DIE BISMARCKWARTE IN BRANDENBURG AN DER HAVEL
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Trotzdem werden die Brandenburger die Warte noch lange als einen
Fremdkörper empfinden. Sie drückt ja auch in der Erscheinung die fremde
Herkunft aus. Mit der Architektur der Stadt steht sie in gar keiner Be"
ziehung. Aber die kostbare Tradition aus der Gotik und Barockzeit ist
dort auch vollkommen abgebrochen. Anknüpfungspunkte für den modern
nen Architekten fehlen, denn die neueren Bauten sind von geradezu sünd"
hafter Schlechtigkeit. So trägt die Warte ganz Möhrings elegantes, weit"
städtisches Gepräge. Das moderne Brandenburg mag sich dazu finden!
Die eigenartige Form erhielt das Werk aus den Bedingungen des Terz-
rains und aus seiner inneren vielfältigen Bestimmung. Der Berg steigt
nach hinten noch etwas an, dort folgt dann auch das erwähnte, wesentlich
höhere Kriegerdenkmal. Eine mehr breite, bastionartige Form war also
von selbst gegeben. Ebenso ergab sich eine ausgesprochene Vorderseite
und die Schichtung im Aufbau. Als bestimmendes Motiv wählte nun
Möhring für das Ganze die Feuerpfanne. In erster Linie ist mithin der
Bau Feuerturm. Die architektonisch am stärksten ausgestaltete Pfanne
krönt und beherrscht ihn. Sie wurde darum nicht in den Stein versenkt,
wie bei Kreis. Getragen wird sie von vier kräftigen Steinpfeilern, und diese
wieder erheben sich auf zwei ineinandergestellten Türmen, deren obere Ab"
deckungen die Plattformen der 'Aussichtswarte' bilden. Die Treppen, die
da hinaufführen, ergeben ein ferneres wichtiges Motiv. Sie sind ebenfalls
nicht im Innern des Turmes versteckt, sondern als Freitreppen angelegt,
und die Außenwand folgt, sie betonend, im stufenartigen Aufsteigen ihrem
Kontur. Die mächtige Wandfläche, die sich an der vorderen Rundung ein"
stellte, diente noch zur Aufnahme einer Bismarckbüste, womit letzten
Endes auch der Denkmalcharakter betont war.
Von besonderer Kraft des Eindrucks sind in dieser Gesamtanlage das
monumentale Emporheben der Feuerpfanne, die wuchtige Masse der äuße"
ren Bastionsmauer mit ihrem Zyklopenwerk, und in der Umklammerung
dieser Mauer, der ernst, beinahe finster aufstrebende Klotz des inneren
Turmes mit dem elementaren, harten, wagerechten Abschneiden nach oben.
Dieser Turm ist in bräunlichen und schwärzlichen Ziegeln errichtet, die
stark abstechen von dem frischen Bunt der rötlichen, gelblichen, grauen
Granitfindlinge in der Außenmauer. Hellgrau, etwas bläulich angehaucht,
sind die Decksteine aus Granit, der aus dem Fichtelgebirge stammt.
Diese Energie in der architektonischen und farbigen Disposition kann
nur Beifall finden. Ich fürchte jedoch, die monumentale Wucht des Grund"
gedankens hat durch die elegante Formulierung Einbuße erlitten. Der
glatte, mondäne Linienfluß, der im Salon und vielleicht auch im Stadthaus
Pflicht ist, wird hier als ein Vergreifen in der Tonart empfunden. Eleganz
und gefällige Schönheit wird zur Leere, wo tragische Größe gefordert war.
Schon der Reichtum der Motive stört etwas. Er mindert die Einheit"
lichkeit und die Kraft des ersten Eindrucks. Wie prachtvoll wäre die Ur"
form des inneren Blockes, wenn nicht die zierliche Detaillierung des Becken"
aufsatzes die ernste Stimmung so eilig auf löste. Die Treibarbeit des Beckens
wirkt aufdringlich in dieser Höhe. Aber am meisten geschädigt wird das Bild
durch die eingesetzte Büste.
Die Verbindung von Plastik mit Architektur ist eine heikle Sache.
Doch hätten Brandenburgs alte Kirchen vorzügliche Lösungen des Problems
gezeigt. Die Nischenanordnung [sie wird jetzt für 'moderne' Denkmäler,
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Trotzdem werden die Brandenburger die Warte noch lange als einen
Fremdkörper empfinden. Sie drückt ja auch in der Erscheinung die fremde
Herkunft aus. Mit der Architektur der Stadt steht sie in gar keiner Be"
ziehung. Aber die kostbare Tradition aus der Gotik und Barockzeit ist
dort auch vollkommen abgebrochen. Anknüpfungspunkte für den modern
nen Architekten fehlen, denn die neueren Bauten sind von geradezu sünd"
hafter Schlechtigkeit. So trägt die Warte ganz Möhrings elegantes, weit"
städtisches Gepräge. Das moderne Brandenburg mag sich dazu finden!
Die eigenartige Form erhielt das Werk aus den Bedingungen des Terz-
rains und aus seiner inneren vielfältigen Bestimmung. Der Berg steigt
nach hinten noch etwas an, dort folgt dann auch das erwähnte, wesentlich
höhere Kriegerdenkmal. Eine mehr breite, bastionartige Form war also
von selbst gegeben. Ebenso ergab sich eine ausgesprochene Vorderseite
und die Schichtung im Aufbau. Als bestimmendes Motiv wählte nun
Möhring für das Ganze die Feuerpfanne. In erster Linie ist mithin der
Bau Feuerturm. Die architektonisch am stärksten ausgestaltete Pfanne
krönt und beherrscht ihn. Sie wurde darum nicht in den Stein versenkt,
wie bei Kreis. Getragen wird sie von vier kräftigen Steinpfeilern, und diese
wieder erheben sich auf zwei ineinandergestellten Türmen, deren obere Ab"
deckungen die Plattformen der 'Aussichtswarte' bilden. Die Treppen, die
da hinaufführen, ergeben ein ferneres wichtiges Motiv. Sie sind ebenfalls
nicht im Innern des Turmes versteckt, sondern als Freitreppen angelegt,
und die Außenwand folgt, sie betonend, im stufenartigen Aufsteigen ihrem
Kontur. Die mächtige Wandfläche, die sich an der vorderen Rundung ein"
stellte, diente noch zur Aufnahme einer Bismarckbüste, womit letzten
Endes auch der Denkmalcharakter betont war.
Von besonderer Kraft des Eindrucks sind in dieser Gesamtanlage das
monumentale Emporheben der Feuerpfanne, die wuchtige Masse der äuße"
ren Bastionsmauer mit ihrem Zyklopenwerk, und in der Umklammerung
dieser Mauer, der ernst, beinahe finster aufstrebende Klotz des inneren
Turmes mit dem elementaren, harten, wagerechten Abschneiden nach oben.
Dieser Turm ist in bräunlichen und schwärzlichen Ziegeln errichtet, die
stark abstechen von dem frischen Bunt der rötlichen, gelblichen, grauen
Granitfindlinge in der Außenmauer. Hellgrau, etwas bläulich angehaucht,
sind die Decksteine aus Granit, der aus dem Fichtelgebirge stammt.
Diese Energie in der architektonischen und farbigen Disposition kann
nur Beifall finden. Ich fürchte jedoch, die monumentale Wucht des Grund"
gedankens hat durch die elegante Formulierung Einbuße erlitten. Der
glatte, mondäne Linienfluß, der im Salon und vielleicht auch im Stadthaus
Pflicht ist, wird hier als ein Vergreifen in der Tonart empfunden. Eleganz
und gefällige Schönheit wird zur Leere, wo tragische Größe gefordert war.
Schon der Reichtum der Motive stört etwas. Er mindert die Einheit"
lichkeit und die Kraft des ersten Eindrucks. Wie prachtvoll wäre die Ur"
form des inneren Blockes, wenn nicht die zierliche Detaillierung des Becken"
aufsatzes die ernste Stimmung so eilig auf löste. Die Treibarbeit des Beckens
wirkt aufdringlich in dieser Höhe. Aber am meisten geschädigt wird das Bild
durch die eingesetzte Büste.
Die Verbindung von Plastik mit Architektur ist eine heikle Sache.
Doch hätten Brandenburgs alte Kirchen vorzügliche Lösungen des Problems
gezeigt. Die Nischenanordnung [sie wird jetzt für 'moderne' Denkmäler,