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VON DER STUTTGARTER KÜNSTLERKOLONIE
tung bedarf, und bleiben wir bei dem Gärt-
chen selbst und seiner Anlage.
Die Verbindung von Haus und Garten
ist der wesentlichste Punkt. Verwiesen
sei auch hier auf den eingangs erwähnten
Vortrag, der uns all die kleinen Mittel
genannt hat, die uns das Schaffen eines
architektonisch wirkungsvollen Bildchens
ermöglichen. Abschluß nach außen, Ab-
schluß gegen denNachbar, möglichst dicht,
damit eine Raumwirkung erzielt wird, da-
mit nicht durch das Hineinragen fremder
Elemente vom Nachbar her eine Dishar-
monie entsteht. Wenig Platz ist vorhan-
den, zu einer breiten, dichten Grenzpflan-
zung reicht er nicht, wir rufen daher die
schnellwachsenden Schlinger zur Hilfe
herbei. Sie geben uns Wände und festen
Abschluß, sie geben uns Schatten, auf den
wir lange, lange warten müßten, wollten
wir uns auf die selbst gepflanzten Bäume
verlassen. Und wie bereichern wir an archi-
tektonischen Motiven unser Gärtchen da-
durch, daß sie eine Stütze verlangen, daran
emporzuklimmen, daß sie uns geradezu
zwingen, diese Stütze zu bauen, den LAU-
BENGANG und die PERGOLA. Ersterer
gibt uns Schatten in kurzer Zeit, letztere
den Abschluß, den wir wünschen. Man ent-
gegne nicht, daß durch Hineintragen dieser
Architekturen zu hohe Kosten entständen.
Sie können reich gehalten, aber auch ein-
fach gestaltet sein, können aus einfachem
Kiefernrundholz, sogar aus ungeschältem,
bestehen; ihre Herstellung kann vom Be-
sitzer selbst ohne fremde Hilfe erfolgen
und wird ihm um so größere Freude be-
reiten. Die Pfosten der vorhandenen Um-
zäunung mögen als Stützen gleichzeitig
Verwendung finden, zumal dann, wenn
eine Verständigung mit dem Nachbar im
gegenseitigen Interesse erreicht werden
kann, so daß Lattenwerk und Schlinger
unmittelbar auf der Grenze sich be-
finden.
Die Schlinggewächse und Sträucher ge-
statten aber noch eine andere Verwen-
dungsart. Sie können uns auch die Hecke
geben. Ein Lattengestell, etwas schmaler
als die gewünschte Heckenbreite und etwas
niedriger als die Höhe, von ihnen berankt,
kann uns sehr wohl für unseren sommer-
lichen Aufenthalt die nur mit großen Kos-
ten in gl eicher Größe zu beschaffendeHecke
ersetzen, wenn sie auch an Wirkung nicht
derscharfgeschnittenenTaxusheckegleich-
kommt und durch häufiges Schneiden und
Anbinden der Ranken mehr Arbeit er-
fordert.
Auf das belebende Wasser und seine
vielfache künstlerische Verwendung wird
man meistens verzichten müssen, verur-
sacht doch der Bau der Bassins zu große
Kosten, es müßte denn sein, daß man auch
hier ein Ersatzmaterial für den Stein ein-
treten ließe.
PERSÖNLICHE EIGENART soll das
Gärtchen wiederspiegeln, soll auch die be-
sondere Liebhaberei seines Besitzers zei-
gen. Wer Freude daran hat, selbstgeernte-
tes Gemüse von Zeit zu Zeit auf seinem
Tisch zu sehen, wird dieses pflanzen; er
kann aus Stangenbohnen einen Lauben-
gang bilden, kann dicht am Zaun die Erbse
ziehen und in Reih und Glied auf gleich-
mäßig geteilte Rabatten die Pflanzen
setzen. Auch dem Obstfreund bietet sich
eine große Auswahl an Früchten: der Wein
als Laube, Äpfel und Birnen in Form von
Pyramiden und Schnurbäumchen,Stachel-
und Johannisbeeren als Stämmchen oder
inForm vonHecken, Erdbeeren alsUnter-
grund, als Ersatz für den Rasen auf den
Beeten. Wer nicht die materiellen Genüsse
voranstellt, wird einen Blumengarten sich
schaffen, wird völlig unter Rosen wandeln
können.
Es ist die Möglichkeit vorhanden, selbst
Flächen von 200 qm Größe jeder Eigen-
art entsprechend reizvoll ausgestalten zu
können. Wünschenswert wäre es, daß sich
diese Bestrebungen auch in höheren Krei-
sen Eingang verschaffen, daß nicht nur der
Kreis der Arbeiter, Handwerker und klei-
nen Beamten, wie bisher, die Pächter der
Familiengärten stellt. Es könnte sich auch
auf diesem Gebiete eine kunstgewerbliche
Tätigkeit entfalten, zugeschnitten auf die
Verhältnisse unserer Großstädte. Möge
diese kurze Skizze die Veranlassung dazu
geben. Fritz Zahn
VON DER STUTTGARTER
KÜNSTLERKOLONIE
Der offizielle Titel Lehr-und Versuchs-
werkstätte derKöniglichenKunstgewerbe-
schule ist ein wenig langatmig und um-
ständlich und wird sich auch nie ein-
bürgern;Künstlerkolonie klingt allerdings
vielleicht etwas hochtrabend,wenninder-
seiben Stadt eine Akademie der bildenden
Künste besteht und auch außerhalb dieser
manche tüchtigen Kunstkräfte tätig sind.
Aber seitDarmstadtist derNameKünstler-
kolonie auch in Ausdehnung auf eine vor-
wiegend kunstgewerbliche Tätigkeit so ge-
bräuchlich geworden, daß er auch uns hier
gestattet sein möge.
In Stuttgart ist es kein Architekt, dem
die Organisation der modernen Stilbe-
wegung anvertraut wurde, sondern ein
Maler, die bekanntlich auch sonst gewöhn-
lich überall an der Spitze der modern
ästhetischen Bewegung stehen. Der Name
BERNHARD PANKOK hat allenthalben,
wo man für selbständigeKunstäußerungen
Interesse und Verständnis hat, einen so
vorzüglichen Klang, daß sich niemand
VON DER STUTTGARTER KÜNSTLERKOLONIE
tung bedarf, und bleiben wir bei dem Gärt-
chen selbst und seiner Anlage.
Die Verbindung von Haus und Garten
ist der wesentlichste Punkt. Verwiesen
sei auch hier auf den eingangs erwähnten
Vortrag, der uns all die kleinen Mittel
genannt hat, die uns das Schaffen eines
architektonisch wirkungsvollen Bildchens
ermöglichen. Abschluß nach außen, Ab-
schluß gegen denNachbar, möglichst dicht,
damit eine Raumwirkung erzielt wird, da-
mit nicht durch das Hineinragen fremder
Elemente vom Nachbar her eine Dishar-
monie entsteht. Wenig Platz ist vorhan-
den, zu einer breiten, dichten Grenzpflan-
zung reicht er nicht, wir rufen daher die
schnellwachsenden Schlinger zur Hilfe
herbei. Sie geben uns Wände und festen
Abschluß, sie geben uns Schatten, auf den
wir lange, lange warten müßten, wollten
wir uns auf die selbst gepflanzten Bäume
verlassen. Und wie bereichern wir an archi-
tektonischen Motiven unser Gärtchen da-
durch, daß sie eine Stütze verlangen, daran
emporzuklimmen, daß sie uns geradezu
zwingen, diese Stütze zu bauen, den LAU-
BENGANG und die PERGOLA. Ersterer
gibt uns Schatten in kurzer Zeit, letztere
den Abschluß, den wir wünschen. Man ent-
gegne nicht, daß durch Hineintragen dieser
Architekturen zu hohe Kosten entständen.
Sie können reich gehalten, aber auch ein-
fach gestaltet sein, können aus einfachem
Kiefernrundholz, sogar aus ungeschältem,
bestehen; ihre Herstellung kann vom Be-
sitzer selbst ohne fremde Hilfe erfolgen
und wird ihm um so größere Freude be-
reiten. Die Pfosten der vorhandenen Um-
zäunung mögen als Stützen gleichzeitig
Verwendung finden, zumal dann, wenn
eine Verständigung mit dem Nachbar im
gegenseitigen Interesse erreicht werden
kann, so daß Lattenwerk und Schlinger
unmittelbar auf der Grenze sich be-
finden.
Die Schlinggewächse und Sträucher ge-
statten aber noch eine andere Verwen-
dungsart. Sie können uns auch die Hecke
geben. Ein Lattengestell, etwas schmaler
als die gewünschte Heckenbreite und etwas
niedriger als die Höhe, von ihnen berankt,
kann uns sehr wohl für unseren sommer-
lichen Aufenthalt die nur mit großen Kos-
ten in gl eicher Größe zu beschaffendeHecke
ersetzen, wenn sie auch an Wirkung nicht
derscharfgeschnittenenTaxusheckegleich-
kommt und durch häufiges Schneiden und
Anbinden der Ranken mehr Arbeit er-
fordert.
Auf das belebende Wasser und seine
vielfache künstlerische Verwendung wird
man meistens verzichten müssen, verur-
sacht doch der Bau der Bassins zu große
Kosten, es müßte denn sein, daß man auch
hier ein Ersatzmaterial für den Stein ein-
treten ließe.
PERSÖNLICHE EIGENART soll das
Gärtchen wiederspiegeln, soll auch die be-
sondere Liebhaberei seines Besitzers zei-
gen. Wer Freude daran hat, selbstgeernte-
tes Gemüse von Zeit zu Zeit auf seinem
Tisch zu sehen, wird dieses pflanzen; er
kann aus Stangenbohnen einen Lauben-
gang bilden, kann dicht am Zaun die Erbse
ziehen und in Reih und Glied auf gleich-
mäßig geteilte Rabatten die Pflanzen
setzen. Auch dem Obstfreund bietet sich
eine große Auswahl an Früchten: der Wein
als Laube, Äpfel und Birnen in Form von
Pyramiden und Schnurbäumchen,Stachel-
und Johannisbeeren als Stämmchen oder
inForm vonHecken, Erdbeeren alsUnter-
grund, als Ersatz für den Rasen auf den
Beeten. Wer nicht die materiellen Genüsse
voranstellt, wird einen Blumengarten sich
schaffen, wird völlig unter Rosen wandeln
können.
Es ist die Möglichkeit vorhanden, selbst
Flächen von 200 qm Größe jeder Eigen-
art entsprechend reizvoll ausgestalten zu
können. Wünschenswert wäre es, daß sich
diese Bestrebungen auch in höheren Krei-
sen Eingang verschaffen, daß nicht nur der
Kreis der Arbeiter, Handwerker und klei-
nen Beamten, wie bisher, die Pächter der
Familiengärten stellt. Es könnte sich auch
auf diesem Gebiete eine kunstgewerbliche
Tätigkeit entfalten, zugeschnitten auf die
Verhältnisse unserer Großstädte. Möge
diese kurze Skizze die Veranlassung dazu
geben. Fritz Zahn
VON DER STUTTGARTER
KÜNSTLERKOLONIE
Der offizielle Titel Lehr-und Versuchs-
werkstätte derKöniglichenKunstgewerbe-
schule ist ein wenig langatmig und um-
ständlich und wird sich auch nie ein-
bürgern;Künstlerkolonie klingt allerdings
vielleicht etwas hochtrabend,wenninder-
seiben Stadt eine Akademie der bildenden
Künste besteht und auch außerhalb dieser
manche tüchtigen Kunstkräfte tätig sind.
Aber seitDarmstadtist derNameKünstler-
kolonie auch in Ausdehnung auf eine vor-
wiegend kunstgewerbliche Tätigkeit so ge-
bräuchlich geworden, daß er auch uns hier
gestattet sein möge.
In Stuttgart ist es kein Architekt, dem
die Organisation der modernen Stilbe-
wegung anvertraut wurde, sondern ein
Maler, die bekanntlich auch sonst gewöhn-
lich überall an der Spitze der modern
ästhetischen Bewegung stehen. Der Name
BERNHARD PANKOK hat allenthalben,
wo man für selbständigeKunstäußerungen
Interesse und Verständnis hat, einen so
vorzüglichen Klang, daß sich niemand