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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 7.1907/​1908

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Die Stuttgarter Galerie, [IV]
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https://doi.org/10.11588/diglit.52070#0121

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Die Werkstatt der Kunst

keäaktem: ?rrtz yellwag.

VII. ^sakrg. Heft 9. -r? 2. ve^. 190/.

In clietsrn r^eile unserer LeiOckrifl erteilen wir j erlern «Sntrler clas freie Wort. Mir torgen clstür, äab keinerlei
Angriffe auf Personen ocler SenoNenlckaften abgeciruckt werden, okne clsS vorder der Angegriffene die Mögiildksit geksbt
KLtte, in demselben IZefre zu erwidern. Oie Redaktion kält licd vollständig unparteiisck und gibt durd, den Abdruck keineswegs
- eine Oebereinstimmung rnit clen auf cliele Meile vorgstragenen Meinungen zu erkennen. --

Vie Stuttgarter Galerie.
(Schluß.)

Als Antwort auf die Erklärung des Herrn
Prof. Or. Diez in Heft 7 unseres Blattes empfingen
wir die nachstehende Erwiderung des Herrn
Or. Heyfelder-Tübingen:
(Obwohl ich mich in meinem Telegramm an die Re-
daktion der „Werkstatt der Kunst" nur zu „jeder in an-
ständiger Form gehaltenen Auseinandersetzung zur Ver-
fügung" gestellt habe, und cs mir selbstverständlich unmöglich
ist, auf den Ton des Herrn Diez einzugehen, will ich doch
folgendes als mein Schlußwort bemerken.
I.
(. Es ist unwahr, daß ich Herrn Or. Diez je die
allgemeine Ansicht zugeschricben hätte, „eine Galerie, vollends
eine Staatsgalerie, solle grundsätzlich keine alten Bilder
kaufen," wie es auch unwahr ist, daß ich die Ausführungen
des Herrn Gauß je „in die allgemeine Behauptung ver-
wandelt hätte, ein Kunsthistoriker könne nicht Galeriedirektor
sein." Vielmehr habe ich gerade aufs schärfste betont,
daß diese beiden Herren gerade für die Stuttgarter Galerie
so ungeheuerliche Ansichten vertreten.
2. Es ist unwahr, daß ich je gesagt hätte, Herr
Diez „habe vorgeschlagen oder fordere, daß die Galerie alle
Wittel nur für Ankäufe aus der von ihm zu entdeckenden
Künstlergeneration verwenden solle."
z. Es ist unwahr, wenn Herr Or. Diez behauptet,
„überhaupt nichts vorgeschlagen noch gefordert, sondern
nur einen tatsächlichen Zustand beschrieben zu haben (Man
hat sich immer dagegen erklärt usw.')," weil der von ihm
zitierte Satz, wenn man ihn nämlich zu Ende liest, auch
die Zustimmung des Herrn Or. Diez enthält. Allein,
berufen will ich mich hier einmal auf diejenigen seiner
Sätze, die Herr Vr. Diez verschweigt. Er verschweigt
den Satz*): „Auch Einseitigkeiten, die usw., sind ja nur
wünschenswert; jedenfalls wäre nichts verwerflicher,
als usw."; und verschweigt den Satz: „wir müssen uns,
scheint mir, noch mehr als bisher usw."; und verschweigt
den Satz: „Es ist ein unschöner Rest eines Intellek-
tualismus, der uns usw."; und verschweigt den Satz: „Das
führte zu den Magazin artigen Galerien, in denen man
kein einziges Bild wirklich genießen kann, zu der
sinnlosen Anhäufung usw., die ganz zweckwidrig usw.,
zu der vandalischen Plünderung usw."; und verschweigt
den Satz: „Gemäldesammlungen an einem Platz zu kon-
zentrieren, indem usw., ist so sinnlos wie etwa usw.";
und verschweigt den Satz: „Schädlich also würden wir
die Tätigkeit des Galerievereins erachten, wenn usw.";
und verschweigt den Satz: „Dagegen wird er (sc. der
Galerieverein) sich gewiß ein großes Verdienst erwerben,
wenn usw., ein größeres, wenn usw." Damit schließt
der Bericht über den Galerieverein. — Ich habe alle Sätze
zitiert, man sieht, es gibt nicht einen einzigen, der kein
„Fordern" oder „Vorschlägen" enthielte.


ll.
Die wirklich von mir zurückgewiesene Ansicht des
Herrn Diez ist, daß er die Abteilung der alten Meister in
der Stuttgarter Galerie von weiterer Fürsorge von seiten
des Staates und des Galerievereins ausschließen will.
wenn ich jetzt, um dem Leser ein eigenes Urteil zu
ermöglichen, das statistische Material aus derKunstkommission,
der fast ausschließlich Professoren der Akademie angehören,
vorlege, so habe ich zunächst an Herrn Prof. v. Langes
Berechnung der Ausgaben während der sechs Jahre feiner
Verwaltung eine Aenderung vorzunehmen, derzufolge das
Verhältnis der neuen Abteilung zur alten sich nicht wie
((,5:(, sondern wie (6:( verhält. Ls sind nämlich im
ganzen elf alte Bilder aus dem Staatsbudget erworben
worden; drei davon aber nur in der weise, daß die bis-
herigen Besitzer eine moderne Kopie für ihr (Original be-
kamen. Das Geld ist also ganz, wie Herr Or. Diez ver-
langt, „zu einer Förderung des lebendigen Künstlertums
benutzt" worden, hat doch auch das Lehrerkollegium der
Akademie soeben erklärt, daß „fast jeder Künstler eine Zeit
hat, wo er mit leidenschaftlicher Liebe alten Bildern nach-
geht, sie studiert und, indem er sie kopiert, in ihre Eigen-
schaften mehr eindringt als es irgendeinem anderen mög-
lich wäre."
Ls wurden im ganzen ausgegeben: für moderne
Künstler (72 760 Mk., für die alten Meister (0 850 Mk.
(Nach Langes Berechnung (68 850 Mk. resp. (H 760 Mk.
Der Unterschied ist also nicht eben bedeutend.) Dieses an
sich schon sehr ungünstige Resultat erhält aber seine volle
Beredsamkeit erst, wenn wir sehen, wie sich diese Ausgaben
auf die einzelner: Jahre von (Y02—(Y07 verteilen; nämlich
in Mark berechnet:
6850 — 2000 — 2000 — 0 — 0 — 0.
wie erklärt sich dieser traurige Zustand der letzten
Jahre, in denen übrigens auch für Kopien alter Meister
kein Pfennig mehr ausgegeben worden? Die Kunstkom-
mission hat sich während dieser Zeit der altschwäbischen
Kunst gegenüber durchaus ablehnend verhalten. Im Jahre
(YOH wurde das (Original der Zeitblomschen Predella aus
Adelberg angeboten, von der die Galerie nur eine Kopie
besaß, die, weil sie schlecht war, auch aus der Galerie ent-
fernt werden mußte und für die Filialgalerie in Ulm be-
stimmt wurde. In der Kunstkommission fand dieses Bild,
das ein zweifelloses (Original von Zeitblom ist, so wenig
Beifall und der Galerieinspektor wurde nur zum Bieten
einer so geringen Summe berechtigt, daß er auf lange Zeit
hinaus das Suchen nach gefährdeten und käuflichen alten
Bildern in den Kirchen des Landes aufgab, und darauf
verzichtete, der Kommission wieder ein altschwäbisches Bild
vorzulegen. Erst im Jahre (Y07, nachdem also jahrelang
alle Summen des staatlichen Budgets (jährlich 25 000 Nk.),
„ausschließlich die gegenwärtige Produktion berücksichtigt"
hatten, wie dies Herr Vr. Diez ja überhaupt empfiehlt,
wagte Herr Prof. v. Lange noch einen Versuch, nämlich
zwei Bilder von Hans Burgkmair zum Kaufe vorzuschlagen,
die als solche auch vom Direktor am Kaiser Friedrich-
Museum, Friedländer, anerkannt waren, und zusammen
 
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