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Unsere Weltausstellung : eine Beschreibung der Columbischen Weltausstellung in Chicago, 1893 ; mit über 1000 der besten, aus 15.000 Meisterwerken der Photographie sorgfältig ausgewählten Illustrationen — Chicago, 1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.3684#0441
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Unsere WeltavssteUnng.

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Eine Standuhr in der britischen Sektion nn Jndustriepulast,

in Bronzefassunq und einem großen, für Düsseldorf bestimmten Tauf-
becken. Des weiteren waren noch Gladenbeck L Sohn in Berlin und
die Aktiengesellschaft Friedrichshagen mit großen Ausstellungen ver-
treten, sowie Gbr. Siedle in Triberg mit einem Bronzeschild. Jn
Kupfer ist ueben Kusterer in Augsburg und Hirschwald in Berlin vor
allem H. Seitz in München mit seiner nach Begas getriebenen Kollos-
salgruppe der Germania zu nennen, welche den Giebel des deutschen
Reichstagsgebäudes bekrönen wird. Jn der trefflichen Behandlung
seines Materials, insbesondere in Ziergefüßen ist er Meister. Manche
dieser Arbeiten sind zugleich emaillirt. Ju Ziun sind Lichtinger in
München und Bock in Karlsruhe anzuführen, in künstlichen Blumen
Speierer in Bühl (Baden) nnd Beuttenmüller in Bretten. Jn der
Kunstschmiedetechnik, in welcher Deutschland die besten Arbeiten des
letzten Jahrhunderts erreicht hat, stehen die Gebr. Armbruster in
Frankfurt a. M., Bühler in Offenburg und E. Puls in Berlin
obenan; ebensv F. Brechenmacher in Frankfurt a. M., der schon bei
der Karlsruher Kunstschmiedeausstellung (1887) durch seine geschmie-
deten Ranken Aufsehen erregte. Bon diesen Meistern sind Thore und
Gitter in der flottesten breit behandelten Technik ausgestellt, während
von Markus in Berlin, Kirsch und Kölbl in München mehr zierliche
Arbeiten vertreten sind. Jn der Emaillirung des Eisens haben die
Eisenwerke Gaggenau (Baden) in ihrer Kollektiv-Gruppe tüchtige
Proben von außergewöhnlicher Größe, 2x1 Mcter ausgestellt, die
sich zu Dekorationszwecken vortrefflich verwerthen lassen. So ist auch
ein Ofcnschirm aus dem Besitze S. M. des Kaisers in der gleichen
Technik behandelt, wie nuch die polychromen Verzierungen der Fn^ade
des Krupp-Pavillous iu Gaggenau angefertigt wurden. Jm Kunst-
eisenguß würe die Grüflich Stolbcrg'sche Eisenhütte in Jlsenburg a. H.

mit einer größeren Koje ihrer Arbeiten zu erwähnen. Tüchtige
Leistungen enthielt ferner die Ausstellung des deutschen Graveur-
Vereins.

Jn der Keramik gehörten die beiden Staatsmanufakturen Berlin
und Meißen zu den bedeutendsten Glanzpunkten der deutschen Abthci-
lung. Besonders feierte Berlin wohlverdiente Triumphe, denn die
künstlerischen Leiter der Manufaktur, Maler Kips und Bildhaucr
Schley, hatten mit der Anordnung der Ausstellung glünzende Proben
ihres dekorativen Talents abgelegt. Diese heitere, zu dem trefflichen
Ausstellungsmaterial so harmonisch gestimmte Barockarchitektur mit
ihren farbigen Fliesenbildern, ihrem reichen plastischen Schmucke, dem
vou Süulen getragenen Kuppclbau mit den vorspringcnden Estraden
und vergoldetem Gitterwerk, vereinte sich zu einem großartigen, wie
aus einem Gusse gcschaffenen Gesammtbilde. Die Technik kennt hier
keme Schwierigkeiten, um Stücke von ungewöhnlichen Dimensionen
zu schaffen, denn diese großen Wandverzierungcn, Spiegel, Kan-
delaber, Konsolen, zumal die Mittelfontaine, waren Meisterwevke
ersten Ranges. Auch von den reizenden Puttenfriesen und Seiten-
bildern ist gleiches zu sagen, wahrend mich das große Mittelbild
„Triumph der Germania" nie recht begeistern konnte. Die durch
starke Glanzglasur verursachten Reflexe hinderten stets eine klare
Uebersicht, hauptsächlich vermißte ich aber eine monumental breite,
im Geiste eines Tiepolo gedachte Komposition, denn die Verhältnisse
der Figuren waren zur Gesammtarchitektur zu klein, die Silhouette
der Gruppen zu unklar, die Hauptfignr der Germania zu wenig her-
vortretend. Hier zeigte es sich aus's Neue, daß jedes Material in
Bezug auf Verwendung seine Grenzen hat, so auch das Porzellan.
Die Arbeiten der Ausstellung selbst bekundeten einen bedeutenden
Fortschritt, sowohl in der Form, als auch in der feinen diskreten

Eine Stnnduhr in der britischen Sektion im Jndustriepalast.
 
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