale Klima durch eisige Winde bemerkbar. Die Einwohner der Kubandörfer
schlafen noch dicht gedrängt am wärmenden Lehmofen, und der vor dem Haus im
Freien stehende Sommerherd wird noch nicht benutzt.
 
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