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Unsere Weltausstellung : eine Beschreibung der Columbischen Weltausstellung in Chicago, 1893 ; mit über 1000 der besten, aus 15.000 Meisterwerken der Photographie sorgfältig ausgewählten Illustrationen — Chicago, 1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.3684#0003
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Aweck und Umfang des werkes.

Das außerordentlich weitgehende und lebhafte Jnteresse, welches
man überall der columbischen Weltausstellung des Jahres 1893 ent-
gegenbrachte, hat zu dem Erscheinen einer umfangreichen Literatur
über dieselbe Veranlassung gegeben. Nicht nur hat die Tagespresse
sämmtliche Ereignisse vor und wührend der Ausstellung genau be-
richtet, sondern Wochen- und Monatsschriften haben dieselbe ein-
gehend besprochen, mehrere Zeitschriften sind ins Leben getreten,
welche sich ausschließlich der Weltausstellung widmete», seit dem
Schlnß derselben sind zu Dutzenden Sammlnngen von photographi-
schen Ansichten erschienen, und Werke von nicht geringem Umfange,
deren Herausgabe noch während der Ausstellung begann, sind noch
im Erscheinen begriffen. Es muß befremden, daß bis jetzt noch Nie-
mand an die Veröffentlichung eines zuverlüssigen Werkes über die
Weltausstellung in deutscher Sprache gegangen ist, denn die planlos
zusammengestellten Sammlungen von photographischen Ansichten,
welche zur Veröffentlichung gelangt sind, machen keinen Anspruch
darauf, einen Ueberblick über das ganze Riesenunternehmen zu geben
oder etwas zu liefern, was man in seinen Bücherschrank etwa ncben
den Brockhaus'schen Bilderatlas stellt und nicht nur zu Rathe zieht.
wcnn man sich informiren will, sondern auch wenn man die Erinne-
rnng an die Herrlichkeiten der Ausstellung, wie sie sich dem Auge dar-
stellten, wacbrnfen und im Geiste die „Weiße Stadt" nochmals be-
suchen, oder wenn man den Kindern, welche nach einigen Jahren ins
Leben hinausgehen, veranschaulichen will, wes das menschliche
Schaffensvermögen fähig ist, nm sie nicht nur mit Stolz aui ihr
amerikanisches Vaterland nnd anf ihre Abstammnng von dem Stamme
im germanischcn Urlande, vvn wclchem auch der Anglo-Amerikaner
sich herleiten mnß, zn erfüllen, sondern anch im Hinblick anf das
schon Geleistete zu immer höherem Streben anzuspornen. Ein
deutsches Originalwerk, welches einen einigcrmaßen vollständigen
Ueberblick über die Ausstellnng gübe, existirt noch nicht.

Jn deni Umfange uud der prachtvollen Ansstattung wie das vor-
liegende Werk, wird in Amerika kein zweites erscheinen. Das können
wir getrost behanpten, denn nicht allein gehört das Feld in dcr Regel
Demjenigcn, welcher zuerst mit einem wirklich gediegenen Werke auf-
tritt, sondern die Herausgeber dieses Buches haben sich das alleinige
Recht znr Veröffentlichung der von dem offiziellen Photographen
aufgenommenen Abbilduugen in einer Geschichte der Ausstellung
kontraktlich gesichert, und da außer diesen nicht viele gute Bilder von
der Ausstellung vorhanden sind, so ist damit die Herausgabe eines
zweiten derartigen Werkes ausgekchlossen.

Doch wollen sich d-e Herausgebcr nicht so sehr auf dieses aus-
schließliche Recht zur Beuutzung der offiziellen Photographicn stützen,
sondern vielmehr anf den Werth und Jnhalt des Werkes selbst. Eine
Geschichte der Ausstellung hat noch Niemand unternommen zu schrei-
ben, selbst die in englischer Sprache so überreich erschienene Literatnr
enthält kcin dernrtiges Werk. Man hat sich in den Details der Vor-
bcreitungen, in den Competenzstreitigkeitcn der Behörden u. dgl.
verloren und dabei vergessen, daß dem Pnbliknm vielmehr darum zu
thun ist, zu erfahren und in den Jllustrationen veranschaulicht zu

sehen, was eigentlich zu Stande gekommen und in die Geschichte des
Landes und die Weltgeschichte übergegangen ist. Auch der so vielfach
heirschende Marktschreierton, die überschwänglichen Lobgesüng^ anf
die Stadt Chicago, haben störend gewirkt. Jetzt, da die Ausstellung
vorüber ist, schickt es sich, daß Chicago wieder scine normale Stellung
einnimmt. Man soll nicht der Beschreibnng eines so bedeutenden
knltnrgeschichtlichen Ereignisses, wie es die columbische Weltansstellung
ist, die Reklame für die Stadt Chicago anhüngen. Damit soll nicht
gesagt sein, daß die Herausgeber des vorliegenden Werkes die Be-
dentung Chicago's und seine wnnderbare Geschichte, die sich fast wie
ein Mürchcn aus Tausendundeine Nacht liest, nicht vollanf würdigen;
allein „Alles Ding hat seine Zeit".

Ein genügender Zeitraum trenut nns jctzt von der Weltausstel-
lung, um uns in Stand zn setzen, diesclbe rnhig und ohne Vornrtheil,
kritisch vom Standpnnkte eines Geschichtsschreibers ans, ansznfaffeii
nnd darznstellen. „Unscre Weltausstellnng" stellt sich vor allen Din-
gen die Anfgabe, eine ehrliche Darstellnng zu liefern. Jn diesem
Sinne sind auch die Jllustrationen gehalten. Es sind die getreuesten
Aufnahmen der sehenswürdigsten Dinge und wenn der Leser diese
über 1000 zählenden Jllustrationen betrachtet hat, so sollte es ihm
nicht schwer fallen, sich, selbst wenn er niemals die Ausstellung be-
sucht hat, ein getreues Bild von derselben zu machen. Die Jllustra-
tionen sind so vertheilt, daß sie stets zu dem Gegenstande des
daueben stehenden Artikcls passen, soweit die mechanischen Erforder-
nisse des Druckes ein solches Arrangement gestatten. Die Erfah-
rungen früherer Ausstellungswerke in dieser Hinsicht haben sich die
Herausgeber zu Herzen genommen.

„Unsere WeltauSstclluug!" Der Name muß jedem Dentsch-
Amerikaner und Deutschen ansprechen. Denn es war in der That
„unsere" Weltausstellung; Amerika und Deutschland, Oesterreich und
die Länder deutscher Zunge überhaupt, sie machten ja nicht allein den
größten, sondern auch bei Weitem den besten Theil der Ausstellung
ans. Es war in der That eine fortgesetzte Trinmphfeier für Dentsch-
land, seine wahrhaft überwültigende Ansstellung stellte nlle andern
auswürtigen Nationen in Schatten und würdig reihte sich ihm Oester-
reich an. Daß die Ver. Staaten sich hervorthun mußten, ist selbst-
verständlich. So war es denn in Wahrheit „unsere" Weltausstellung,
„unsere" als Amerikaner, „unscre" als Dentsche. Hvffentlich hat die
Ansstcllung anch dazu gedient, hier in Amerika die Volkselemente
germanischen Ursprungs, vor allen Dingen Angelsachsen und
Deutsche, enger mit einander zu verknüpfen, ihren gemeinsamen Ur-
sprung ihnen zum Bewußtseiu zu bringen. Halten sie zusammen,
so kann kein feindliches Element störend eingreifen.

Als das einzige deutsche Originalwerk, welches einen vollständi-
gen Ueberblick über die großartige columbische Weltansstellung gibt
— denn die Sammlungen von photvgraphischen Ansichten sind nur
aus deni Englischen übersetzt, nicht für Deutsche und von Deutschen
zusammengestcllt und bearbeitet—verdient „Unsere Weltausstellung",
in jedem deutschen Heim einen Platz zu findcn. Die Herausgeber
hoffeu, daß sie in ihrer Zuversicht, eine den Deutschen Amerikas
willkommene Arbeit geliefert zu habeu, welche regen Zusprnch finden
wird, nicht fehl gehen werden.
 
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