DAS CONVERSATIONSHAUS.
atotes <£rhlämng0blatt.
Es mögen ohngefähr siebzig Jahre verflossen seyn, seit die Kastanienallee, mit einem Pavillon im
Hintergrunde, auf Rosten der Stadt Baden angelegt wurde. Dieser Pavillon steht gegenwärtig noch ; er
bildet den äussersten rechten Flügel des Conversationshauses, und wurde später durch eine zweite Etage
und einen hinten angebauten Saal vergrössert, und nachher durch eine Gallerie mit dem Hauptgebäude
in Verbindung gesezt.
Zu jener Zeit wurde Baden blos von Rurgästen besucht, die an seiner Heilquelle Linderung
für irgend ein körperliches Leiden zu finden hofften. Damals genügte ein beschränkter Raum für die Un-
terhaltung der Gebildetem; es gab an diesem Kurorte noch keine Hazardspiele, und bei den Bällen,
die jeden Sonntag von Nachmittags drei Uhr bis gegen Abend in jenem Pavillon Statt fanden, wurde
meist nur der zierliche Menuet getanzt.
Die ersten Jahre des Revolutionskriegs, der zum Theil seinen Schauplatz an den Ufern des Rheins
hatte, der Rastatter Congress und einige topographische Schriften machten das schöne Thal von Baden
auch dem Auslande bekannter; dazu kamen die Veränderungen, welche in den letzten vierzig Jahren in
den Sitten, dem Wohlstande und der ganzen Lebensweise vorgegangen; Bäder und Gesundbrunnen
wurden nicht mehr ausschliessend von Leidenden besucht; sie dienten zur Erholung und zum Vergnügen;
das bunte Leben der Stadt wurde vier bis fünf Monate lang auf das Land verlegt, und der Zug der
Fremden ging vorzugsweise nach solchen Kurorten, welche die Natur freigebig ausgestattet hatte, und
die zugleich alle Bequemlichkeiten darboten, und selbst für die launenvollen Anforderungen des Luxus
reiche Befriedigung gewährten. So wurde Baden allmählig ein europäisches Bad, dessen Name sogar
jenseits des Ozeans nicht unbekannt blieb. Die Regierung erkannte die statistische Wichtigkeit eines Orts,
der jährlich weit über eine Million in Umlauf bringt; sie liess Anlagen machen und das ehemalige, sehr
geräumige, Jesuitenkollegium wurde in ein Conversationshaus umgewandelt. Der Pavillon am Ende der
Kastanienallee erhielt einen Anbau, und wurde auch in der Fronte mit zwei Fenstern vergrössert, und
auf der andern Seite ein Theater erbaut. Bald erkannte man jedoch die Nothwendigkeit, eine Anlage zu
schaffen, wie sie einem Kurorte ersten Ranges ziemt. Der unserm Vaterland und der Kunst zu früh
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atotes <£rhlämng0blatt.
Es mögen ohngefähr siebzig Jahre verflossen seyn, seit die Kastanienallee, mit einem Pavillon im
Hintergrunde, auf Rosten der Stadt Baden angelegt wurde. Dieser Pavillon steht gegenwärtig noch ; er
bildet den äussersten rechten Flügel des Conversationshauses, und wurde später durch eine zweite Etage
und einen hinten angebauten Saal vergrössert, und nachher durch eine Gallerie mit dem Hauptgebäude
in Verbindung gesezt.
Zu jener Zeit wurde Baden blos von Rurgästen besucht, die an seiner Heilquelle Linderung
für irgend ein körperliches Leiden zu finden hofften. Damals genügte ein beschränkter Raum für die Un-
terhaltung der Gebildetem; es gab an diesem Kurorte noch keine Hazardspiele, und bei den Bällen,
die jeden Sonntag von Nachmittags drei Uhr bis gegen Abend in jenem Pavillon Statt fanden, wurde
meist nur der zierliche Menuet getanzt.
Die ersten Jahre des Revolutionskriegs, der zum Theil seinen Schauplatz an den Ufern des Rheins
hatte, der Rastatter Congress und einige topographische Schriften machten das schöne Thal von Baden
auch dem Auslande bekannter; dazu kamen die Veränderungen, welche in den letzten vierzig Jahren in
den Sitten, dem Wohlstande und der ganzen Lebensweise vorgegangen; Bäder und Gesundbrunnen
wurden nicht mehr ausschliessend von Leidenden besucht; sie dienten zur Erholung und zum Vergnügen;
das bunte Leben der Stadt wurde vier bis fünf Monate lang auf das Land verlegt, und der Zug der
Fremden ging vorzugsweise nach solchen Kurorten, welche die Natur freigebig ausgestattet hatte, und
die zugleich alle Bequemlichkeiten darboten, und selbst für die launenvollen Anforderungen des Luxus
reiche Befriedigung gewährten. So wurde Baden allmählig ein europäisches Bad, dessen Name sogar
jenseits des Ozeans nicht unbekannt blieb. Die Regierung erkannte die statistische Wichtigkeit eines Orts,
der jährlich weit über eine Million in Umlauf bringt; sie liess Anlagen machen und das ehemalige, sehr
geräumige, Jesuitenkollegium wurde in ein Conversationshaus umgewandelt. Der Pavillon am Ende der
Kastanienallee erhielt einen Anbau, und wurde auch in der Fronte mit zwei Fenstern vergrössert, und
auf der andern Seite ein Theater erbaut. Bald erkannte man jedoch die Nothwendigkeit, eine Anlage zu
schaffen, wie sie einem Kurorte ersten Ranges ziemt. Der unserm Vaterland und der Kunst zu früh
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