Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Weisbach, Werner
Der junge Dürer: drei Studien — Leipzig, 1906

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29149#0076
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
III.

Dürers Sturm- und Drangzeit.

us der Gesamtheit der Werke, die Dürer in den seiner Wanderschaft folgenden
Jahren geschaffen hat, gewinnt man den Eindruck: nichts Abgeschlossenes, in
sich Abgerundetes ist es gewesen, was er von der italienischen Kunst in sich
aufnahm; es waren nur Bruchstücke. Mit Bestimmtheit zu formulieren, was er der ersten
italienischen Reise zu verdanken hat, ist deshalb schwer, weil er zu einer Zeit nach dem
Süden ging, als er im Anfangsstadium seiner Entwicklung stand und noch keins
seiner großen Werke geschaffen hatte, so daß es keinen Maßstab dafür gibt, wie er
geworden wäre, hätte er Italien nicht gesehen. Sein innerstes Wesen hat er jedenfalls
nicht verändert, und die Bekanntschaft mit dem Süden hat nicht in dem Maße um-
gestaltend auf seine Phantasie und Formanschauung gewirkt wie bei den deutschen
und niederländischen Italienfahrern des 16. Jahrhunderts. Als Gotiker, ist er aus-
gezogen, und noch von spätgotischem Stilgefühl beherrscht, kehrt er zurück.

Gewiß kam durch seine Verbindung mit Italien ein größerer Zug in seine Kunst.
Alles wächst an Dimension und Ausdruck. Und die neuen Eindrücke trugen gewiß
dazu bei, daß er aus der beschränkten Spießbürgerlichkeit, in der die heimische Nürn-
berger Malerei befangen war, herausgerissen wurde. Nach seiner Rückkehr ergeht er
sich gern in großen Formaten. Es entstehen die umfangreichen, machtvollen Holz-
schnitte der neunziger Jahre.

Technische Errungenschaften mag er gleichfalls mit heimgebracht haben, wie
das Malen mit Leimfarben auf Leinwand. Er hat diese Methode, die in der Padua-
nischen Schule gebräuchlich, in Deutschland aber damals noch nicht verbreitet war,
bei dem Mittelbild des Dresdener Altars und dem Bildnis Friedrichs des Weisen in
Berlin angewandt.

Der schönen Form und dem Linienschwung der italienischen Kunst gegen-
über hat er sich, wenn auch nicht ganz, so doch im Grunde ablehnend verhalten. In
welcher Weise er auch nach dieser Richtung Anregungen aufnahm und verwertete,
ist in der vorigen Studie an einigen Fällen erwiesen worden.

Der Meister, der ihn vor allen angezogen haben muß, war Mantegna. Eine
Berührung mit der auf das Erhaben-Ausdrucksvolle, Pathetisch-Großartige gerichteten
Seite seiner Kunst mochte bei Dürer etwas wecken, was schon längst in seiner eigenen
Natur schlummerte, dessen Verwirklichungsmöglichkeit und Verwertbarkeit er sich aber
 
Annotationen