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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 5.1905/​1906

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Heft 16
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Die Kunst in Nordwestdeutschland
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Daelen, Eduard: Internationale Kunstausstellungen in Deutschland
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https://doi.org/10.11588/diglit.45527#0219

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Heft ^6.

Die Werkstatt der Kunst.

2s5

Schaper-Hannover, A. Faure, im ganzen 6H Künstler
ihre Zustimmungserklärung gesandt. Der Grund-
gedanke der Vereinigung war in dem von Professor
Otto und vr. Schaefer versandten Rundschreiben
dahin zusammengefaßt: Die Künstler der nieder-
sächsischen und friesischen Landesteile sind mehr als
andere durch ihren Wohnsitz in entlegenen Orten
und kleinen Städten, durch den Wangel einer ge-
meinsamen Ausstellungsstätte bisher benachteiligt,
wenn es sich um die materiell und moralisch nun
einmal unentbehrlichen Erfolge des Ausstellens han-
delt. Line Vereinigung zum Zwecke praktischer Aus-
stellungspolitik ist für sie um so wünschenswerter,
als ihre Kunst offenbar in der heutigen deutschen
Walerei eine starke persönliche, eigenartige Note
bedeutet, die irr gemeinsamen Anstreben erst voll
zur Geltung kommen wird. Diese in ausführlicher
Debatte ausgesprochenen Grundgedanken fanden in
der Versammlung allgemeine Zustimmung. Wan be-
auftragte eine Arbeitskommission mit dem Sitz in
Bremen mit der endgültigen Ausarbeitung von
Satzungen und Arbeitsplan. Liner sehr dankbar
entgegengenommenen Anregung des Direktors vr.
Pauli entsprechend wurde beschlossen, in dem Sinn
der nordwestdeutschen Kunstausstellung in Olden-
burg, die zum ersten Wale von der kräftigen eigenen
Art niederdeutscher Kunstauffassung ein volles Bild
gab, im Herbst ssjOö eine erste Ausstellung der
Vereinigung in der Kunsthalle zu Bremen zu ver-
anstalten. Andere Ausstellungen in Hannover, Ham-
burg u. s. w. werden fotgen.
Internationale Kunstausstellungen
in Oeutscklancl.
Wan schreibt uns aus Düsseldorf:
Ihrer Aufforderung im Vorwort des Heftes s^,
fleißig an die „Werkstatt der Kunst" zu schreiben,
komme ich sehr gerne nach, da ich noch einige
Bemerkungen zu den darin enthaltenen Aufsätzen
machen möchte.
Der Aufsatz „Internationale Kunstausstellungen
in Deutschland" enthält manches Zutreffende; na-
mentlich die Bemerkung, „daß wir in einer
Zeit des furchtbarsten, erbarmungslosesten
Kampfes ums Brot leben und die Wänner,
die den Nutzen und die Wohlfahrt des gan-
zen Standes über den eigenen größeren
Nutzen und reiche Einkünfte stellen, sind
selten, sehr selten", kann als beherzigenswerteste
Wahrheit gar nicht fett genug unterstrichen werden.
Auch der darin gemachte Vorschlag, die „Inter-
nationalen" seltener zu veranstalten, würde schon
einen Fortschritt bringen, ist meines Erachtens aber
nicht radikal genug, weil er den Kernpunkt nicht
trifft. Denn das Hauptübel unserer „Internatio-
nalen" ist nicht darin zu suchen, daß sie zu oft
wiederkehren, sondern vielmehr in dem Wie? der
Veranstaltung. Eine internationale Kunstausstellung

ließe sich sehr wohl zur Hebung der deutschen Kunst
Herrichten; wir brauchten es einfach nur zu machen,
wie es z. B. die pariser so vortrefflich verstehen,
denen der deutsche Künstler sonst doch so gerne
nacheifert. Aber was ich bisher von internationalen
Kunstausstellungen in Deutschland gesehen habe,
darin war es statt auf eine Förderung und Hebung
der deutschen Kunst im Gegenteil nur auf ihre De-
generation oder ihre gänzliche Vernichtung abgesehen.
Die Führer der Veranstaltungen verfolgten eben nur
das Prinzip einer möglichst glänzenden Verherr-
lichung der ausländischen Kunst und wurden in
diesem Bestreben natürlich von der presse auf das
allerlebhafteste unterstützt. Das sind nun einmal die
traurigen Auswüchse der deutschen Auslandsmanie,
die so oft schon die unseligsten Schädigungen ver-
ursacht hat. würden dagegen internationale Kunst-
ausstellungen nach vernünftigen Prinzipien veranstal-
tet, so könnte jeder deutsche Künstler sehr wohl damit
zufrieden sein, wenn sie auch noch so oft und noch
so umfangreich ins Leben treten. Sie müßten nur
von patriotisch begeisterten Impulsen getragen sein.
Dies Thema habe ich in meiner Broschüre
„Bilanz der Internationalen" eingehender behan-
delt und glaube dort auch den richtigen Weg zur
Veranstaltung von deutschen internationalen Kunst-
ausstellungen angegeben zu haben. Gleich zu An-
fang des in der „Werkstatt der Kunst" vorgeschla-
genen „Aufrufs" wird ja auch betont, „daß die
herrschenden Zustände geradezu den Ruin
des deutschen Künstlers bedeuten". Aber einige
Zeilen vorher wird auch eine Eigenschaft der deut-
schen Künstlerschaft gekennzeichnet, die eben den
Hauptgrund bildet, daß jede Besserung dieser Zu-
stände so gut wie ausgeschlossen ist. Das ist
jene ängstliche Zurückhaltung, die dort so unüber-
trefflich geschildert wird mit den Worten: „Leider
muß es gesagt werden: Ehe nicht der einzelne
Künstler sich sicher und im Rücken gedeckt fühlt,
wird er sich niemals entschließen, gegen die Großen
aufzutreten, lieber läßt er alles gehen, wie es
geht, hofft auf bessere Zeiten oder auf ein Hinter-
türchen, das ihm den Weg zum warmen Ofen
erschließt und geht, wenn daraus nichts wird, nach
und nach im Sumpf der Alltäglichkeit und den kleinen
Sorgen zu Grunde, ohne daß er es merkt".
wie wahr und naturgetreu dieses Bild ist, kann
wohl keiner besser bezeugen wie ich, hab ichs doch
am eigenen Leibe erfahren müssen, wie es einem
ergeht, wenn man sich erkühnt, „gegen die Großen
aufzutreten", wie die lieben Freunde und Kollegen
sich schön beiseite drücken, um nur nicht in Wiß-
kredit zu geraten durch den Umgang mit einem
„verfehmten". Durch die so vorzüglich geschilderte
allgemein grassierende Eigenschaft wird aber auch die
Wirkung jenes Aufrufs vollständig illusorisch. Denn
„die lauten und leisen Klagen und Verwünschungen",
die nach der Aussage des Verfassers so massenhaft
über die Wisere der „Internationalen" erschallen,
 
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