23
ANGEWANDTE KUNST MÜNCHEN
die verschiedenen Gewerbe wieder auf die Höhe zu bringen. Mit der Er-
Werbung von Künstlerentwürfen ist diesen nur sehr oberflächlich geholfen.
Der Künstler muss mit Hand anlegen können. Ein Beispiel im grossen
bilden dafür die Leistungen der Münchener Vereinigten Werkstätten,
deren Möbel, Metallarbeiten, Vorhänge u. s. w. rein handwerklich auf der
äussersten Höhe sind, weil alle Arbeiten unter der Aufsicht des künstleri-
sehen Leiters des Unternehmens, des Malers F. A. O. Krüger, stehen,
mag es sich um die Ausführung seiner eigenen Entwürfe oder der von
Bruno Paul, Th. Th. Heine, Julius Diez und anderen handeln. Die Werk-
stätten liefern die intimste und sauberste Arbeit, die sich denken lässt.
Wieviel es bedeutet, dass der Künstler sich mit dem Material, für das er
entwirft, vertraut macht, sieht man — einmal zu gunsten von Berlin —
an den Arbeiten von Schmuz-Baudiss für die Königliche Porzellanmanu-
faktur, die den Porzellanen von Nymphenburg, nach Entwürfen des Malers
Adelbert Niemeyer, künstlerisch und technisch weit überlegen sind, weil
der Münchener Künstler von den Besonderheiten des Porzellans augen-
scheinlich noch keine zureichende Kenntnis besitzt, um die feinsten Reize
herauszuholen. Es kann den verschiedenen Industrien nur zum grössten
Vorteil gereichen, wenn sie Arbeiten, die Anspruch darauf erheben, für
künstlerisch gehalten zu werden, unter unmittelbarer Aufsicht der Künstler
herstellen; denn mögen diese auch oft keine Ahnung von den betreffen-
den Techniken haben, so haben sie doch immer eine feste Vorstellung von
dem, was erreicht werden soll, und können durch persönliche Mitwirkung
in der Regel etwas erzielen, was der auf seine eigene Intelligenz ange-
wiesene Handwerker nun und nimmer herausbrächte.
Der Untergrund von alter Kultur hilft auch in München nicht dazu,
dass die Handwerker von sich aus Kunst machen. Ein paar Ausnahmen,
wie der Ziseleur Ernst Riegel, dessen silberne Becher an künstlerischer
Haltung und liebevoller Art jeden Vergleich mit den besten Arbeiten
der Vergangenheit aushalten und die Leistungen Ashbees in jeder Be-
ziehung in den Schatten stellen, und Karl Rothmüller, dessen Juwelier-
arbeiten in ihrer Art so reizvoll sind wie die von Lalique und Feuillätre,
bestätigen nur die Regel. Die Maler allein sind die künstlerischen Be-
fruchter des Handwerks in München. Wie sehr stehen die Darbietungen
der Architekten in dieser Ausstellung gegen die jener zurück! Man kann
von Bruno Pauls Musikzimmer — ein Glanzstück der ganzen Veran-
staltung — behaupten, es sei in einem modernisierten gotischen Stil
gehalten; aber mit wieviel Geist und Gefühl ist die Abwandelung vor-
genommen! Peter Birkenholz und Paul Ludwig Troost, die Architekten,
dagegen haben das Wirksame ihrer Interieurs von den Formen bis zum
Material allein dem Biedermeierstil zu danken, dem bei Birkenholz noch
eine Zutat vom Wiener Bretterstil gegeben ist . . . Und was der Architekt
Ö. Schnartz in dem von ihm hergestellten Kaminplatz im Hause eines
Kunstfreundes als eigenen Rabitz-Stil produziert, ist nicht nur kläglich,
sondern bildet auch ein klassisches Zeugnis für die absolute Verständnis-
losigkeit mancher Baukünstler gegenüber dem Material. Eher macht
ein Maler eine schöne und originelle Architektur, als solcher Baukünstler
ein brauchbares Möbel. Am erfreulichsten schliessen die Architekten
Paul Thiersch, Karl Jäger und Peter Birkenholz mit dem vorgeführten
Friedhof und einem, verschiedeneBrunnen und Skulpturen wundervoll zur
Geltung bringenden Garten ab. Nachdem hier gezeigt worden ist, wieviel
ANGEWANDTE KUNST MÜNCHEN
die verschiedenen Gewerbe wieder auf die Höhe zu bringen. Mit der Er-
Werbung von Künstlerentwürfen ist diesen nur sehr oberflächlich geholfen.
Der Künstler muss mit Hand anlegen können. Ein Beispiel im grossen
bilden dafür die Leistungen der Münchener Vereinigten Werkstätten,
deren Möbel, Metallarbeiten, Vorhänge u. s. w. rein handwerklich auf der
äussersten Höhe sind, weil alle Arbeiten unter der Aufsicht des künstleri-
sehen Leiters des Unternehmens, des Malers F. A. O. Krüger, stehen,
mag es sich um die Ausführung seiner eigenen Entwürfe oder der von
Bruno Paul, Th. Th. Heine, Julius Diez und anderen handeln. Die Werk-
stätten liefern die intimste und sauberste Arbeit, die sich denken lässt.
Wieviel es bedeutet, dass der Künstler sich mit dem Material, für das er
entwirft, vertraut macht, sieht man — einmal zu gunsten von Berlin —
an den Arbeiten von Schmuz-Baudiss für die Königliche Porzellanmanu-
faktur, die den Porzellanen von Nymphenburg, nach Entwürfen des Malers
Adelbert Niemeyer, künstlerisch und technisch weit überlegen sind, weil
der Münchener Künstler von den Besonderheiten des Porzellans augen-
scheinlich noch keine zureichende Kenntnis besitzt, um die feinsten Reize
herauszuholen. Es kann den verschiedenen Industrien nur zum grössten
Vorteil gereichen, wenn sie Arbeiten, die Anspruch darauf erheben, für
künstlerisch gehalten zu werden, unter unmittelbarer Aufsicht der Künstler
herstellen; denn mögen diese auch oft keine Ahnung von den betreffen-
den Techniken haben, so haben sie doch immer eine feste Vorstellung von
dem, was erreicht werden soll, und können durch persönliche Mitwirkung
in der Regel etwas erzielen, was der auf seine eigene Intelligenz ange-
wiesene Handwerker nun und nimmer herausbrächte.
Der Untergrund von alter Kultur hilft auch in München nicht dazu,
dass die Handwerker von sich aus Kunst machen. Ein paar Ausnahmen,
wie der Ziseleur Ernst Riegel, dessen silberne Becher an künstlerischer
Haltung und liebevoller Art jeden Vergleich mit den besten Arbeiten
der Vergangenheit aushalten und die Leistungen Ashbees in jeder Be-
ziehung in den Schatten stellen, und Karl Rothmüller, dessen Juwelier-
arbeiten in ihrer Art so reizvoll sind wie die von Lalique und Feuillätre,
bestätigen nur die Regel. Die Maler allein sind die künstlerischen Be-
fruchter des Handwerks in München. Wie sehr stehen die Darbietungen
der Architekten in dieser Ausstellung gegen die jener zurück! Man kann
von Bruno Pauls Musikzimmer — ein Glanzstück der ganzen Veran-
staltung — behaupten, es sei in einem modernisierten gotischen Stil
gehalten; aber mit wieviel Geist und Gefühl ist die Abwandelung vor-
genommen! Peter Birkenholz und Paul Ludwig Troost, die Architekten,
dagegen haben das Wirksame ihrer Interieurs von den Formen bis zum
Material allein dem Biedermeierstil zu danken, dem bei Birkenholz noch
eine Zutat vom Wiener Bretterstil gegeben ist . . . Und was der Architekt
Ö. Schnartz in dem von ihm hergestellten Kaminplatz im Hause eines
Kunstfreundes als eigenen Rabitz-Stil produziert, ist nicht nur kläglich,
sondern bildet auch ein klassisches Zeugnis für die absolute Verständnis-
losigkeit mancher Baukünstler gegenüber dem Material. Eher macht
ein Maler eine schöne und originelle Architektur, als solcher Baukünstler
ein brauchbares Möbel. Am erfreulichsten schliessen die Architekten
Paul Thiersch, Karl Jäger und Peter Birkenholz mit dem vorgeführten
Friedhof und einem, verschiedeneBrunnen und Skulpturen wundervoll zur
Geltung bringenden Garten ab. Nachdem hier gezeigt worden ist, wieviel