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Münchener Kunstversteigerungshaus Adolf Weinmüller [Hrsg.]
Katalog / Kunstversteigerungshaus Adolf Weinmüller, München: Buchminiaturen und Handzeichnungen aus älterer und neuerer Zeit: zwei Münchener Sammlungen und andere Beiträge ; Versteigerung Donnerstag, den 9. März, Freitag, den 10. März — München, Nr. 19.1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.5336#0011
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ZUM GELEIT

Mit vorliegendem Katalog bringt das Münchener Kunstversteigerungshaus Adolf Wein-
müller neuerdings eine bedeutende Sammlung alter Zeichenkunst auf den Markt. Der
Bestand gliedert sich in mehrere Gruppen. Zunächst in eine Anzahl von Ausschnitten
kostbarer mittelalterlicher Pergamenthandschriften. In ihnen ruht die natürliche Voraus-
setzung aller späteren Zeichenkunst. Trotz unseres Bedauerns um die vor langer Zeit vor-
genommene Zerstörung durch die Entnahme aus Handschriften verblieb eine schöne
Blütenlese bedeutender deutscher, französischer und italienischer Buchmalereien. Her-
vorragend ist eine salzburgische Miniatur des 12. Jahrhunderts in monumentalem Stile,
aus dem 14. Jahrhundert ein prachtvoller Ausschnitt eines sich auf Eichstätt beziehenden
Codex, dessen weitere Teile in den Sammlungen von Frankfurt, Nürnberg und Wien zu
suchen sind. Die Zeit um 1300 ist mit Proben der berühmten bolognesischen Handschrif-
ten vertreten. Eine weitere Folge aus dem 14. Jahrhundert zeigt jenen Stil, der aus den
nicht seltenen Ablaßbriefen Avignons in ganz Deutschland einströmte. Bayerns typischen
Stil, etwa die Nachfolge der berühmten Mettener Handschrift um 1420 zeigen 6 doppel-
seitige Blätter. Die Reihe läuft bis ins frühe 16. Jahrhundert. Als nächste Gruppe, deren
bequemstes Merkmal die deckende Leimfarbe auf Papier ist, folgen deutsche Stamm-
buchblätter des späten 16. Jahrhunderts, ein Zeichen, daß nun eine andere, breitere
Schicht des Volkes von der Bildvorstellung Besitz ergriffen hat. Auch hier der ganze Prunk
der Spätrenaissance an Wappen, gravitätischer Tracht und reichlicher Vorstellung von
Weiblichkeit, fröhliche Farben, dazwischen treues Gedenken gemeinsamer Kumpanei,
neben steifer Höflichkeit eindeutige Anzüglichkeit. — Das letzte breite Wirken deutschen
Geistes vor der Verwirrung des 30jährigen Religionskrieges. Als dritte Gruppe schließen
sich die alten Meisterzeichnungen an. Sie gehören dem Gute verschiedener Nationen an
und wurden um 1870 in Wien gesammelt, wie man sie eben damals erlangen konnte. Die
Reihe beginnt mit dem erlauchtesten Namen deutscher Kunst, mit einem Blatte Albrecht
Dürers. Wenn unser Urteil nicht trügt, so gelang es, ein Blatt aus dem Ende seiner Ge-
sellenzeit wiederzugewinnen. Eben als Dürer vom Oberrhein heimkehrte, war der neue
Kaiser Deutschlands, Maximilian, zur Regierung gekommen. Dürer, dessen Aufmerk-
samkeit immer wieder auf die Würde des deutschen Reiches gerichtet war, hat sich offen-
bar damals schon mit der Idee getragen, drei Kaiserbildnisse nebeneinander zu stellen.
Maximilian, Karl den Großen (eben unser Blatt) und den türkischen Kaiser, der in ganz
ähnlicher Komposition, allerdings nur in einer Kopie von 1523, erhalten ist. Für Dürer
galt es, das „wahre Antlitz" Karl des Großen zu schildern, um dessen getreue Wieder-
gabe er sich ebenso wie Luther um „das wahre Wort Gottes" mühte. Immer wieder
dasselbe Bemühen des deutschen Menschen, sich aus einem bereits als dumpf empfun-
denen Mittelalter zu befreien. Amüsant ist das perspektivische Experiment eines ver-
zerrten Hirsches, eine Anlehnung an das berühmte Blatt des jüngeren Holbein. Der Ab-
lauf des Jahrhunderts ist vertreten mit Studien des Goldschmieds Jamnitzer, Nachklang
deutschen Exulantenschicksals, die flotte Zeichnung des Wienerischen Freiherrn von
Jörger. Im 17. Jahrhundert tritt nun eine Reihe von fast allen wichtigen Künstlern der
 
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