DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.1333#0812
134
B. BEWEGLICHES MATERIALE.
I. DIE LOCOMOTIVEN.
Bericht von Herrn JOSEPH Ritter von STUMMER -TRAUNFELS,
Ingenieur der Kaiser Ferdinands-Nordbahn.
ALLGEMEINES.
W enn man die Locornotive in ihrer Entstehung, Entwicklung und Aus-
bildung betrachtet und die Portschritte in eine Parallele stellt, welche gleich-
zeitig mit diesem speciellen Zweige in den übrigen Theilen der theoretischen
und praktischen Mechanik erzielt worden sind, so bietet sich dem aufmerk-
samen Beobachter eines der interessantesten und lehrreichsten Phänomene
dar, welche die Geschichte menschlicher Civilisation und Cultur aufzuweisen
vermag. Die Locornotive, als sie durch Hackworth, Gooch, Stephenson und
Andere als complete Maschine der Welt zur Ausnützung übergeben wurde,
war in ihren Principien so correct und in ihrer Anlage schon so praktisch
durchgeführt, dass sie, wie viel man auch dagegen sagen und schreiben mag,
bis zum heutigen Tage keine nennenswerthen Veränderungen erfahren hat.
Diese Vollkommenheit der Locornotive in sich selbst bildete aber zugleich
auch das Hinderniss für die weitere Entwicklung ihrer Construction;
denn die übrigen Zweige der mechanischen Industrie waren zu jener Zeit noch
so weit hinter den Anforderungen desLocomotivbaues zurück geblieben, dass
die Hilfswerkzeuge für die fehlerfreie Anfertigung der einzelnen Theile der
Locornotive, ja selbst die Fabrikationsweisen der erforderlichen Rohpro-
ducte, sowie der Ober- und Unterbau der Bahnen nur sehr wenig beitragen
konnten, die Leistungsfähigkeit der Maschinen zu erhöhen. Und daran dach-
ten eben nur sehr Wenige, dass die Locornotive selbst in ihrer einfachsten,
ursprünglichsten Form schon einen hohen Grad von Genauigkeit der Bear-
beitung und Montirung der einzelnen Bestandtheile erforderte, wenn- sie die
gewünschte Leistung wirklich produciren sollte. Diese Wenigen aber,- welche
mit scharfem Blicke allen diesen Umständen gebührende Rechnung getragen
haben, und deren Locomotiven daher auch zu den besten und leistungs-
fähigsten gezählt werden konnten, wurden von ihren minder glücklichen
Genossen angestaunt, beneidet und zuletzt als Feinde des Fortschrittes
B. BEWEGLICHES MATERIALE.
I. DIE LOCOMOTIVEN.
Bericht von Herrn JOSEPH Ritter von STUMMER -TRAUNFELS,
Ingenieur der Kaiser Ferdinands-Nordbahn.
ALLGEMEINES.
W enn man die Locornotive in ihrer Entstehung, Entwicklung und Aus-
bildung betrachtet und die Portschritte in eine Parallele stellt, welche gleich-
zeitig mit diesem speciellen Zweige in den übrigen Theilen der theoretischen
und praktischen Mechanik erzielt worden sind, so bietet sich dem aufmerk-
samen Beobachter eines der interessantesten und lehrreichsten Phänomene
dar, welche die Geschichte menschlicher Civilisation und Cultur aufzuweisen
vermag. Die Locornotive, als sie durch Hackworth, Gooch, Stephenson und
Andere als complete Maschine der Welt zur Ausnützung übergeben wurde,
war in ihren Principien so correct und in ihrer Anlage schon so praktisch
durchgeführt, dass sie, wie viel man auch dagegen sagen und schreiben mag,
bis zum heutigen Tage keine nennenswerthen Veränderungen erfahren hat.
Diese Vollkommenheit der Locornotive in sich selbst bildete aber zugleich
auch das Hinderniss für die weitere Entwicklung ihrer Construction;
denn die übrigen Zweige der mechanischen Industrie waren zu jener Zeit noch
so weit hinter den Anforderungen desLocomotivbaues zurück geblieben, dass
die Hilfswerkzeuge für die fehlerfreie Anfertigung der einzelnen Theile der
Locornotive, ja selbst die Fabrikationsweisen der erforderlichen Rohpro-
ducte, sowie der Ober- und Unterbau der Bahnen nur sehr wenig beitragen
konnten, die Leistungsfähigkeit der Maschinen zu erhöhen. Und daran dach-
ten eben nur sehr Wenige, dass die Locornotive selbst in ihrer einfachsten,
ursprünglichsten Form schon einen hohen Grad von Genauigkeit der Bear-
beitung und Montirung der einzelnen Bestandtheile erforderte, wenn- sie die
gewünschte Leistung wirklich produciren sollte. Diese Wenigen aber,- welche
mit scharfem Blicke allen diesen Umständen gebührende Rechnung getragen
haben, und deren Locomotiven daher auch zu den besten und leistungs-
fähigsten gezählt werden konnten, wurden von ihren minder glücklichen
Genossen angestaunt, beneidet und zuletzt als Feinde des Fortschrittes